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Vorabfassung

1806220

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Drucksache 18/6220 – 92 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode<br />

Handelsgesetzbuchs (HGB), § 2 Absatz 5 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und § 1 Absatz 1 des Wertpapiererwerbs-<br />

und Übernahmegesetzes (WpÜG)). Der Rückzug eines Emittenten aus dem regulierten Markt kann<br />

im Falle eines vollständigen Börsenrückzugs den Verlust der Handelbarkeit des betroffenen Wertpapiers, im Falle<br />

eines Wechsels in den (qualifizierten) Freiverkehr (sog. Downlisting) zumindest eine Beeinträchtigung der Veräußerungschancen<br />

bedeuten. In der Zeit zwischen der Ankündigung und dem Wirksamwerden des Delistings<br />

kann es daher zu erheblichen Kursverlusten kommen. In der Praxis waren Kursverluste nach Ankündigung von<br />

Delisting festzustellen.<br />

Vor diesem Hintergrund erscheint eine gesetzliche Verbesserung des Anlegerschutzes beim Widerruf der Zulassung<br />

eines Wertpapiers zum Handel am regulierten Markt (also einschließlich des Downlistings) erforderlich. Da<br />

es sich beim Delisting – ebenso wie beim Listing – um einen kapitalmarktrechtlichen Vorgang und nicht um eine<br />

gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahme handelt, ist eine Regelung im Börsengesetz sachgerecht. Ein Widerruf<br />

der Zulassung von Wertpapieren im Sinne des § 2 Absatz 2 des WpÜG zum Handel im regulierten Markt kann<br />

unter den in Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 genannten Voraussetzungen erfolgen.<br />

Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 sieht als wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Widerrufs das Vorliegen<br />

eines aktuellen Erwerbsangebots nach dem WpÜG vor. Auf dieses Angebot sind grundsätzlich die Vorschriften<br />

über einfache Erwerbsangebote nach dem WpÜG anwendbar; die Vorschriften über Übernahme- und Pflichtangebote<br />

gelten hingegen nur soweit eine Geltung ¬– wie im Falle des § 31 WpÜG – ausdrücklich angeordnet wird.<br />

Zur Erreichung eines umfassenden Schutzes für alle Inhaber von Wertpapieren im Sinne des § 2 Absatz 2 WpÜG<br />

muss das Angebot auf den Erwerb aller Wertpapiere gerichtet sein, die Gegenstand des Angebots sind. Teilangebote<br />

reichen danach nicht aus. Da die Geltung des § 31 WpÜG angeordnet ist, muss der Bieter den Wertpapierinhabern<br />

eine angemessene Gegenleistung anbieten. Für die Berechnung der anzubietenden Gegenleistung gelten<br />

nach Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 31 Absatz 7 WpÜG daher die §§ 3 bis 7 der WpÜG-Angebotsverordnung<br />

entsprechend. In Abweichung von § 31 Absatz 2 Satz 1 WpÜG hat die angebotene Gegenleistung allerdings<br />

stets in einer Geldleistung in Euro zu bestehen. Zudem ist abweichend von § 5 Absatz 1 WpÜG-Angebotsverordnung<br />

für die Bestimmung der Angemessenheit der Gegenleistung der gewichtete durchschnittliche inländische<br />

Börsenkurs während der letzten sechs Monate vor der Veröffentlichung nach § 10 Absatz 1 Satz 1 oder der Kontrollerlangung<br />

nach § 35 Absatz 1 Satz 1 WpÜG maßgeblich. Damit wird dem von Übernahmesituationen regelmäßig<br />

abweichenden Börsenumfeld in Delisting-Fällen Rechnung getragen.<br />

Die Orientierung der Höhe der Abfindung am einfach festzustellenden Börsenkurs sowie an Vorerwerben im<br />

Sinne des § 4 WpÜG-Angebotsverordnung ermöglicht im Regelfall ein transparentes und rechtssicheres Verfahren,<br />

das auch für die betroffenen Emittenten handhabbar ist und keine übermäßigen bürokratischen Hürden aufbaut.<br />

Gleichzeitig ist eine prinzipielle Berechnung der Abfindung auf Grundlage des Börsenkurses vor dem Hintergrund<br />

sachgerecht, dass durch ein Delisting lediglich die leichtere Handelbarkeit der Aktie beeinträchtigt wird,<br />

die Mitgliedschaft des Aktionäre als solche aber nicht berührt wird (BVerfG, Urteil vom 11. Juli 2012, 1 BvR<br />

3242/07, 1 BvR 1569/08). Aus diesem Grund erscheint eine Berechnung der zu leistenden Abfindung anhand<br />

einer Unternehmensbewertung anders als in den Fällen der Umwandlung (§ 29 des Umwandlungsgesetzes) oder<br />

des Squeeze-outs (§ 327b des Aktiengesetzes) im Grundsatz weder geboten noch systemgerecht.<br />

Eine Bemessung der anzubietenden Gegenleistung nicht anhand des Börsenkurses, sondern anhand einer Unternehmensbewertung<br />

hat nach Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 aber dann zu erfolgen, wenn der Emittent entgegen § 15<br />

Absatz 1 WpHG oder bei Emittenten, die keine Inlandsemittenten im Sinne dieser Vorschrift sind, entgegen einer<br />

entsprechenden Vorschrift des anwendbaren ausländischen Rechts eine Insiderinformation nicht unverzüglich<br />

veröffentlicht oder in einer Mitteilung nach § 15 WpHG oder einer entsprechenden anwendbaren ausländischen<br />

Vorschrift eine unwahre Insiderinformation veröffentlicht hat. Eine Berechnung der Gegenleistung auf Grundlage<br />

einer Unternehmensbewertung ist in diesen Fällen sachgerecht, da die Aussagekraft des Börsenkurses durch eine<br />

unterlassene oder unzutreffende Veröffentlichung kursrelevanter Informationen regelmäßig beeinträchtigt wird.<br />

Zur Gewährleistung eines effektiven Anlegerschutzes besteht in diesen Fällen abweichend von den allgemeinen<br />

übernahmerechtlichen Bestimmungen ein Zahlungsanspruch in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der im<br />

<strong>Vorabfassung</strong> - wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.

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