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Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte

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Diese so weiter entwickelten regelmäßigen geometrischen Elementarformen sind die<br />

Struktureinheiten des Kosmos schlechthin, demnach jedem überhaupt existierenden Gebilde<br />

zugrundezulegen.<br />

Kepler noch nutzte die platonischen Elementarformen für sein Modell der Planetenabstände, das er<br />

1619 in seinem Werk Harmonices mundi veröffentlichte 13 .<br />

"Forma quadrata mundi" findet sich in einer Aratos-Handschrift aus Salzburg (818 n. Chr.), in der die<br />

Erdteile dem Quadrat eingeschrieben sind. In der sechsten Vision der Hildegard von Bingen wird das<br />

himmlische Jerusalem in der Tradition der Oppidum-Abbreviatur in quadratischer Form vorgeführt, so<br />

wie sich dann die Ebstorfer Weltkarte von 1235 dieses karthographischen Kürzels <strong>als</strong> Bildzeichen<br />

bediente. In der gebauten Architektur gilt die Verbindung von Quadrat und Kreis, <strong>als</strong>o in der<br />

räumlichen Komposition die Kuppel über dem Geviert, <strong>als</strong> Bild von Diesseits und Jenseits, von Erde<br />

und Kosmos, gerade auch ob ihrer ausgezeichneten Maße.<br />

Scheint bei Villard de Honnecourt (um 1325) das Quadrat, das den Kopf einschließt, diesem nur sein<br />

Maß zu geben, so wird durch die Vitruv-Illustration und ihre astrologische Auslegung bei Agrippa von<br />

Nettesheim (1533) (Abb. 7) und Robert Fludd in Utriusque Cosmi Maiores et Minores Historia (1617)<br />

das Quadrat zum Abbild des Makrokosmos, dem der Mikrokosmos in seinem korrespondierenden<br />

Maßen einschreibbar ist, wie es Leonardo bereits 1482 und Cesare Cesariano 1521 in seiner Vitruv-<br />

Ausgabe gezeigt hatten 14 .<br />

Abb. 7: Agrippa von Nettesheim, Homo bene quadratus nach Vitruv, 1533<br />

Jeder Zeichenlehre noch der folgenden Jahrhunderte diente in der Regel <strong>als</strong> erstes Blatt eine<br />

Darstellung jener geometrischen Elementarformen, aus denen sich die sichtbaren Dinge der Welt<br />

herstellen ließen: gleichsam <strong>als</strong> platonischer Schöpfungsakt in didaktisierter Auffassung. Dabei sind<br />

für den Zeichner und Maler zuallererst die Flächen und erst dann die daraus entwickelten Körper von<br />

Bedeutung, denn gerade die projektive Überführung des einen in das andere sollte er beherrschen<br />

lernen: so in Preisslers Zeichenbuch (Abb. 8), dem wichtigsten akademischen Lehrbuch von<br />

europäischer Wirkung. 15<br />

Abb. 8: Johann Daniel Preissler, Die durch Theorie..., Taf. 1, 1721<br />

Das Bild selbst <strong>als</strong> bildliche Abbreviatur von Welt nun sprach Dürer mit seiner Metapher vom Fenster<br />

zur Erläuterung der Konstruktion perspektivischer Ansichten an. Diese Vorstellung wirkte bis in Carus'<br />

Briefe über die Landschaftsmalerei fort, die <strong>als</strong> kongeniale Interpretation romantischer<br />

Landschaftsmalerei gelten, wobei "der Blick aus dem [rechteckigen] Fenster" ein nicht rares Thema<br />

seit dieser Phase der Malerei vom Beginn des 19.Jahrhunderts an wurde 16 . Aus dieser Perspektive<br />

nun betrachten wir Malewitschs Entwurf einer dunklen, gestaltlosen Welt, denn es ist eine völlig<br />

schwarze.<br />

Dieser schwarzen, gestaltlosen Welt in quadratischer Form ließ bereits 1839 der Zeichner CHAM (d. i.<br />

Amédée de Noë) seinen Monsieur Jobard wider Willen begegnen, nachdem dieser sich eine

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