Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe ... - WZB
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Die Phänomenqualität des Fraglos-Gegebenseins ist durch Alfred<br />
Schütz in <strong>der</strong> Soziologie bekannt. Er weist nach, daß Alltag<br />
gesellschaftlich bedeutet, daß Lebensstrukturen verwirklicht<br />
werden, die den Beteiligten fraglos gegeben sind. Die Orientie<br />
rungen des Alltags werden als <strong>der</strong>art selbstverständlich ange<br />
sehen, daß ihr Vorhandensein reflexiv nicht bewußt wird.<br />
Interaktiv konstituieren fraglos gegebene Lebensbezüge den<br />
sinnhaften Aufbau <strong>der</strong> sozialen Welt (Schütz 1932).<br />
Dieser umfaßt zwei Vorgänge, die in bezug auf das Phänomen<br />
Gesundheit wichtig sind. Schütz bezeichnet sie als die atten-<br />
tionale Modifikation und als die Synthesis <strong>der</strong> Rekocmition.<br />
Mit "attentionaler Modifikation" meint er die Konkretisierung<br />
allgemeiner Vorstellungen eines Du in einer umweltlichen<br />
(interaktionalen) Beziehung, wenn zwei Menschen tatsächlich<br />
miteinan<strong>der</strong> kommunizieren. Er schreibt über die "attention ä la<br />
vie durch das jeweiligen Aufeinan<strong>der</strong>bezogensein":<br />
"Dann erfahren aber alle meine und auch alle deine Zuwendungen<br />
zum je eigenen Erleben und den je eigenen Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />
umweltlichen Situation bestimmte attentionale Modifikationen.<br />
Diese spezifische attentionale Modifikation, in welcher je<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Partner einer umweltlichen Beziehung dem An<strong>der</strong>en zugekehrt<br />
ist, wird von beson<strong>der</strong>er Wichtigkeit für die umweltliche<br />
Wirkensbeziehung. In je<strong>der</strong> Wirkensbeziehung setzt <strong>der</strong> Handelnde<br />
bei seinem Partner eine Anzahl echter Weil- o<strong>der</strong> Um-zu-Motive<br />
fraglos als konstant gegeben voraus und das aufgrund seiner Erfahrung<br />
vom Verhalten dieses beson<strong>der</strong>en Du, auf welches zu er<br />
handelt, und vom Verhalten eines Du überhaupt. An diesen fraglos<br />
als gegeben vorausgesetzten konstanten Motiven orientiert<br />
er zunächst sein Verhalten, gleichgültig ob diese supponierten<br />
Motive tatsächlich motivierende Sinnzusammenhänge im Bewußtseinsablauf<br />
des Partners sind" (1932:191). 6<br />
Die eigentümliche Sozialität des Handelns besteht also nicht<br />
darin, daß die Individuen die tatsächlichen Gegebenheiten bei<br />
ihrem Gegenüber realistisch wahrnehmen. Vielmehr setzen sie<br />
Motive o<strong>der</strong> Zustände als gegeben voraus, die empirisch mög<br />
licherweise an<strong>der</strong>s sind o<strong>der</strong> sich an<strong>der</strong>s im Bewußtsein <strong>der</strong><br />
Betroffenen darstellen. Zugleich verän<strong>der</strong>t die interaktioneile<br />
Beziehung aktuell - zumindest ansatzweise - die fraglos voraus<br />
gesetzten Vorstellungen über ein konkretes Du o<strong>der</strong> über das Du<br />
allgemein.