Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770 - Memoria Medicinae

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Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770 §. XXVII. 84 Nachdem die Waaren, welche durch die vorgeschriebene Zeit gereiniget werden müssen, in die Kontumazmagazine mit sorgfältiger Behutsamkeit gegen alle Vermischung geracht worden, geschiehet die Eröffnung, Uebermengung, Uerbermischung und Ueberkehrung auf folgende Art: Bey Seiden- und Geißhaarballen thut man die erste Einwicklung hindann, schneidet die innere an den Ecken kreuzweis auf, und kehret solche alle Tage um, damit die Luft auf allen Seiten dazu kommen möge. Bey Woll-, leinenen, baumwollenen und dergleichen Ballen, eröffnet man die Einwicklung oben, und ziehet die Waare in die Höhe, jedoch auf solche Weise, daß sie wieder hinein geschoben werden kann, und es keines neuen Umschlags bedarf. In der Mitte des Ballens eröffnet man ein Loch so groß, daß der Arn eingestecket werden kann, und legt die Waare an einen Ort, wo ein beständiger Zug der Luft ist. Alle Tage müssen die Reinigungsknechte mit dem Arme hinein fahren, die Ballen von einem Orte zu dem andern übertragen, und nicht über 4 Schuhe hoch aufeinander legen, auch darauf öfter ihre Nachtruhe nehmen. Die gesponnenen Baumwoll-, Kamel-, Kastor-, Haar- und dergleichen Ballen, und Päcke müssen von allen Banden aufgelöset, und nur der mittlere Bund, damit der Busch nicht verändert werde, unberührt verbleiben, hierauf wird die Einwicklung zuerst an der einen Seite ganz aufgetrennt, und durch ein dazu eröffnetes Loch mit dem Arm bis in die Mitte hinein gegriffen, nach halb verrichteter Kontumaz aber die erste Eröffnung wiederum zugenähet, der Ballen umgekehrt, auf der andern Seite gleichermaßen eröffnet, und eben wie zuvor mit hineingestecktem Arme täglich ausgelüftert. Tücher, Borden, baumwollene Zeuge, und überhaupt alle seidene, wollene, leinene und gewebte Manufakturwaaren, werden aus der Einwicklung, Säcken und Küsten herausgenommen, Stück für Stück durch die Hände geführet, und übereinander in Haufen geleget, diese Haufen aber täglich verändert, und alle Stücke umgekehrt, wo man überdieß täclich in ein jedes Stück, wo es thunlich, daß die Waare nicht beschädiget, und vornämlich die Presse nicht verändert werde. Ist die Waare in Säcken, müssen die Stricke und Bänder aufgelöset, und besonders geleget werden. [1276] Die Federbüsche löset man auf, und verwahret die Bänder besonders. Die Buschen selbst aber werden aufeinander gesetzet, täglich der Ort verändert, und durch die ganze Kontumazzeit, jedoch ohne solche zu beschädigen, oder die Form zu verändern, fleißig umgekehret. Die feuchte Häute legt man zu 50 und 100 aufeinander in einem Hofe des Lazareths, und nach geendigter halber Kontumaz, werden solche Stück für Stück umgekehret, und auf solche Art ein neuer Haufen gemacht. Alle Ochsen- und andere Häute legt man Stück für Stück, oder Buschen für Buschen übereinander, verändert täglich den Ort, und führet jedes Stück durch die Hände, ohne sich demnach auf die bis anher üblichen Gewohnheiten, oder ergangene Verordnungen zu binden, werden Häute von was immer für Gattung in die Kontumaz eingenommen , und durch die Luft mit der verstandenen Behutsamkeit in den obvorgeschriebenen nach Beschaffenheit der Umstände bestimmten Kontumaz-Periodis gereiniget, mit der Vorsicht jedoch, daß wenn die rohe noch gar nicht gearbeitete Schaaf-, Bock- und Geißfelle besonders zur Sommerszeit einen gar zu großen unerträglichen Gestank verursachen, solche beschaffenen Umständen nach von dem Directore wohl gar von der Kontumazstation abgewiesen werden können, und sollen. Der ganze Blättertabak wird in den Kontumazmagazinen zu 4 bis 6 Schuhe hoch übereinander geleget, jedoch der Sack, wenn solcher von Roßhaaren oder Leinwand ist, nicht eröffnet, ist letzterer aber von anderer Materie, muß er eröffnet, und die äußeren Bänder aufgelöset werden, die inneren hingegen um die Waare in ihrer Form zu belassen, unberührt bleiben. Will aber der 84 Anmerkung am rechten Rand „Manipulationsvorschrift, wie die giftfangenden Waaren zu reinigen“.
Sanitäts- und Kontumazordnung von 1770 Eigenthümer alle Umschläge und Stricke, auch von dem Tabake selbst den Spagat oder andere Bänder wegnehmen lassen, ist auch zufrieden alle Buschen einen nach dem andern innwendig aufzumachen, und den Tabak auf diese Art eröffnet in freyer Luft 7 Tage lang hin und her kehren, und überlegen zu lassen, so kann in diesem Falle der Tabak von der übrigen Zeit der Kontumaz befreyet, und gleich nach dieser 7tägigen Auslüfterung und Reinigung ausgefolget werden, die Umschläge wie auch die Stricke, Spagat und anderes Bandwerk, müssen entweder verbrennet, oder aber so lang in dem Kontumazmagazin gelassen werden, bis die ganze Kontumazzeit verflossen ist. Alle andere in dieser besondern Instruction nicht namentlich enthaltene giftfangende Waaren, müssen mit gleichem Fleiße, Vorsicht und Ordnung gereiniget, jedoch wohl bewahret, und darauf gesehen werden, daß solche durch die Gesundheitsvorsichtigkeiten, so wenig als nur möglich Schaden leiden mögen. Falls die Reinigung gesagter Waaren bey gefährlichen Umständen und auf 42 Tage verstandenermaßen bestimmter Kontumazfrist vorzunehmen ist, muß der allergrößte Fleiß und gleichsam doppelte Vorsichtigkeit bey der Eröffnung, Auflösung, Auslüfterung und ganzen Kontumaz-Manipulation überall, und in allen Stücken vorgekehret, und auf das strengste verwendet werden, wenn auch die Waaren oder Ballen dabey einen unvermeidlichen Schaden leiden sollen. Wobey Wir schlüßlich zu erklären nicht unterlassen können, daß man bis anher in dem Wahne, als ob einmal giftfangende Waaren in Betracht ihrer härteren Reinigungsmöglichkeit länger als andere, als zum Beyspiele Wolle länger als Leder gereiniget werden müßten, irregegangen. Wir ordnen daher, daß in Zukunft unter den Waaren kein anderer als der Unterschied beobachtet werden solle, ob sie giftfangend seyen oder nicht? Maßen in dem ersten Falle alle einem gleichen Kontumaz-Periodo, wie die Menschen unterliegen, nach Maß als selber auf Erfoderniß der Umstände bestimmet ist, die größere Behutsamkeit der Reinigung aber bey Wolle, und dergleichen nicht an der Zeit, sondern in der vorgeschriebenen Manipulationsnorma bestehet. Uebrigens ist bey allen Sanitätsangelegenheiten und angezeigten Geschäfften zu merken, daß in höchsten Dringlichkeiten weder Sonn- noch Feyertage von den in ihrer Ordnung je und allezeit fortlaufenden Arbeiten ausgelassen werden können. [1277] §. XXVIII. 85 Die Kontumazfrist bey den Personen und Thieren fängt von dem Tage an zu laufen, als dieselbe in die Station mit gehörigen Vorsichten aufgenommen worden, dahingegen diejene, so die Waaren betrifft, nur von dem Augenblicke angerechnet werden muß, in welchem der letzte Ballen, Küste, oder Truhen eröffnet worden, und ausgelüftert zu werden angefangen hat; daher der Kontumazdirektor die Umstände der Zeit in den Amtsprotokollen genau aufzuschreiben, und zu beobachten hat. §. XXIX. 86 Erkranket eine Person oder ein zugebener Kontumazknecht oder Wächter, so hat der Kontumaz- Chirurgus oder Medicus ohne Verzug mit vorgeschriebener Behutsamkeit die Untersuchung zu pflegen; hier zeiget sich nun, daß der Bettliegerige entweder durch eine allgemeine Krankheit überfallen worden, oder es entdecken sich wirkliche Symptomata der Pest; in dem ersten Falle hat der Medicus oder Chirurgus die Kur ohne sich jedoch zu vermischen, zu besorgen; sollten Ort und 85 Anmerkung am rechten Rand „Wie die vorgeschriebene Kontumazfristen anzurechnen seyen“. 86 Anmerkung am rechten Rand „Was zu thun, wenn ein Kontumazist erkranket?“.
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