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Es ist fünf nach sieben an einem Donnerstagabend in der<br />

Semperoper. Die ersten Noten von Verdis Don Carlo erklingen<br />

aus dem Orchestergraben. Der Vorhang öff net sich und<br />

die Kulisse einer Plexiglaswand erscheint, in deren Inneren Dutzende<br />

von Schädeln aufeinander gestapelt ein gespentisches Bild<br />

ergeben. Während auf der Bühne Neil Shicoff , einer der renommiertesten<br />

Tenöre der Welt, anfängt zu singen, wird seine Stimme<br />

hinter den Kulissen durch das Knistern der Walkie-Talkies fast<br />

übertönt. Verdeckt von der Seitenwand der Bühne sind knapp zwei<br />

Dutzend technische Bühnenarbeiter nur wenige Meter links von<br />

Shicoff damit beschäftigt, für den reibungslosen Ablauf der Auff ührung<br />

zu sorgen. Wie die meisten der mehr als 800 Mitarbeiter der<br />

Semperoper gehören sie zu denjenigen, die der Opernbesucher nie<br />

sehen wird. Dabei sind es die Putzmacher, Theaterplastiker und die<br />

Schlosser der Rüstkammer, die die Semperoper zu einem ganz besonderen<br />

Spielort machen.<br />

Fast alles, was Zuschauer auf der Bühne der Semperoper sehen,<br />

wurde eigens für die jeweilige Inszenierung von Hand gefertigt: von<br />

den künstlichen Waff en bis hin zu den Perücken, für die jedes Haar<br />

einzeln in maßgeschneiderte Tüllkappen gezogen wird. Es gilt das<br />

Motto: Gekauft wird selten, neu erfunden wird viel. Jedes Jahr laufen<br />

fast 20 neue Inszenierungen in der Semperoper an. Um das bewältigen<br />

zu können, werden in den riesigen Werkstätten hinter der<br />

Oper bis zu acht Produktionen gleichzeitig vorbereitet.<br />

Wieviel Handarbeit selbst im kleinsten Detail auf der Bühne<br />

steckt, das wissen die wenigsten, sagt Theaterschlosser Silvio Kind.<br />

Interessierte Besucher können auf einer der Werkstattführungen<br />

Tenor Neil Shicoff wartet hinter<br />

den Kulissen auf seinen Auftritt<br />

Tenor Neil Shicoff waits<br />

in the wings for his cue<br />

30—GW<br />

D R E S D E N<br />

der Semperoper mehr über die Arbeit hinter den Kulissen erfahren.<br />

„Viele, die mit einer Führung hierherkommen, denken, es ist alles<br />

aus Pappe und einem bisschen Holz. Und wenn die dann aber sehen,<br />

wie gigantisch es eigentlich ist, was zum Beispiel den Stahlbau betriff<br />

t, der mit Holz verkleidet wird, dann verstehen sie auf einmal<br />

wie eigentlich unsere Arbeit aussieht“, erzählt Kind. Was ihn an seiner<br />

Arbeit reizt, ist die Kreativität. „Erfi nden macht Spaß... Dass das,<br />

was nie geht, dann doch geht“, sagt er. Als Theaterschlosser in der<br />

Rüstkammer fertigt er unter anderem die künstlichen Waff en an, die<br />

einen Schauspielertod auf der Bühne täuschend echt wirken lassen:<br />

egal ob durch einen Revolver, ein Messer oder Pfeil und Bogen.<br />

Die Herausforderung ist es immer wieder, das jeder Trick und<br />

Special Eff ect jeden Abend beim ersten Mal klappen muss auf der<br />

Bühne: „Beim Theater ist es ja so, sie können nicht schneiden. Sie<br />

können zum Publikum nicht sagen: ‚Dreht euch mal um’. Beim Film<br />

können die einen Schnitt machen. Wir müssen es durchziehen können,<br />

ohne dass das Publikum etwas mitkriegt.“ Wie viele in der Semperoper<br />

arbeitet Kind bereits seit seiner Lehre vor 31 Jahren hier.<br />

Damals war er 16 Jahre alt und „wollte einfach nicht ans Fließband“.<br />

Es gilt das Motto:<br />

Gekauft wird selten,<br />

neu erfunden wird viel

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