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Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte

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Ereignissen der Farben-Licht-Dramaturgie exemplifiziert. Crone dahingegen hatte mit guten<br />

Argumenten und Belegen gerade Uspenskijs Einfluß für nichtig erklärt und die Sprachexperimente<br />

Chlebnikows und die geometrietheoretischen Überlegungen und Vermittlungen Alexander Vasiljews<br />

herausgearbeitet. Es bleibt verwunderlich, daß den streitenden Parteien bei allem Fleiß der<br />

historischen Rekonstruktion ein naheliegendes Faktum zwischen den Zeilen verloren gegangen ist:<br />

das Bild!<br />

Von Maurice Denis stammt der triviale, aber schöne Satz:<br />

"Ein Bild ist, bevor es ein Schlachtroß, einen Frauenakt oder irgendeine Fabeln darstellt, im Grunde<br />

zuerst einmal eine ebene Fläche, die mit Farben bedeckt ist, die eine gewisse Anordnung aufweisen<br />

[...]" 32<br />

Das fundamentale Problem, das sich einem Maler stellt, ist <strong>als</strong>o die optische Illusion und ihre<br />

Inszenierung auf der Leinwand. 33<br />

Diese ist zumeist ein Rechteck und besitzt für uns jene optische Dimension, die wir in jeder mehr oder<br />

weniger rechteckig begrenzten einfarbigen Fläche realisieren können: den potentiellen<br />

illusionistischen Tiefenraum, ein Faktum, das historisch zu den frühesten Errungenschaften der<br />

Bildbearbeitung der Menschheit gehört. Die weitere Ausarbeitung bis zum winkel- oder<br />

zentralperspektivisch konstruierten Tiefenraum gehört jüngeren Phasen der Kulturgeschichte an. Mit<br />

Cézannes Darstellungen aus den 80er und 90er Jahren, der Serie vom Mont Sainte-Victoire, in denen<br />

er der "wissenschaftlichen Perspektive" ihr Ende bereitete, stellt sich erneut die Frage, ob<br />

bildnerische Schöpfung <strong>als</strong> Nachvollzug der Schöpfungsgeschichte, Imitation der Natur und<br />

Entdeckung der der Natur zugrunde liegenden Regeln und Maße immer nur und ausschließlich auf<br />

die dem Menschen äußere Natur bezogen sein müssen und könne. Diese Frage stellte sich nun<br />

allerdings nicht erst am Anfang des 20.Jahrhunderts. Sie hat ihrerseits eine ähnliche Vorgeschichte,<br />

wie die Sprachtheorie und die Spekulation über die Sprachursprünge, deren erster neuzeitlicher<br />

Höhepunkt am Ende der Aufklärung unter den Vorzeichen der Naturrechtsphilosophie stand. 34 Es sei<br />

nur an die hochgradig abstrakten Schemata bildlicher Illustrationen zu Farbtheorien - etwa bei Runge<br />

oder Chevreuil - erinnert. 35<br />

Wahrnehmungstheorie kann <strong>als</strong> Domäne der Kunsttheorie gelten, besonders jener<br />

produktionstheoretisch orientierten vor dem Entstehen einer Rezeptionstheorie, die in England im<br />

18.Jahrhundert entstanden war. In ihr wurde die subjektive Empfindung des Betrachters in den<br />

Vordergrund gestellt und <strong>als</strong> Ausgangspunkt der Überlegungen bearbeitet. Seitdem dominiert dieser<br />

Aspekt die Theorie bis weit über die Romantik hinaus. Sie verdrängte zeitweilig in ihrer akademischen<br />

Reputation die primären Probleme der künstlerischen Praxis, die der Künstlerausbildung und<br />

beherrschte das weite Feld des akademischen Unterrichts, der auf den verschiedenen Ebenen der<br />

Unterrichtsinstitutionen geleistet wurde. Erstaunlicherweise ist die Geschichte dieses Unterrichts und<br />

der dabei verwendeten Mittel nur in geringem Grade untersucht, vor allem was das 19. und<br />

beginnende 20.Jahrhundert anbetrifft. Es gab eine Vielzahl von Lehrbüchern und Zeichenvorlagen,<br />

die in immer gleichen Varianten das bereits seit dem 16. und 17.Jahrhundert (den beiden wichtigen<br />

Jahrhunderten der Akademiegründungen) Erreichte wiederholen. In diese akademischen Lehrmittel<br />

scheinen keine neuen Erkenntnisse Eingang gefunden zu haben, weder aus der Geometrie, der

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