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Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe ... - WZB

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Armen erfor<strong>der</strong>te, wurde Gesundheit im späten 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

als Resultat städtischer Umwelthygiene erkannt. Daraus bildete<br />

sich eine Hygienebewegung, die unter <strong>der</strong> Thematik <strong>der</strong> Sozial­<br />

hygiene auch rassische Eugenik einbezog. Aus <strong>der</strong> Perspektive,<br />

daß die Rassenhygiene des Nationalsozialismus an die früheren<br />

Hygieneprogramme anknüpfte, was man heute nicht vergessen<br />

solle, warnt Stollberg vor den Implikationen <strong>der</strong> neuen gesund­<br />

heitspolitischen Kontrollprogramme:<br />

"Die Rassenhygiene hat sich um den Gesundheitszustand einer als<br />

Ganzheit begriffenen Population bemüht; um Prävention und<br />

Gesundheitsför<strong>der</strong>ung war es ihr in beson<strong>der</strong>er Weise zu tun. Die<br />

Lenkung von Gesundheitspolitik lag durchaus in ihrem Blickfeld.<br />

Insofern muß im Sinne von Baduras Definition auch die Rassenhygiene<br />

als eine Konzeption von Public Health begriffen werden.<br />

Überdies wurde sie von einer zeitgenössischen sozialen Bewegung<br />

aufgegriffen. Daß die Rassenhygiene insofern in die Ahnenreihe<br />

von Public Health-Konzeptionen gehört, sollte für die Gegenwart<br />

bedenklich stimmen" (1993:10-11).<br />

Hier wird die Interventionslogik <strong>der</strong> Präventionsprogramme des<br />

"neuen Public Health" problematisiert: Man kann also nicht<br />

davon ausgehen, daß die Public-Health-Stellen, die sich um die<br />

Verbesserung <strong>der</strong> gesundheitlichen Situation einer Bevölkerung<br />

bemühen, eo ipso das "bessere Wissen" haben und auch das<br />

Richtige tun. Es wäre ebensogut denkbar, daß hier ein neues<br />

Expertentum mit gesundheitswissenschaftlichem Selbstbewußtsein<br />

entsteht, das sich selbst als Gegenkraft gegen das Expertentum<br />

<strong>der</strong> Medizin setzt. Deren professionelle Kompetenz mag mit viel­<br />

fältigen Begründungen als inadäquat o<strong>der</strong> sogar gesundheitlich<br />

kontraproduktiv abgelehnt werden - siehe beispielsweise von<br />

Ferbers Kritik an <strong>der</strong> Medikalisierung durch die Medizin. Aber<br />

die weltanschauliche Einseitigkeit, die in den Argumentationen<br />

gegen das klinische Denken und Handeln steckt, ist unüberseh­<br />

bar. Am deutlichsten wurde sie in Ivan Illichs polemischem<br />

Essay Die Nemesis <strong>der</strong> Medizin (1975). Er bezweifelte die<br />

Leistungskompetenz <strong>der</strong> professionellen Medizin und propagierte<br />

eine Rückkehr zur Natur des "nichtentfremdeten" Lebens und<br />

Leidens. Dabei wurden <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Klinik Fehlentwicklungen zur<br />

Last gelegt, die die Kultur und selbst die Selbstbestimmung des<br />

Menschen zerstört hätten. Illichs Thesen waren mehr als ein<br />

Jahrzehnt bis in die zweite Hälfte <strong>der</strong> achtziger Jahre en<br />

yocrue, obwohl heute ihr Dilettantismus durchschaut wird. Aber

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