Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte
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"Aller Anstoß - am Begriff der Eigenschaften - verschwindet, sobald man sich klarmacht, daß<br />
überhaupt jede Eigenschaft oder Qualität eines Dinges in Wirklichkeit nichts anderes ist, <strong>als</strong> die<br />
Fähigkeit desselben, auf andere Dinge gewisse Wirkungen auszuüben. Diese Wirkung [...] geschieht<br />
auf unsere Sinnesorgane und äußert sich dann durch Empfindungen, wie die, mit denen wir es hier zu<br />
tun haben. Eine solche Wirkung nennen wir Eigenschaften.<br />
Wenn aber, was wir Eigenschaften nennen, immer eine Beziehung zwischen zwei Dingen betrifft, so<br />
kann eine solche Wirkung natürlich nie allein von der Natur des einen Wirkenden abhängen, sondern<br />
sie besteht überhaupt nur in Beziehungen auf und hängt ab von der Natur eines Zweiten, auf welches<br />
gewirkt wird [...]." 3<br />
Besser hätte es in keinem Manifest der Pariser Künstler stehen können. Deren Absicht war es, die<br />
Wahrnehmungsleistung des Betrachters aktiv zur Entfaltung zu bringen. Und dieses Ziel erreichten<br />
sie mit ihrer spezifischen, die wechselnd farbige Oberfläche der Dinge zerlegenden Malweise. Damit<br />
trat das Problem der Farbpalette auf, die in einer bestimmbaren Relation zur Farbwahrnehmung zu<br />
stehen hatte und nicht zur Oberflächenbeschaffenheit der Dinge der Außenwelt. 4 Helmholtz wies auf<br />
das Faktum hin, daß die theoretische Spekulation der Impressionisten auf einer Hypothese beruhe,<br />
die Young bereits zu Beginn der Jahrhunderts aufgestellt hatte, die aber bis in die zweite<br />
Jahrhunderthälfte vergessen blieb: daß nämlich im menschlichen Auge drei unterschiedliche<br />
Rezeptorentypen für die Grundfarben Rot, Grün und Blau anzunehmen seien, deren körpereigenes<br />
Substrat jedoch beim Menschen zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufzuweisen war. Wir wissen heute,<br />
daß Youngs Hypothese ebenso wie die Spekulation und Malerei des Impressionisten für die<br />
experimentelle Praxis von Wissenschaft, Industrie und Kunst durchaus noch offene Fragen<br />
hinterlassen haben. 5<br />
Worin nun bestand das Gemeinsame der Entdeckung der Naturwissenschaften und der Künste jener<br />
Jahre um 1860/70?<br />
Um den Terminus von Helmholtz von den "Eigenschaften der Dinge" aufzugreifen, die <strong>als</strong><br />
unverbrüchliche an die Außenwelt gebunden gedacht wurden, waren in der bildenden Kunst der<br />
Anlaß des Malens, des Zeichnens, des Skulpierens. Man ahmte die Natur nach, um ihrer<br />
Gesetzmäßigkeit inne zu werden: so jedenfalls ist diese kunsttheoretische Forderung zu verstehen<br />
gewesen. Unter dieser "Natur" war die Natura naturata - <strong>als</strong>o jene von Gott <strong>als</strong> stabiles Gebilde<br />
geschaffene äußere Welt - zu verstehen, die den Menschen umgibt und die er mit seinen Sinnen zu<br />
erkunden und zu enträtseln vermochte, um den ihr innewohnenden Wahrheiten nahezukommen. 6<br />
Und das galt für Kunst und Wissenschaft <strong>als</strong> gemeinsame Aufgabe.<br />
War es das von Platon ausgesprochene Mißtrauen gegenüber der Zuverlässigkeit der Sinnne, die ihn<br />
zur Ablehnung der Kunst <strong>als</strong> adäquatem Erkenntnisinstrument führte, so war es die Beschäftigung mit<br />
den Erkenntnismöglichkeiten des Menschen und die unausweichliche Abhängigkeit jeder<br />
menschlichen Erkenntnis von den Sinnen, die die experimentelle Neugier der Naturwissenschaftler