3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Kritik an den Hartz-<br />
Reformen<br />
Mutz sieht das Problem, dass es keine<br />
eigenständige Arbeitspolitik gebe; die<br />
derzeitige Beschäftigungspolitik sei<br />
der Wirtschaftspolitik untergeordnet.<br />
Die Folge davon ist die stärkste Umverteilung<br />
zu Lasten der Arbeitnehmer<br />
seit 1945. Die aktuelle Wirtschaftsund<br />
Finanzpolitik gebe keine Impulse,<br />
um die nötige Binnennachfrage zu<br />
stärken. Die Beschäftigungspolitik sei<br />
auf die Vermittlung von bereits Arbeitslosen<br />
ausgerichtet. Das gesamte Hartz-<br />
Paket ziele nicht auf Förderung von<br />
Beschäftigung oder Verhinderung von<br />
Entlassungen. Damit verband der<br />
Volkswirt weitere Kritikpunkte an den<br />
Hartz-Reformen: „ Ein-Euro-Jobs verdrängen<br />
reguläre Erwerbsarbeit und<br />
bürgerschaftliches Engagement. Andere<br />
Formen der Beschäftigungsförderung<br />
werden drastisch reduziert und<br />
die professionellen Standards sozialer<br />
Arbeit sind gefährdet.“<br />
Klein- und Mittelbetriebe würden zuwenig<br />
gefördert, obwohl 70 Prozent<br />
18<br />
aller Erwerbstätigen in ihnen tätig sei.<br />
Und die Kürzungen im sozialen Bereich<br />
bewirken das Gegenteil von positiven<br />
Beschäftigungsimpulsen. In<br />
dem Zusammenhang kritisierte Mutz<br />
auch die <strong>Bildung</strong>spolitik: „Es gibt zu<br />
wenig <strong>Bildung</strong>sförderung. <strong>Bildung</strong> ist<br />
in Deutschland stärker als allen<br />
OECD-Ländern vom sozialen Status<br />
abhängig. Der neueste Armutsbericht<br />
belege, dass die Kluft zwischen Arm<br />
und Reich immer größer werde. Sein<br />
Fazit: „Die Politik hat versagt, Rahmenbedingungen<br />
<strong>für</strong> die Zukunft der<br />
Arbeitsgesellschaft zu setzen.“<br />
Forderungen<br />
Aber Gerd Mutz gab sich nicht mit der<br />
Analyse zufrieden. Um eine „80-20-<br />
Gesellschaft zu verhindern, sind dringende<br />
Reformen notwendig, damit<br />
nicht alles bleibt wie es war.“ Seine<br />
Vorschläge im einzelnen:<br />
• Eine umfassende <strong>Bildung</strong>sreform,<br />
die die Bedeutung der sozialen Herkunft<br />
<strong>für</strong> die Zukunftschancen reduziert.<br />
• Eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik<br />
mit entsprechender fiskalischer<br />
Ausrichtung, die die Binnennachfrage<br />
stärkt und mehr Kaufkraft<br />
schafft.<br />
• Eine Arbeitspolitik auf der Grundlage<br />
eines erweiterten Arbeitsbegriffs.<br />
• Aus der Erkenntnis, dass das Volumen<br />
der Erwerbsarbeit nicht zunehmen<br />
wird, folgt die Forderung nach der<br />
Umverteilung von Arbeit: Erleichterung<br />
von Arbeitszeitverkürzungen,<br />
Einführung von sabbaticals und Lebensarbeitszeitkonten.<br />
Mehrarbeit<br />
müsse besteuert werden.<br />
• Ausbau und Stärkung des non-profit-Sektors<br />
und von Unternehmen mit<br />
sozialen Zielen einschließlich einer<br />
steuerlichen Begünstigung.<br />
Insgesamt müssten sich alle Beteiligten<br />
in Politik und Gesellschaft darüber<br />
im klaren sein, dass die Menschen in<br />
Zukunft weniger arbeiten werden und<br />
da<strong>für</strong> auch ein geringeres Pro-Kopf-<br />
Einkommen erzielen werden. �<br />
Michael Schröder<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong>