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atw - International Journal for Nuclear Power | 1.2024

Rückbau und Abfallbehandlung

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Decommissioning and Waste Management<br />

39<br />

Fehlende Perspektiven<br />

Um es vorweg zu nehmen: Es ist nicht fehlendes<br />

Personal, mangelnde Qualifikation oder schlechtes<br />

Material, mit dem sich die beschriebene Ausgangslage<br />

erklären lässt. Vielmehr wurde mangelnde<br />

Motivation in Kombination mit fehlenden Zukunftsperspektiven<br />

nach dem rückbaubedingten<br />

Wegfall von Aufgaben und Arbeitsplätzen als<br />

Hemmschuh ausgemacht.<br />

Change-Projekt „AWiR“<br />

Im Frühjahr 2020 ist im Management der JEN der<br />

Entschluss gereift, den Wandel hin zu einer zukunftsorientierten<br />

Organisation und Kooperation<br />

im AVR durch ein umfangreiches Change-Projekt<br />

mit externer Unterstützung durchzuführen. Dabei<br />

konnte im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens<br />

die MA&T Sell & Partner GmbH als externe<br />

Unterstützung gewonnen werden. MA&T hatte mit<br />

einem interdisziplinären Team aus Ingenieuren,<br />

Arbeitspsychologinnen und Betriebspraktikern<br />

fast 30 Jahre Erfahrung in der Begleitung beteiligungsorientierter<br />

OE-Projekte, allerdings noch nie<br />

in einer kerntechnischen Anlage gearbeitet. Die<br />

beiden Autoren haben das Change-Projekt mit dem<br />

Titel „AWiR“ gemeinsam geleitet.<br />

Was Change-Projekte gelingen lässt<br />

Aus der Literatur zu Change-Projekten 1 ist bekannt,<br />

dass es für erfolgreiche Change-Projekt einige<br />

wenige notwendige Voraussetzungen gibt, davon<br />

nennen wir hier sechs:<br />

1. Die Notwendigkeit und Dringlichkeit<br />

der Veränderung muss klar sein.<br />

2. Angst vor gravierenden negativen Auswirkungen<br />

des Change-Projektes darf in<br />

der Belegschaft nicht vorhanden sein.<br />

3. Es gibt eine Vision und Ziele dafür, wohin<br />

sich die Organisation entwickeln soll.<br />

4. Es gibt eine starke Führungskoalition,<br />

die die Vision auch gegen innerbetriebliche<br />

Widerstände durchsetzt.<br />

5. Es gelingt, schnell wirksame Erfolge<br />

zu generieren.<br />

6. Das Vorhaben ist medial präsent, z.B. durch<br />

Flyer, Poster, Rollups oder elektronische Medien<br />

Bereits die erste genannte Bedingung war zu<br />

Beginn des Projektes weitgehend nicht gegeben.<br />

Die Belegschaft - und in Teilen auch die Führungskräfte<br />

– waren daran gewöhnt, dass mit dem<br />

Argument der Sicherheit nahezu jede Verzögerung<br />

und Kostensteigerung zu rechtfertigen war. Auf<br />

individueller Ebene gab es auch keine starke<br />

Motivation zur Veränderung, weil durch den<br />

Tarifvertrag und diverse Betriebsvereinbarungen<br />

persönliche Nachteile weitgehend ausgeschlossen<br />

waren und sind, was wiederum den zweiten<br />

Aspekt, keine Angst haben zu müssen, sehr gut<br />

erfüllt. Die Voraussetzungen 3 bis 6 galt es, im<br />

Projekt sicherzustellen.<br />

Bedeutung von Beteiligung<br />

Es gibt in der Organisationsentwicklung einen<br />

Zusammenhang zwischen dem Grad der Beteiligung<br />

der von Veränderung betroffenen Menschen<br />

und deren Identifikation 2 mit den Lösungen (siehe<br />

Abbildung 4.)<br />

Abb. 4.<br />

Zusammenhang zwischen Beteilung und Identifikation<br />

Abbildung 4 sagt aus, dass ohne Beteiligung damit<br />

zu rechnen ist, dass eingeleitete Veränderungen<br />

tendenziell bekämpft werden. Das unterste Level<br />

von Beteiligung – die In<strong>for</strong>mation – trägt schon<br />

dazu bei, dass Neuerungen wenigstens erduldet<br />

werden, also nicht aktiv bekämpft. Infomieren<br />

kann und sollte man also immer, wie unangenehm<br />

die Nachrichten auch sein sollten.<br />

Mit Anhörung ist gemeint, dass aktiv die Haltungen<br />

und Meinungen der Betroffenen abgefragt<br />

werden, ohne eine Garantie, dass auch jede Äußerung<br />

in die Lösung einfließt. Tut man dies, so<br />

kann schon mit Unterstützung gerechnet werden.<br />

Werden die Mitarbeitenden in die Entwicklung<br />

oder sogar Entscheidung zukünftiger Lösungen<br />

einbezogen, so steigt die Chance, dass es eine ausreichende<br />

Anzahl von Betroffenen geben wird, die<br />

die Neuerungen auch gegen die Kritik anderer<br />

verfechten.<br />

Klingt einfach: Dann lassen wir doch einfach die<br />

Beschäftigten alles entscheiden, dann haben<br />

wir maximale Akzeptanz. So einfach ist es leider<br />

nicht. Wer kennt nicht das Zitat „Wer einen Teich<br />

austrocknen will, der sollte nicht die Frösche<br />

befragen“?<br />

1 Vgl. Kotter, J. P. (2011): Leading Change, München.<br />

2 Schimweg, R (2008).: Projektmanagement in der IG-Metall, 3. Auflage, Frankfurt am Main<br />

Vol. 69 (2024)

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