Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770 - Memoria Medicinae

Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770
§ IV. 49
Solang die Kontumazfrist blos ein Gegenwurf verdächtiger und gefährlicher Gesundheitsumstände,
hinfolglich auf 21 oder 28 Tage bestimmet bleibet, stehen alle bestimmte Kontumazstationen offen.
Auf den Fall hingegen, wenn die einlaufende Nachrichten den Bestand des Pestübels in den
benachbarten Provinzen wirklich versicherten, halten Wir Uns verstandenermaßen einestheils
bevor, diese oder jene Stationen zu schließen, damit die gefährlichen Zugänge gemindert werden,
anderntheils aber wird bey solchen Umständen der Reinigungstermin von 28 auf 42 Tage zu
setzen seyn, binnen welchen die Personen, bey denen sich das Uebel in 20 Tagen unfehlbar
zeigen muß, in der Kontumaz gereinigt, und nach dessen ordnungsmäßiger Vollstreckung
entlassen werden können, mit der Vorsicht jedoch, daß die Waaren um der Wirkung der
Auslüfterung, und der auf die Kontumaz-Manipulation sich ergebenden Folgen destomehr
gesichert zu seyn, annoch durch 14 Tage in der Kontumaz erhalten, und gereiniget werden, wobey
sich von selbst verstehet, daß nur jene Kontumazisten oder Reinigungsknechte, die in der
Kontumazzeit mit den Waaren keinen Umgang gepflogen, nach 42 Tagen ohne Weiterem zu
entlassen seyen, jene hingen die sich mit ihren eigenen Waaren vermischet, haben solang in der
Kontumaz zu verbleiben, als ihre Waaren noch aufgehalten werden. Wir halten Uns ehehin bevor,
in sich (welches Gott gnädiglich abwenden wolle) ergebenden Zufällen annoch besondere
Vorsichten der Strengheit nach Beschaffenheit der Umstände und der Erforderniß vorzuschreiben.
Ob zwar den verstandenen Sanitätskommissionen und Landesobrigkeiten eingeräumt ist, den
Grad der vorgeschriebenen Kontumazdauer nach Beschaffenheit der einholenden verläßlichen
Nachrichten den Umständen mit Bescheiden- [1263] heit anzuschicken, die oftmals von der
Dringlichkeit sind, keine Anfrage oder Aufschub zu gestatten, so wird ihnen doch hiemit
ernstgemessen aufgetragen, hierinnfalls mit aller Bescheidenheit fürzugehen, durch übermäßige
Strenge dem Wohlstande der wechselweisen Handelschaft, und freundschäftlichen Nachbarschaft
ohne guten Ursachen nicht beschwerlich zu fallen, und den Erfolg jeder Steigerung der
Sanitätshofdeputation stracks mit allen den Umständen anzuzeigen, den einmal erhöheten Termin
aber ohne vorläufig derselben die Ursachen der Herabsetzung unterbracht, und von daher weitere
Verhaltungsbefehle empfangen zu haben, für sich allein nicht mehr zu mindern.
Es haben also gesagte Sanitätskommissionen in diesem häklichen 50 Geschäffte, wie überhaupt in
ihrem Berufe die ernsthafteste Aufmerksamkeit und Bescheidenheit zu gebrauchen, und den
vorzüglichen Bedacht allezeit dahin zu richten, daß alle die nachstehende Instruktionen, soviel es
an ihnen lieget, hautsächlich aber von den Personen und Aemtern, denen sie vorgeschrieben sind,
ohne Unterlaß und unverletzt befolgen werden.
I. Instruction für die Sanitätskordone, wo sie immer aufgestellet sind.
§. I. 51
Zu Vergrößerung der Vorsichten wird an den an das Turcicum stoßenden Gränzen beständig ein
Kordon unterhalten, und bey steigenden Gefahren auch in seiner Maß nach Erfoderniß der
Umstände verstärket, damit durch allezeit aufmerksame Wachen theils vom Landvolke, theils von
Unsren Truppen durch ohne vorhergehender Reinigung verbotenen Eintritt der Einbruch des
Uebels soviel möglich, hindanngehalten werden möge.
49 Anmerkung am linken Rand „Endlich auch bey einlaufendn Nachrichten der in Turcico wirklich bestehenden Pest
bestimmet“.
50 heiklen
51 Anmerkung am rechten Rand „Sanitätskordone werden beschrieben“.