Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770 - Memoria Medicinae

Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770
§. XIII. 70
Inzwischen als Menschen und Vieh in die abgesonderte Verwahrung gebracht worden, ist auf die
allenfalls mitbringende Wagen, Güter und Effekten ebenfalls sorgsame Aufmerksamkeit zu tragen,
damit, da man hier gegen ein Uebel besorget ist, selbes nicht dort mit Schädlichkeit einschleichen
möge.
Es soll daher zur Zeit als man mit Personen und Thieren beschäfftiget ist, durch den
Kontumazdirektor gesorget werden, daß die Wagen und Waaren niemals allein, und ohne
Aufmerksamkeit geschworner bestellter Wächter gelassen werden, welche sie auch ehe die unter
vorgeschriebenen Manipulationen vor sich gehen, nicht außer Augen lassen sollen, auf daß nichts
davon entfremdet, vertragen, vertuschet, oder den bestimmten Reinigungsvorsichten entzogen
werden.
§. XIV. 71
Die Vorsichten und die Manipulation bey dem Unterbringen in die Kontumazmagazine sowohl, als
die unten bey der wirklichen Reinigung vorgeschrieben wird, ist eine vorzügliche Sorge des
Direktors.
Es hat demnach derselbe die Veranstaltung zu machen, daß die Waaren alsogleich durch die
bestellte Reinigungsknechte an den gehörigen Wagen in die Kontumazhäuser mit aller Vorsicht
eingeführet, und nicht etwann im Regen und Schnee stehen gelassen, und geschädiget werden,
wofür der Kontumazdirektor wohl zu sorgen hat. Die Waaren sind in den dazu bestimmten
Reinigungsmagazinen, Städeln oder Schupfen auszulüften, aufzuhängen, und zu reinigen, nach
Maß und Weise als die weitere Anleitungen folgen.
Nachdem die Waaren in die Kontumazmagazine gehörig eingebracht worden, sind von dem oder
den ihnen beygegebenen, und die Kontumaz mitmachenden Reinigungsknechten Anfangs die
Truhen und Küsten sammt den gefährlichsten Waaren anzugreifen, auszuwickeln, aufzumachen,
täglich zu mischen, und umzukehren, und damit die Luft durchdringe, müssen die Wollballen oder
Küsten, falls es Waaren sind, die füglich herauszunehmen, und an die Luft ausgestellet werden
können, beständig in der Auslüftung erhalten, und durch die Knechte täglich überleget, und
vermischet werden, falls aber derley Waaren nicht leicht aus ihrem Gepäcke zu bringen, als zum
Beyspiele die in Ballen gebundene Baumwolle, so haben die Reinigungsknechte solche zu
eröffnen, inwendig mit dem entlößten Arm täglich zu durchboren, und zu vermischen, wie unten mit
noch mehreren sonderheitlichen Vorschriften angezeiget werden wird.
§. XV. 72
Die in die Kontumaz kommende Waaren, ihr Mark und Zeichen, und der Namen des Eigenthümers
sind von dem Direktor genau zu beschreiben, und in ein besonders Protokoll einzutragen, welches
demselben doppelten Vortheil bringt.
Erstens: Daß er hieraus mit Bequemlichkeit die üblichen Kontumazwaarentabellen verfassen kann,
die er von Zeit zu Zeit der ihm vorgesetzten Sanitätskommission einschicken muß.
Zweitens: Daß dieses Buch als ein recht beständiges öffentliches Instrument anzusehen ist, um
sich gegen die aus der Kontumaz tretende Partheyen sicher zu stellen, daß sie nicht mehr oder
70 Anmerkung am rechten Rand „Die erste und zu gleicher Zeit wirkende Sorge, als man die Menschen und Vieh
unterbringt, solle untereinstens auf Verwachung der Wagen und Waaren gehen“.
71 Anmerkung am rechten Rand „Manipulation bey der Reinigung der Waaren“.
72 Anmerkung am rechten Rand „Vorschrift der Waaren und anderer Protokollen und Tabellen, die der Direktor
halten muß“.