Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe ... - WZB
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gesun<strong>der</strong> o<strong>der</strong> gesundheitsähnlicher Zustand (wie<strong>der</strong>-)hergestellt<br />
wird. Der hippokratische Eid, dem je<strong>der</strong> Arzt sich verpflichtet,<br />
faßt in diesem Sinne Gesundheit als das Wesen <strong>der</strong> Medizin auf.<br />
Zweitens kann man sagen, Gesundheit sollte mit <strong>der</strong> Medizin<br />
nichts zu tun haben, solange man sie - die Gesundheit - 'hat'"<br />
(Gerhardt 1993c:44).<br />
Demgegenüber ist die Gesundheit in <strong>der</strong> Bevölkerungs- o<strong>der</strong><br />
Public-Health-Medizin auch bei nicht vorhandener Erkrankung<br />
Thema <strong>der</strong> Gesundheitserziehung. Diese bemüht sich, den Indivi<br />
duen bei ihren Alltagsverrichtungen des Essens o<strong>der</strong> Trinkens,<br />
<strong>der</strong> Arbeits- o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Freizeitgestaltung, ganz zu schweigen von<br />
Schlaf o<strong>der</strong> Sexualität, nahezulegen, den Gesichtspunkt zu be<br />
rücksichtigen, Gesundes bewußt zu tun und Ungesundes möglichst<br />
zu unterlassen. Ein Ziel <strong>der</strong> Gesundheitswissenschaften ist, die<br />
Gesundheitserziehung sicherzustellen; <strong>der</strong>en unwillkürliche<br />
Begleiterscheinung ist wie<strong>der</strong>um, daß das Alltagsphänomen<br />
Gesundheit in Frage gestellt wird. Die Public-Health-Medizin<br />
versucht, beim einzelnen an die Stelle irrationaler Verhaltens<br />
routinen eine bewußte und auch rationale Gestaltung seines<br />
Lebens im Dienste <strong>der</strong> Gesundheit zu setzen; dabei wendet sie<br />
sich gerade gegen jene selbstverständliche Nichtthematisierung<br />
des Gesundheitszustandes, <strong>der</strong> im Alltag allererst bedeutet, daß<br />
man Gesundheit "hat".<br />
Die Hintergründe <strong>der</strong> Medikalisierung <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
Irving Zola hat Anfang <strong>der</strong> siebziger Jahre auf die Gefahr hin<br />
gewiesen, daß Medikalisierung <strong>der</strong> Gesellschaft droht. Er ver<br />
weist auf die Verengung <strong>der</strong> Spielräume des Individuellen bei<br />
immer breiterer Ausweitung <strong>der</strong> Definitionsspielräume für<br />
gesundheitsrelevantes und daher durch bewußte Lebensführung zu<br />
kontrollierendes Verhalten. Insgesamt will er vor <strong>der</strong> Gefahr<br />
warnen, daß versicher'ungsrechtlich o<strong>der</strong> politisch Konsequenzen<br />
aus gesundheitsschädigendem Verhalten angedroht o<strong>der</strong> gezogen<br />
werden, was dazu führen könnte, daß "im Namen von Gesundheit<br />
und Krankheit" dem einzelnen Freiheitsspielräume <strong>der</strong><br />
Selbstverwirklichung entzogen o<strong>der</strong> zerstört werden (Zola 1972,<br />
1975) .