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3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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Ökosteuer:<br />

Ökologische Finanzreform und Emissionshandel<br />

Internationaler Erfahrungsaustausch aus erster Hand<br />

Dem Start des Emissionshandels in Europa zum Januar 20<strong>05</strong><br />

und der unterschiedlichen Ausgestaltung von Ökosteuern in<br />

Europa war eine prominent besetzte Tagung der <strong>Akademie</strong><br />

gemeinsam mit dem Förderverein Ökologische Steuerreform e.V.<br />

(FÖS) gewidmet. Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kamen<br />

Praktiker aus Verwaltung, Wirtschaft und Umweltverbänden<br />

sowie Wissenschaftler zusammen zu einem Erfahrungsaustausch<br />

über das europäische Großexperiment „Handel mit Emissionszertifikaten“,<br />

über die deutsche Ökosteuer und über die Perspektiven<br />

einer harmonisierten Energiebesteuerung in Europa.<br />

Herbert Greisberger, Generalsekretär<br />

der Österreichischen Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Umwelt und Technik, zeigte in seinem<br />

Vortrag, dass in Österreich in den 90er<br />

Jahren quer durch die Parteien die<br />

Ökosteuer als das systemadäquate und<br />

zentrale Steuerungsinstrument innerhalb<br />

einer marktwirtschaftlichen Ordnung<br />

anerkannt war. Praktische Folgen<br />

hat das bislang kaum gehabt, man setzt<br />

mehr auf „Road-Pricing“ und Subventionen<br />

z.B. <strong>für</strong> Ökostrom. Der Umstand,<br />

dass in Deutschland eine rotgrüne<br />

Koalition gegen große Widerstände<br />

von Opposition und Wirtschaft<br />

die Ökosteuer einführte, hat ihr Schicksal<br />

in dem von ÖVP und FPÖ regierten<br />

Österreich erst einmal besiegelt, so<br />

Greisberger.<br />

Niedrigpreisland<br />

Schweiz<br />

Über die Schweiz berichteten Gebhard<br />

Kirchgässner, Präsident der Kommission<br />

<strong>für</strong> Konjunkturfragen (vergleichbar<br />

dem deutschen Sachverständigenrat),<br />

und Arthur Mohr, Leiter der Abteilung<br />

Ökonomie im Schweizer Bundesumweltamt.<br />

Kirchgässner legte dar,<br />

dass es in der Schweiz ganz unterschiedliche<br />

Entwicklungen gibt. Während<br />

die Regierung im März 20<strong>05</strong> eine<br />

CO 2 -Abgabe auf Heizöl und Gas mit<br />

Rückverteilung an die Bürger beschlossen<br />

hat, bleibt die Schweiz bei<br />

Treibstoffen vorerst eines der Niedrigpreisländer.<br />

Trotzdem gab und gibt es<br />

immer wieder umfangreiche Debatten<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong><br />

über den Einbau ökologischer Elemente<br />

ins Steuersystem. In einer Referendumsdemokratie<br />

hängt ihr politischer<br />

Erfolg regelmäßig von Volksabstimmungen<br />

ab. Während noch 1993 eine<br />

Mehrheit der Bevölkerung einer Erhöhung<br />

der Mineralölsteuer per Abstimmung<br />

zugestimmt hatte, scheiterte im<br />

Jahr 2000 eine von der Regierung vorgeschlagene<br />

Initiative „Energie statt<br />

Arbeit besteuern“ knapp mit 44,5 Prozent<br />

Zustimmung. Nach Kirchgässner<br />

mit entscheidend <strong>für</strong> diese Niederlage<br />

war die damals sehr geringe Arbeitslosenquote<br />

von zwei Prozent.<br />

Arthur Mohr erläuterte, dass nach dem<br />

beschlossenen CO -Gesetz und den<br />

2<br />

Kyoto-Verpflichtungen, die auch die<br />

Schweiz unterzeichnet hat, <strong>für</strong> 2007<br />

eine CO -Abgabe auf Benzin und Die-<br />

2<br />

sel vorgesehen ist, falls die freiwilligen<br />

Reduktionsversprechen im Verkehrsbereich<br />

nicht eingehalten werden.<br />

Kai Schlegelmilch vom Bundesumweltministerium<br />

schilderte die Erfahrungen<br />

mit der deutschen Ökosteuer.<br />

Ihr Aufkommen fließt bekanntlich fast<br />

vollständig in die Rentenkassen und<br />

dämpft die Beitragslast um 1,7 Prozentpunkte,<br />

entsprechend 18,6 Milliarden<br />

Euro. Für die politische Akzeptanz<br />

der Ökosteuer war es sicher ungünstig,<br />

dass ihre Einführung 1999 mit<br />

der Liberalisierung des Strommarktes<br />

und einem starken Anstieg der Rohölpreise<br />

zusammenfiel. Der resultierende<br />

Anstieg der Benzin- und Heizölpreise<br />

wurde vom breiten Publikum – nur<br />

zum Teil berechtigt – der Ökosteuer<br />

angelastet. Von der allgemeinen Preisbewegung<br />

begünstigt haben sich die<br />

positiven Umweltwirkungen sicher<br />

schneller und deutlicher eingestellt, als<br />

es die Ökosteuer <strong>für</strong> sich allein vermocht<br />

hätte, aber sie sind gleichwohl<br />

eine Bestätigung ihrer inneren Logik:<br />

Erstmals seit Gründung der Bundesrepublik<br />

begannen die CO 2 -Emissionen<br />

des Verkehrs kontinuierlich zu sinken<br />

um jetzt 10 Prozent, gleichzeitig stieg<br />

die Nachfrage nach Drei- bis Fünfliterautos.<br />

Doppelte Dividende<br />

Neben diesem Beitrag zum Klimaschutz<br />

sehen Ökonomen auch positive<br />

Wirkungen auf Innovationen und Beschäftigungserfolge<br />

in der Wirtschaft.<br />

Die so genannte doppelte Dividende<br />

ist also ein Stück weit Realität geworden.<br />

Übermächtige gegenläufige<br />

Trends wie Wachstumsschwäche, steigende<br />

Arbeitslosigkeit und die Krise<br />

der Rentenfinanzen haben die Erfolge<br />

der Ökosteuer aber überdeckt. So will<br />

die Rede von der Abkassiererei an der<br />

Tankstelle nicht verstummen, und die<br />

Wirtschaft verlangt eine radikale Vereinfachung<br />

eben jener Ausnahmeregelungen<br />

<strong>für</strong> energieintensive Betriebe,<br />

die sie selbst 1999 mit Erfolg vom<br />

Gesetzgeber verlangt hatte. So auf der<br />

Tagung Ulrike Beland vom DIHK.<br />

Intensiv diskutiert wurde auch über<br />

Ökosteuern auf europäischer Ebene.<br />

Anselm Görres vom FÖS stellte in seiner<br />

Einleitung zu diesem Themenbereich<br />

heraus, dass sich die EU mit der<br />

Feinstaubrichtlinie und dem Beginn<br />

des Emissionshandels ab Januar 20<strong>05</strong><br />

(„ein einmaliges Wunder“) eindrucksvoll<br />

als politischer Impulsgeber gezeigt<br />

habe.<br />

Manfred Rosenstock, Generaldirektion<br />

Umwelt der Europäischen Kommission,<br />

führte aus, dass Ökosteuern in der<br />

Mehrheit der EU-Staaten bereits in<br />

�<br />

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