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3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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Schaufenster-Politik als „Pressefutter“<br />

Politiker als Gefangene der Medien?<br />

Die einen haben die Botschaft<br />

– die anderen sollen<br />

sie verkünden! Politiker<br />

und Medien befinden sich<br />

seit jeher in einem Wechselspiel<br />

gegenseitiger Abhängigkeit. Im<br />

Kampf um Aufmerksamkeit, um<br />

Wählerstimmen, Reichweite und<br />

Quote wird oftmals nicht mehr<br />

klar, wer hier wen instrumentalisiert<br />

und so kann man mit<br />

Recht bei Politikern und Medien<br />

von einer „schwierigen Beziehungskiste“<br />

sprechen. Speziell<br />

Gerd Strohmeier, Dozent an der Universität<br />

Passau, schilderte das gegenseitige<br />

Abhängigkeitsverhältnis zwischen<br />

Politik und Medien aus politikwissenschaftlicher<br />

Sicht. Nach der Interdependenzthese<br />

seien beide Akteure,<br />

Politiker und Massenmedien, voneinander<br />

abhängig, wenn auch nicht<br />

immer im gleichen Maße.<br />

Die Medien wünschten sich in erster<br />

Linie Handlungsfreiheit ohne Beschneidung<br />

der Meinungs- und Informationsfreiheit<br />

und Nachrichten mit<br />

hohem Informationswert. Politiker<br />

wünschten sich Publizität, also Öffentlichkeit<br />

mit Hilfe der Medien und unverzerrte<br />

Informationsvermittlung. Die<br />

Medien prägten in entscheidendem<br />

Maße die öffentliche Meinung, doch<br />

sie unterlägen dem Zwang zur Infor-<br />

mationsbeschaffung und der schnellen<br />

Informationsverarbeitung. Diesen Mechanismus<br />

machten sich die Parteien<br />

durch immer professionellere Pressearbeit<br />

zu Nutze. Um die „Selektionsfilter“<br />

der Medien zu passieren und<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong><br />

im Radio gilt Politik vielen Journalisten<br />

als Quotenkiller, es sei<br />

denn, sie reduziert sich auf mediengerechteMinimalbotschaften<br />

im Infotainmentstil. Die politischen<br />

Akteure haben sich diesem<br />

Unterhaltungszwang längst<br />

angepasst und beherrschen mittlerweile<br />

ganz professionell die<br />

Kunst der gezielten Inszenierung.<br />

Oder fühlen sie sich vielleicht<br />

doch als „Gefangene der<br />

Medien“?<br />

ihre Kontrollfunktionen zu minimieren,<br />

würden politisch positiv besetzte<br />

Themen publikumswirksam lanciert,<br />

negative kaschiert. Auch das „Politainment“,<br />

die Showauftritte der Politiker<br />

Christine Haderthauer: „Jede Diskussion<br />

wird zum Streit“.<br />

„Die Parteien instrumentalisieren<br />

mit professioneller Pressearbeit<br />

die Medien.“ Gerd Strohmeier<br />

ohne Politikbezug und Berichte über<br />

Privat- und Freizeitleben der Politiker,<br />

würden immer wichtiger, um die steigende<br />

Zahl der Wechselwähler emotional<br />

zu überzeugen.<br />

Aus diesem Themenkomplex ergaben<br />

sich viele spannende Fragen<br />

<strong>für</strong> eine Diskussionsrunde<br />

zwischen Politikwissenschaft,<br />

Landtagsabgeordneten und Hörfunkkorrespondenten<br />

zum Auftakt<br />

eines dreitägigen Radio-<br />

Workshops an der <strong>Akademie</strong> in<br />

<strong>Tutzing</strong> zum Thema „Kreative<br />

Strategien <strong>für</strong> das Zukunftsradio“.<br />

Mitveranstaltet wurde das<br />

Seminar vom Projektteam Hörfunk<br />

der Bundeszentrale <strong>für</strong> politische<br />

<strong>Bildung</strong>.<br />

Christine Haderthauer, Landtagsabgeordnete<br />

der CSU und Mitglied des<br />

Medienrats der Bayerischen Landeszentrale<br />

<strong>für</strong> Neue Medien, sah sich<br />

nicht in einer Abhängigkeit von den<br />

Medien; vielmehr sei die Beziehung<br />

getragen durch ein konstruktives Miteinander.<br />

Man müsse sich jeweils fragen,<br />

was der andere wolle. Vorteilhaft<br />

<strong>für</strong> beide Seiten sei der persönliche<br />

Bezug vor Ort, dort könne man offener<br />

und detailreicher Nachrichten austauschen.<br />

All zu oft jedoch mutiere eine<br />

normale Diskussion unter Politikern in<br />

den Medien zum Streit und das verleite<br />

natürlich nicht zu mehr Offenheit<br />

gegenüber den Journalisten, sondern<br />

zu Beschönigungen oder zum Schweigen.<br />

Ein persönliches Fairnessabkommen<br />

zwischen den politischen Konkurrenten<br />

vor Ort verhindere einigermaßen<br />

den ständigen Wettlauf um den<br />

ersten Anruf.<br />

Natürlich gehöre es zum Politiker wie<br />

zu jedem anderen Beruf, sich professionell<br />

zu verhalten, also mit den Medien<br />

auseinanderzusetzen. Die Kunst<br />

bestehe darin, sich nicht zu sehr treiben<br />

zu lassen, sondern seinen Prinzipien<br />

treu zu bleiben. Man müsse selbstbewusst<br />

<strong>für</strong> sich in Anspruch nehmen,<br />

dass Politik mehr Zeit brauche. Der<br />

Großteil der politischen Arbeit, der<br />

Prozess der Entscheidungsfindung, sei<br />

<strong>für</strong> die Bürger und damit <strong>für</strong> die Medien<br />

uninteressant. Deshalb gebe es<br />

�<br />

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