3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Symptome<br />
Arbeitslust statt Arbeitsfrust<br />
Strategien im Kampf gegen das Burn-Out-Syndrom der Lehrer<br />
„Mir graust´s vor der Schule, aber ich geh gern hin, weil ich muss...“,<br />
sagte Karl Valentin über das Problem Schule. Neu im Programm<br />
der <strong>Akademie</strong> war die von Jürgen Weber geleitete Tagung „Lehrergesundheit<br />
– Arbeitslust statt Arbeitsfrust“ zur Lösung dieses Konfliktes.<br />
Peter Vogt, Chefarzt der Rehaklinik Albrecht in Bad Tölz,<br />
deren Schwerpunkt die Behandlung von Lehrerinnen und Lehrern<br />
mit Burn-Out-Syndrom ist, schilderte seine medizinischen Erfahrungen<br />
und Erkenntnisse über den „Stress im Lehrerberuf“.<br />
Zunächst beschrieb er Symptome, Belastungsfaktoren<br />
und Burn-out-Ursachen.<br />
Burn-out beschreibe einen Erschöpfungszustand,<br />
der zum Nachlassen<br />
der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit<br />
führe. Man werde den eigenen<br />
und fremden Ansprüchen nicht<br />
mehr gerecht, sei demotiviert und hege<br />
Aversionen gegen Schüler, Eltern und<br />
Kollegen. Oft klagten Lehrer über häufiges<br />
Versprechen, muskuläre Verspannungen,<br />
Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme,<br />
Ohrgeräusche, Ängste, depressive<br />
Verstimmungen, Krankheitsanfälligkeit,<br />
Atem- und Schlafstörungen.<br />
Ebenfalls gehöre dazu ein gesteigertes<br />
Bedürfnis nach Süßigkeiten,<br />
Alkohol oder Tabletten. Abhängig von<br />
Motivation und Stressfaktoren gebe es<br />
verschieden starke Stadien dieses Syndroms.<br />
Hier<strong>für</strong> spielten sowohl berufsspezifische,<br />
persönliche, familiäre als auch<br />
sozial-politische Faktoren eine Rolle.<br />
Zu den beruflichen Belastungen gehörten<br />
unter anderen schwierige Schüler<br />
oder Eltern, zu hohe Klassenstärken<br />
oder Stundenzahlen, Neuerungen,<br />
Stoffumfang, Fortbildungen, Lärmpegel<br />
oder Widerstand im Unterricht,<br />
fehlende Regenerationsmöglichkeiten,<br />
mangelnde Unterstützung durch Kollegen<br />
bis hin zum Mobbing oder die<br />
zunehmenden Erziehungsaufgaben des<br />
Lehrers, der die Defizite der Familien<br />
ausgleichen soll. Persönlich können<br />
eine fehlerhafte Berufswahl, enttäuschte<br />
idealistische Motive, Unsicherheit,<br />
Depressionsneigung, Perfektionismus<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong><br />
oder auch mangelnde Konfliktfähigkeit<br />
vorliegen. Jegliche Störung der<br />
inneren Balance könne auf die Fähigkeit<br />
zu unterrichten durchschlagen. Zur<br />
Feststellung gebe es einen arbeitsbezogenen<br />
„Verhaltens- und Erlebens-<br />
Muster-Test“. Dabei werde der Lehrer<br />
Arzt Peter Vogt empfiehlt gestressten<br />
Lehrern das „Gut-Statt-Perfekt-<br />
Prinzip“. Foto: Delhaes<br />
als einer von vier Typen herausgearbeitet,<br />
bezogen auf Engagement, Widerstandsfähigkeit<br />
und Wohlbefinden.<br />
Der erste Typ ist vor und nach der Arbeit<br />
entspannt, der zweite nur danach,<br />
der dritte nur davor und der Burn-Out-<br />
Typ ist gar nicht entspannt. Zusammen<br />
mit Uwe Schaarschmidt von der Universität<br />
Potsdam führte Vogt von 1998<br />
bis 2004 eine Studie über „Lehrer-Gesundheit<br />
und Bewältigungsmuster im<br />
Beruf“ durch. Aus dieser berichtete er,<br />
dass über ein Drittel der Lehrer bereits<br />
das Burn-Out-Syndrom aufwiesen.<br />
Prävention und<br />
Therapie<br />
Abschließend stellte Vogt die Präventionsmöglichkeiten<br />
vor. Generell<br />
„überleben“ könnten nur Typ eins und<br />
zwei. Wer seine Situation reflektiere,<br />
sich Herausforderungen oder auch<br />
Niederlagen stelle, sich bei Veränderungen<br />
neu orientiere und wer motiviert<br />
sei, der könne auch seinen Job<br />
machen. Dazu müssten Lehrer, Schulleitung<br />
und Staat Einfluss auf die Rah-<br />
„Wenn du liebst,<br />
was du tust,<br />
brauchst du<br />
nie mehr<br />
zu arbeiten.“ Konfuzius<br />
menbedingungen der Berufsausübung<br />
und auf die Arbeitsbedingungen nehmen<br />
(zum Beispiel durch Ruheräume,<br />
regelmäßigen Austausch, kleinere<br />
Klassen, Beratung, Konzentration der<br />
Lehrpläne auf das Wichtige), personenbezogene<br />
Maßnahmen treffen und<br />
den Nachwuchs besser qualifizieren.<br />
Jeder <strong>für</strong> sich könne versuchen, seine<br />
Ziele und seinen Beruf realistischer<br />
einzuordnen, seine Gewohnheiten zu<br />
hinterfragen, Stärken und Schwächen<br />
festzustellen, sowie in Familie, Kollegenschaft<br />
als auch bei den Schülern ein<br />
positives Umfeld zu schaffen. Wichtig<br />
sei auch ein überdachtes Zeitmanagement<br />
nach dem Prioritäts- und<br />
dem „Gut-Statt-Perfekt-Prinzip“ und<br />
die Relativierung des Stellenwertes<br />
von Schule gegenüber anderen Lebensbereichen.<br />
Durch verschiedene<br />
Aktivitäten wie Sport, Hobbies, Yoga<br />
oder Meditation solle man versuchen,<br />
zu entspannen. Wichtig sei vor allem,<br />
was schon Konfuzius anmerkte: „Wenn<br />
du liebst, was du tust, brauchst du nie<br />
mehr zu arbeiten.“ �<br />
Andreas von Delhaes<br />
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