Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe ... - WZB
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O<strong>der</strong> die Einzelfälle sind methodischer Ausgangspunkt <strong>der</strong> For<br />
schung - dann möge allerdings nicht nur anekdotische Material<br />
beschreibung von Einzelfallprotokollen herauskommen, son<strong>der</strong>n<br />
durch typologische Analyse auch eine Aussage über<br />
gesellschaftliche Kontexte. Die dritte Alternative, die nicht<br />
weiterhin fe<strong>der</strong>führend sein sollte, ist Forschung, die<br />
epidemiologisch verfährt, aber dann auf den Einzelfall<br />
rückschließt - wobei heute <strong>der</strong> ökologische Fehlschluß, <strong>der</strong><br />
vielfach vorkommt, meistens nicht einmal als problematisch<br />
empfunden wird.<br />
Der Phänomencharakter <strong>der</strong> Gesundheit im Alltag läßt sie fraglos<br />
gegeben sein. Diese Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Gesundheit, nicht themati<br />
siert zu werden, obwohl je<strong>der</strong>zeitige Thematisierung möglich er<br />
scheint, eröffnet neue Perspektiven auf die gesellschaftlichen<br />
Aspekte des Gesundheitswesens. Diese seien abschließend<br />
skizzenhaft näher bezeichnet.<br />
Seit den frühen siebziger Jahren ist bekannt, daß Gesundheits<br />
und Krankheitsverhalten zwei Diskrepanzen zwischen subjektiven<br />
und objektiven Tatsachen umfaßt. Erstens führt lediglich etwa<br />
ein Fünftel <strong>der</strong> erlebten Krankheitsepisoden dazu, daß ein Arzt<br />
aufgesucht wird; die restlichen werden durch Medikamente aus<br />
<strong>der</strong> Apotheke, Selbstbehandlung mit Hausmitteln o<strong>der</strong> überhaupt<br />
nicht behandelt (Wadsworth et al. 1971, Hannay 1979). Zweitens<br />
sagen selbst zahlreiche chronisch Erkrankte im Interview, daß<br />
sie sich guter bis sehr guter Gesundheit erfreuen; zugleich<br />
sagen viele, bei denen pathologisch nichts zu finden ist, daß<br />
ihr Gesundheitszustand schlecht bis sehr schlecht ist. Blaxter<br />
(1990:42) zieht daraus den Schluß, daß Gesundheit vier Dimen<br />
sionen hat, nämlich eine Fitness-, eine Behin<strong>der</strong>ungsfreiheits-,<br />
eine Nichtkrankheits- und eine psychosoziale Wohlbefindens<br />
dimension.<br />
In unserem Zusammenhang sei festgehalten, daß die Viel<br />
schichtigkeit <strong>der</strong> Gesundheit (und des Krankseins) offenbar mit<br />
ihrem Alltagscharakter zu tun hat. Scheinbar wi<strong>der</strong>sprüchliche<br />
Befunde o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong> oft zitierte "klinische Eisberg" (wobei<br />
die Mehrzahl <strong>der</strong> behandlungsbedürftigen Symptome unter <strong>der</strong>