3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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der ehemalige langjährige Oberbürgermeister<br />
von Landshut und Vorsitzende<br />
des Bayerischen Städtetags, Josef<br />
Deimer, die prekäre Situation der<br />
Kommunen. Durch den Wegfall bzw.<br />
die Reduzierung der Gewerbekapitalsteuer,<br />
der Vermögenssteuer sowie der<br />
Körperschaftssteuer brach den Kommunen<br />
ein Hauptpfeiler der Einnahmenseite<br />
weg. Auf der anderen Seite<br />
explodierten die Ausgaben.<br />
„Erst zieht man den<br />
Kommunen die Hosen aus<br />
und dann fordert man,<br />
dass sie den Gürtel enger<br />
schnallen!“, resümierte<br />
Deimer. Allein mit dem<br />
Ehrenamt, „das die Lücke<br />
schließt zwischen dem<br />
Einzelwohl und dem Gemeinwohl“,<br />
sei es nicht<br />
getan, zumal die Mittel<br />
hier<strong>für</strong> ebenfalls laufend<br />
gekürzt werden.<br />
Beispiel <strong>Bildung</strong><br />
Ein kostenintensiver Politikbereich,<br />
die <strong>Bildung</strong>spolitik,<br />
stand im Zentrum<br />
einer Podiumsdiskussion<br />
unter Leitung Werner<br />
Siebecks, Redaktionsleiter<br />
beim Bayerischen<br />
Fernsehen. Einhellig wurde<br />
von den Diskutanten<br />
der bayerische Vorstoß,<br />
aus Förstern Lehrer zu<br />
machen, abgelehnt. Für<br />
den Vorsitzenden des<br />
Ausschusses <strong>für</strong> Fragen<br />
des öffentlichen Dienstes<br />
im Bayerischen Landtag,<br />
Walter Eykmann würde<br />
damit die „Entprofessionalisierung<br />
des Lehrerberufes“<br />
beginnen. Auch Albin Dannhäuser,<br />
Präsident des Bayerischen Lehrerund<br />
Lehrerinnenverbandes (BLLV),<br />
sieht hierin keine Lösung. Es gebe<br />
sowieso schon viele Klischees über<br />
Lehrer, die weit von der Wirklichkeit<br />
entfernt lägen. <strong>Bildung</strong>, so das Plädoyer<br />
Margarete Bauses, Fraktionsvorsitzende<br />
Bündnis 90/Grüne, sollte so<br />
ziemlich das Letzte sein, was einem<br />
beim Thema Sparen einfällt: „Jetzt<br />
wird an der <strong>Bildung</strong> gespart und dann<br />
schicken wir zehn Prozent der Haupt-<br />
4<br />
schüler, eben die, die keinen Abschluss<br />
schaffen, in die Sozialhilfe.“ In anderen<br />
Ländern, so Bause, gelte der<br />
Grundsatz „Kein Kind soll verloren gehen!“<br />
und sie fuhr fort: „Eine höhere<br />
Rendite als im <strong>Bildung</strong>sbereich kenne<br />
ich nicht!“. Daniel Mannstedt, Vorsitzender<br />
Südbayern des Bundes Junger<br />
Unternehmer, plädierte vor allem <strong>für</strong><br />
mehr und bessere Allgemeinbildung.<br />
Josef Deimer: „Erst zieht<br />
man den Kommunen die<br />
Hosen aus und dann fordert<br />
man, dass sie den<br />
Gürtel enger schnallen!“<br />
Walter Eykmann: Entprofessionalisierung<br />
des Lehrerberufes<br />
Margarete Bause: „Eine höhere<br />
Rendite als im <strong>Bildung</strong>sbereich<br />
kenne ich<br />
nicht!“<br />
Lehrerpräsident Albin<br />
Dannhäuser: ohne Geld<br />
keine vernünftigen Rahmenbedingungen<br />
„Wenn der Mittelstand 20 Prozent der<br />
Ausbildungskosten in die Hebung der<br />
Allgemeinbildung stecken muss, dann<br />
stimmt da was nicht.“ Auf die Frage<br />
Eykmanns, ob denn Geld alles sei, entgegnete<br />
Dannhäuser, Geld sei nicht alles,<br />
aber ohne Geld wären keine vernünftigen<br />
Rahmenbedingungen möglich.<br />
Natürlich, so Dannhäuser, dürften<br />
auch die Eltern nicht aus ihrer<br />
Pflicht entlassen werden: „Jeder, der<br />
ein Auto fahren will, braucht einen<br />
Führerschein. Wer aber ein Kind in die<br />
Welt setzt, braucht nichts!“ Die Idee<br />
der Elternschulung unterstützte auch<br />
Walter Eykmann: „Erziehungspartnerschaften<br />
zwischen Eltern und Lehrern<br />
wären sinnvoll.“ Im Übrigen sollte man<br />
schon auch sehen, dass in der Lehrerausbildung<br />
Einiges getan werde. Als<br />
Beispiel führte er die universitäre Didaktikausbildung<br />
<strong>für</strong> Gymnasium und<br />
Realschule an.<br />
Bereitschaft zu<br />
persönlichen<br />
Konsequenzen<br />
„Finanzpolitiker“, so der ehemalige<br />
Bundesfinanzminister<br />
Theo Waigel, „haben es nicht<br />
leicht, müssen sie doch dauernd<br />
abwägen zwischen investieren<br />
und sparen.“ Finanzpolitik müsse<br />
die voraussehbaren Folgen<br />
vorausschauend beachten,<br />
nichts anderes umfasse die Forderung<br />
nach Nachhaltigkeit in<br />
der Finanzpolitik. Allerdings<br />
gebe es Ausnahmesituationen<br />
und die deutsche Einheit war<br />
eine solche, in denen diese Forderung<br />
an gewisse Grenzen stoße.<br />
Ohne erhebliche zusätzliche<br />
Verschuldung wäre die Wiedervereinigung<br />
nicht finanzierbar<br />
gewesen. Etwa die Hälfte der<br />
heutigen Haushaltsprobleme<br />
führte Waigel auf die Kosten<br />
der Einheit zurück. Aber auch<br />
das Verhalten der Politiker<br />
nahm er – Franz-Josef Strauß<br />
zitierend – ins Visier: „Eher legt<br />
ein Hund einen Wurstvorrat an,<br />
als dass Politiker Geld aus<br />
Überschüssen zurück legen.“<br />
Das Denken in Vierjahreszyklen,<br />
das Festhalten an teilweise<br />
unrealistischen Prognosen sowie das<br />
Verschleppen von Strukturreformen<br />
nannte er hier<strong>für</strong> als Gründe. Steuersenkungen<br />
durch Defizite zu finanzieren<br />
sei nicht vertretbar. Auch die aktuell<br />
intensiv diskutierte Frage der Mehrwertsteuererhöhung<br />
sei zu früh gestellt.<br />
Zuerst müssten die Ausgabenstrukturen<br />
durch Sozial- und Arbeitsmarktreformen<br />
verändert und eine umfassende<br />
Steuerreform durchgeführt werden.<br />
Aufgabe der Politik müsse es sein,<br />
durch „Verlässlichkeit und Vertrauen<br />
den Bürgern wieder ‚Licht am Ende<br />
�<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong>