atw - International Journal for Nuclear Power | 1.2024
Rückbau und Abfallbehandlung
Rückbau und Abfallbehandlung
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Editorial<br />
3<br />
Meilenstein für die weltweite<br />
Sichtbarkeit der Kernenergie<br />
Die am 13. Dezember 2023 zu Ende gegangene<br />
COP28 in Dubai hat einen Meilenstein für<br />
die internationale Anerkennung der Kernenergie<br />
als wesentlicher Baustein der Energie- und<br />
Klima politik gesetzt. Mit dem Bekenntnis zum massiven<br />
Ausbau der Kernenergie auf das dreifache der<br />
Kapazität von 2020 und ihrer Aufnahme als zu verfolgende<br />
Emissionsminderungstechnologie in die Abschlusserklärung<br />
der Konferenz, tritt die Kernenergie<br />
endgültig aus dem Schatten der globalen Energiepolitik<br />
– das ist die Klimapolitik nämlich eigentlich.<br />
Nach der Taxonomie-Entscheidung der EU, einer<br />
wachsenden Zahl von Kernkraft-Ausbauprogrammen<br />
und Kernkraftprojekten auch in Europa, der Schaffung<br />
einer Nuklearallianz innerhalb der EU sowie<br />
weiteren positiven Entwicklungen bildet die Initiative<br />
der 22 Staaten für die Kernkraft den positiven Abschluss<br />
eines langen Ringens der Branche und gesellschaftlicher<br />
Unterstützer um eine angemessene Rolle<br />
in der Energiepolitik der kommenden Jahrzehnte.<br />
Nun gilt es für die Unternehmen der Kerntechnik und<br />
ihre Beschäftigten alles Notwendige zu tun, um den<br />
beabsichtigten massiven Ausbau der Kernenergie zu<br />
ermöglichen. Dabei müssen Robustheit und Verlässlichkeit<br />
der kerntechnischen Lieferketten und die<br />
Lernfähigkeit aus zum Teil schwierigen Projekten der<br />
vergangenen Jahre im Mittelpunkt stehen. Der beabsichtigte<br />
Ausbau in großem Umfang schafft jedenfalls<br />
die Voraussetzungen für den Ausbau der Lieferketten<br />
und für Kostendegression durch Serialisierung auch<br />
großer Kraftwerkseinheiten. Die Branche und die<br />
Politik sind gemeinsam gefragt, mit kreativen Projektfinanzierungen<br />
und förderlichen Marktbedingungen<br />
den Nutzen der Kernenergie für das Stromsystem und<br />
die Volkswirtschaft zu verwirklichen. In den Händen<br />
der Gesetzgeber – auch des europäischen – liegt es,<br />
Geneh migungsverfahren an einen beschleunigten<br />
Ausbau der Kernenergie anzupassen. Dabei geht es<br />
nicht um Sicherheitsrabatte, sondern um rationale<br />
und effiziente Regulierung ohne nationale oder<br />
behördliche Eitelkeiten. Auch Protektionismus im<br />
Gewand regulatorischer Vorbehalte wird am Ende<br />
nur dem globalen Projekt Kernkraft schaden.<br />
Die hiesigen Unternehmen und Standorte der Kerntechnik<br />
sind bereit und willig, am globalen Kernkraftprojekt<br />
mitzuarbeiten und es mit Kompetenz und<br />
Kapazität zu unterstützen. Die Aufgabe der öffentlichen<br />
Hand in Deutschland besteht nur darin, diese<br />
Entwicklung zu akzeptieren und ihre Tätigkeit etwa<br />
in der Exportkontrolle ohne poli tische Vorbehalte und<br />
mit Blick auf das auch in der Kerntechnik vorhandene<br />
eigene wirtschaftliche Interesse auszuüben. Das ist<br />
wahrlich nicht zu viel verlangt.<br />
Zu viel verlangt war dagegen wohl die Umsetzung des<br />
Projekts eines Bereitstellungslagers, des Logis tikzentrums<br />
Konrad, in Würgassen. Im Dezember wurde<br />
das Projekt vom BMUV abgesagt. Begründet wird das<br />
damit, dass sich das Logistikzentrum bis zur Bereitstellung<br />
des Endlagers Konrad aufgrund zu vieler<br />
rechtlicher und planerischer Risiken voraussichtlich<br />
nicht rechtzeitig und auch nicht wirtschaftlich umsetzen<br />
ließe, weder in Würgassen, noch anderswo. Zur<br />
Erinnerung: es handelt sich dabei um ein staatliches<br />
Projekt mit einem gesetzlichen Mandat, ausgeführt<br />
von einem Bundesunternehmen, das 2018 so früh wie<br />
möglich begonnen wurde und dessen Realisierungszeitraum<br />
durch Verzögerungen bei der Fertigstellung<br />
von Endlager Konrad auf inzwischen 2029 zweimal<br />
verlängert wurde. Man meint hier zu erkennen, wie<br />
der Staat in Deutschland inzwischen an sich selbst<br />
erstickt. Es scheint, als führe hier nicht einmal mehr<br />
die kernkraftkritische Haltung in weiten Teilen<br />
des Geschäftsbereichs des BMUV die Feder, sondern<br />
der Geist der Resignation. Wirklich bedauerlich ist,<br />
dass mit dieser Entscheidung Lasten auf kommende<br />
Generationen verlagert werden. Man spart sich in den<br />
nächsten Jahren Geld, Mühe und Nerven bei der<br />
Realisierung des Logistikzentrums, enthält aber den<br />
späteren Betreibern des Endlagers mehrere Jahrzehnte<br />
Effizienzgewinne beim Betrieb des Endlagers<br />
vor, da dieses nun mit dem als unzureichend angesehenen<br />
Pufferlager auskommen muss.<br />
In eigener Sache sei noch eine kurze Bemerkung zum<br />
neuen Layout mit einer Neugestaltung des Titels<br />
gemacht: Nach neun Jahren relativer Kontinuität mit<br />
nur graduellen Änderungen ist es angebracht, wieder<br />
einen größeren gestalterischen Schritt zu machen.<br />
Das neue Layout und der neue Titel sollen moderner<br />
und straffer sein sowie dem Leser einen guten<br />
Wiedererkennungswert bieten. Die Redaktion hofft,<br />
dass die Leserschaft dieser Einschätzung folgt und<br />
sich rasch in einem positiven Sinne an den neuen<br />
optischen Auftritt gewöhnt.<br />
Die Redaktion der <strong>atw</strong> wünscht allen Abonnenten<br />
und Lesern ein gutes und zufriedenes Jahr 2024.<br />
Nicolas Wendler<br />
– Chefredakteur –<br />
Vol. 69 (2024)