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Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe ... - WZB

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Sektors besteht, falls eines Tages entsprechende Berufsfel<strong>der</strong><br />

geschaffen werden, die für die Kommunen o<strong>der</strong> den Staat befrie­<br />

digend arbeiten.<br />

Medikalisierung kann indessen auch noch unter einem ganz<br />

an<strong>der</strong>en Gesichtspunkt betrachtet werden. Parsons sah in ihr in<br />

den späten fünfziger Jahren ein Anzeichen für gesellschaft­<br />

lichen Fortschritt zu mehr Humanität. Er führte an, daß Ab­<br />

weichungen von den Normen <strong>der</strong> Normalität bis in die erste<br />

Hälfte unseres Jahrhun<strong>der</strong>ts vornehmlich mit den Begriffen<br />

Kriminalität und Sünde belegt waren. Dementsprechend war - vor<br />

allem in <strong>der</strong> säkularisierten Industriegesellschaft - das<br />

Bestrafungsparadigma richtungweisend. Mehr und mehr wurde es<br />

durch ein therapeutisches Denken abgelöst, das nun bei Ab­<br />

weichungen, die früher kriminell gewesen waren, krankhafte Vor­<br />

gänge erkannte. Beispielsweise wurde Homosexualität bis in die<br />

jüngste Vergangenheit nach dem Strafgesetzbuch geahndet,<br />

gleichzeitig und danach wurde sie - unter dem Einfluß <strong>der</strong><br />

Psychoanalyse - ein Krankheitstatbestand, <strong>der</strong> medizinisch zu<br />

therapieren war. (Heute kündigt sich an, daß darin eine eigene<br />

Normalitätsform liegt). Zugleich wurden in den letzten Jahr­<br />

zehnten Alkohol- und Drogenabusus, Übergewicht, Hyperaktivität<br />

o<strong>der</strong> Aggressivität zu pathologischen Tatbeständen, jedenfalls<br />

insofern, als von ihnen angenommen wird, daß sie therapeutisch<br />

beeinflußbar sind. Derartige Störungen können also, so ist<br />

heute selbstverständlich, durch Behandlung gebessert werden -<br />

wobei die Medizin gleich o<strong>der</strong> mehr behandlungskompetent ist als<br />

die Sozialarbeit, Selbsthilfe etc.<br />

Aber Parsons geht noch einen Schritt weiter. Die heutige<br />

Gesellschaft, in <strong>der</strong> hoher Wert auf gute und genaue Verhaltens­<br />

gestaltung gelegt wird, so erläutert er, verlangt mehr Normen­<br />

treue als frühere Gesellschaften. Dabei ist Gesundheit<br />

beson<strong>der</strong>s geistige Zurechnungsfähigkeit, also psychische<br />

Gesundheit - wichtiger als in vergangenen Epochen. Er schreibt<br />

dazu:<br />

"Die amerikanische Gesellschaft ist...vielleicht so differenziert<br />

wie überhaupt irgend je eine, ganz sicher differenzierter<br />

als jene außerhalb <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen westlichen Welt. Aber unter den<br />

hochdifferenzierten Gesellschaften fällt sie auf, weil sie

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