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Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe ... - WZB

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verunmöglichen, hätte parallel zur Zwecksetzung <strong>der</strong> Medizin ge­<br />

sehen werden können, daß für jeden Patienten gewährleistet sein<br />

muß, daß - je nach Krankheitslage - Gesundung, Besserung o<strong>der</strong><br />

Lebenserhaltung möglich werden.<br />

Luhmanns Setzung ist wi<strong>der</strong>sprüchlich. Er unterstellt <strong>der</strong> pro­<br />

fessionellen Praxis in <strong>der</strong> Medizin einen Negativwert, <strong>der</strong>­<br />

jenigen im Recht jedoch einen Positivwert, obwohl- beide Systeme<br />

damit befaßt sind, Abweichungen vom Typischen (Krankheit,<br />

Kriminalität) institutionell zu kontrollieren. In beiden<br />

Systemen, so mag eingeräumt werden, gelingt nicht immer im<br />

Einzelfall, den Zweck zu erreichen. Beim Recht kann dies zwei<br />

Gründe haben. "Herstellung" von Unrecht durch das Rechtssystem<br />

kann daraus entstehen, daß das gesellschaftliche Gesamtsystem<br />

seinerseits ein "Unrechtssystem" ist wie beispielsweise in<br />

totalitären Staaten; an<strong>der</strong>erseits kann Ungerechtigkeit o<strong>der</strong> Un­<br />

recht auch innerhalb <strong>der</strong> Rechtsfindung erwachsen, und zwar<br />

daraus, daß Fehler des Verfahrens in <strong>der</strong> Rechtssprechung vor­<br />

kommen. Entsprechendes gilt für die Medizin: Krankheit kann un-<br />

geheilt bleiben, weil die Interessenlagen des Arztes zu Maß­<br />

nahmen <strong>der</strong> Patientenbehandlung veranlassen, die klinisch mög­<br />

licherweise durch eine klare Indikation nicht begründet werden<br />

können; an<strong>der</strong>erseits können Fehler <strong>der</strong> Diagnostik und Therapie<br />

vorkommen, die im Einzelfall eine Besserung o<strong>der</strong> Heilung er­<br />

schweren o<strong>der</strong> verunmöglichen. Luhmann zieht daraus den weit­<br />

reichenden Schluß, daß - als bestünde Analogie zum<br />

"Unrechtsstaat" als Forum des Rechtssystems - die Medizin ein<br />

"Krankenbehandlungssystem" sei, dessen Logik in <strong>der</strong> mutmaßlich<br />

unbeschränkten Konstruktion <strong>der</strong> Krankheitskategorien liege.<br />

Diese Annahme wird nicht begründet. Man muß aber fragen, ob die<br />

Abweichungen vom Systemzweck Gesundheits(wie<strong>der</strong>)herstellung bei<br />

<strong>der</strong> Medizin, die empirisch vorkommen, zu <strong>der</strong> Denkvoraussetzung<br />

berechtigen, die Handlungslogik <strong>der</strong> Medizin bezwecke die Ver­<br />

vielfältigung konstruktiv entstehen<strong>der</strong> Krankheitsformen.

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