3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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„Info- und Politainment ist in die klassischen<br />
Medien vorgedrungen und<br />
überall präsentieren sich Politiker im<br />
Unterhaltungsformat.“ Er kennzeichnete<br />
die zunehmende Theatralisierung<br />
der Politik und den Wandel von der<br />
Parteiendemokratie zur „Mediokratie“<br />
mit den Begriffen Visualisierung, Personalisierung<br />
und Ritualisierung. „Reale<br />
Politikabläufe werden nicht gezeigt.<br />
Übrig bleiben Emotionalität und<br />
Irrationalität.“<br />
Die wechselseitige Abhängigkeit von<br />
Politikern und Journalisten sehen auch<br />
die Landtagskorrespondenten Daniela<br />
Philippi (Bayerischer Rundfunk),<br />
Nada Weigelt (dpa) und Peter Fahrenholz<br />
(SZ). Es sei auch immer schwieriger,<br />
Politik in den Medien unterzubringen,<br />
und wenn, dann in unterhaltenden<br />
Formen mit starken Einflüssen<br />
des Boulevard. So müssten <strong>für</strong> die verschiedenen<br />
Nachrichtensendungen des<br />
BR sehr unterschiedliche Formate eines<br />
Themas produziert werden. Alle<br />
dpa-Korrespondentin Nada Weigelt<br />
beklagte den immer stärker werdenden<br />
Zeit- und Konkurrenzdruck<br />
der Medien.<br />
Journalisten beklagten den immer stärker<br />
werdenden Zeit- und Konkurrenzdruck,<br />
der immer weniger Zeit zum<br />
Nachdenken lasse, sowohl den Politikern<br />
wie auch den Medienleuten. Aber<br />
auch sie sahen keine Möglichkeit, diesem<br />
Teufelskreis zu entkommen. Gerade<br />
in kleinen und mittleren Redaktionen<br />
werde die Personaldecke immer<br />
dünner und es fehle die Zeit <strong>für</strong> tiefgehende<br />
und langwierige Recherchen.<br />
Die Agenturgläubigkeit und Abhängig-<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong><br />
keit von den Nachrichtenagenturen<br />
nehme zu.<br />
Weniger unzufrieden zeigten sich die<br />
Landespolitiker der CSU, wenn es um<br />
die Kontakte zu Journalisten geht.<br />
Zwar sei die Staatsregierung als Informant<br />
noch gefragter, weil von der Exekutive<br />
nun mal die politischen Entscheidungen<br />
ausgehen, so der CSU-<br />
CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann:<br />
„Konflikt und Streit sind <strong>für</strong> die Medien<br />
die interessantesten Themen.“<br />
Fraktionsvorsitzende Joachim Herrmann.<br />
Die Fraktion werde immer dann<br />
interessant, wenn es vereinzelt Widersprüche<br />
gegen Minister oder den Ministerpräsidenten<br />
gibt. Im übrigen seien<br />
die Abgeordneten sehr frei und unabhängig<br />
bei der Gestaltung der Pressearbeit<br />
in ihren Wahlkreisen. Herrmanns<br />
Stellvertreter Markus Sackmann<br />
kennt durchaus Fälle, wo in der<br />
Fraktion unterlegene Abgeordnete ihre<br />
Journalistenkontakte nutzen, um im<br />
Nachhinein über die Medien Entscheidungen<br />
noch zu beeinflussen.<br />
Naturgemäß eine andere Sicht der Dinge<br />
findet sich bei den Sozialdemokraten.<br />
Karin Radermacher, die stellvertretende<br />
Vorsitzende der SPD-Fraktion<br />
im Landtag, beklagte im Gespräch<br />
die geringeren Möglichkeiten der Opposition,<br />
mit interessanten Themen und<br />
bekannten Personen in die Öffentlichkeit<br />
zu kommen: „Die Übermacht der<br />
Exekutive und der konformen CSU-<br />
Mehrheit ist erdrückend.“ Natürlich<br />
hätten es Entscheidungsträger leichter,<br />
sich zu präsentieren. Dazu kommt die<br />
Schwierigkeit, dass die 41 SPD-Abgeordneten<br />
(von 180) mehrere, zum Teil<br />
weit auseinander liegende Betreuungswahlkreise<br />
haben und vor Ort kaum<br />
überall präsent sein können. Radermacher,<br />
die auch stellvertretende Vorsitzende<br />
des Hohlmeier-Untersuchungsausschusses<br />
ist, freut sich natürlich<br />
über diese Gelegenheit, sich<br />
einer breiten Öffentlichkeit medial<br />
präsentieren zu können.<br />
Waren bislang die Begriffe Personalisierung<br />
und Emotionalisierung<br />
in der politischen Kommunikation<br />
eher Gegenstand kritischer<br />
Betrachtungen gewesen,<br />
sind sie <strong>für</strong> den Kommunikationsfachmann<br />
Klaus Weise Voraussetzungen<br />
seiner Arbeit. Der<br />
Münchner Geschäftsführer der<br />
Werbeagentur Weber Shandwick<br />
nennt sie zusammen mit starken,<br />
einprägsamen Bildern („Heuschrecken“),<br />
einheitlichen Botschaften,<br />
einer guten Kampagnenfähigkeit<br />
und Kampagnenmanagement<br />
sowie einem passenden<br />
Timing als Grundbedingungen<br />
einer erfolgreichen PR-Arbeit<br />
in der Politik. Am konkreten<br />
Beispiel einer Kampagne <strong>für</strong> das<br />
Bundesfamilienministerium („Senioren<br />
Trainer“) erläuterte Weise den langen<br />
Weg von der Ausschreibung des<br />
Projekts über unendlich viele variierte<br />
Konzepte bis hin zur endgültigen<br />
Gestaltung und Evaluation.<br />
Zukunftstrends der<br />
Mediennutzung<br />
Einen Blick in die Zukunft – ohne<br />
Glaskugel, da<strong>für</strong> mit Daten aus der<br />
Mediennutzungsforschung – warf zum<br />
Abschluss der Tagung Maria Gerhards<br />
von der SWR-Medienforschung. Zahlreiche<br />
Prognose-Studien weisen daraufhin,<br />
dass sich Fernsehen und Hörfunk<br />
gemessen an der Nutzungsfrequenz<br />
behaupten werden, während die<br />
Tageszeitung mit einem Rückgang<br />
rechnen muss. Bei den Tagesreichweiten<br />
wird sich das Fernsehen mindestens<br />
behaupten, das Radio steht leicht un-<br />
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