Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte
Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte
Herunterladen als PDF - Walter Peter Gerlach, Forschungsprojekte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
(Abb. 5, 6). Es hing zum ersten Mal in der Ausstellung 0-10, in der sich Künstler unter der Führung<br />
von Malewitsch mit der von ihm sogenannten Suprematistischen Malerei der St.<strong>Peter</strong>sburger<br />
Öffentlichkeit vorstellten. Die Reaktionen waren voller Hohn und Spott, doch sollen uns hier<br />
zeitgeschichtliche Umstände der Ausstellung nicht weiter interessieren, sie sind auch nur zu Teilen<br />
erst in der Literatur erschlossen und bedürfen wohl noch einiger genauerer Recherchen. (siehe<br />
Daniels, Duchamp).<br />
Bei Malewitschs Gemälde handelt es sich um die Darstellung eines geometrisch nicht ganz exakten<br />
Quadrats, allseitig auf der Leinwand von einem weißen Randstreifen umgeben. So wie hier abgildet<br />
wurde es ohne Rahmung auf der Ausstellung präsentiert.<br />
Die Tatsache, daß es sich bei diesem Viereck um ein Quadrat handelt, muß jeden ikonographisch<br />
Interessierten verlocken, der weit zurückreichenden Spur zu folgen, die diese elementare Form an<br />
Bedeutungsschichten hinterlassen hat. Diese Spur läßt sich hier nur in wenigen bildhaften Stadien<br />
aufzeigen. Mit ihr ist zudem nur eine allgemeine Bedeutungsdimension, die für das Verständnis des<br />
Gemäldes relevant sein könnte, zu erschließen, der eine besondere vom Beginn des Jahrhunderts<br />
zur Seite zu stellen oder mit der anderen zu konfrontieren sein wird. Aus der Differenz oder der<br />
möglichen Ähnlichkeit dieser Bedeutungsaspekte ergibt sich der hier vorgetragene Deutungsansatz.<br />
Seit Platons Kosmogonie im Timaios sind geometrischen Elementarformen - allen voran dem Dreieck,<br />
dem Kreis und den daraus abgeleiteten einfachen Gestalten wie dem Quadrat und den daraus<br />
gebildeten Körpern - gewichtige Funktionen zugeordnet worden 12 . So heißt es im 53. Kapitel:<br />
"Dam<strong>als</strong> [vor Entstehung des Alls] ermangelten die Dinge noch jeder Ordnung und der Maße. Als<br />
aber das ordnungsstiftende Werk im Universum begann, so verlieh Gott zuerst dem Feuer und<br />
Wasser und der Erde und der Luft ihre bestimmte Formen nach Zahl und Gestalt, die bisher schon<br />
gewisse Spuren ihrer eigenen Natur aufwiesen, aber sich doch zu zerstreut fanden, wie es eben<br />
jegliches Ding ohne die Anwesenheit eines Geistes ist. Und weil dies zu jener Zeit ihr natürlicher<br />
Zustand war, begann Gott sie zu trennen und zu formen nach Gestalt und Zahl [...] Zuvorderst ist wohl<br />
jedem einsichtig, daß Feuer und Wasser und Luft feste Körper sind; und die Form eines Körpers<br />
besitzt auf jeden Fall auch Tiefe. Weiterhin ist es unabdingbar notwendig, daß Tiefe wieder eine glatte<br />
Oberfläche voraussetzt; und eine gradlinig begrenzte Oberfläche ist aus Dreiecken zusammengesetzt<br />
[...] Und nach Erzeugung dieser Körper hat das eine der beiden Dreiecke seine Dienste getan, das<br />
gleichschenklige aber ließ die Natur des vierten entstehen, indem es, zu vieren sich vereinigend und<br />
die rechten Winkel im Mittelpunkt zusammenführend, ein gleichseitiges Viereck bildete; sechs<br />
dergleichen verbanden sich zu acht körperlichen Winkeln, deren jede drei rechtwinklige Ebenen<br />
einschlossen. Die Gestalt des so entstandenen Körpers ist die des Würfels, der sechs gleichseitige,<br />
viereckige Grundflächen hat [...] [55 b] [...] Der Erde wollen wir die Würfelgestalt zuweisen, denn die<br />
Erde ist von den vier Gattungen die unbeweglichste und unter den Körpern die bildsamste [...]" [55 e]