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3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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„Parlamente“, so Ludwig Gramlich<br />

(TU Chemnitz), „werden schon deswegen<br />

gezwungen, sich mit Außenpolitik<br />

zu beschäftigen, weil die Themen<br />

nationaler Politik zunehmend internationalisiert<br />

werden.“ Ein Blick in die<br />

Verfassung zeige, dass die Volksvertretung<br />

in außenpolitischen Angelegenheiten<br />

weder völlig ausgeschlossen<br />

werde noch eine starke Beteiligung<br />

vorgesehen sei. Dennoch zeige<br />

38<br />

Zwischen Legitimität und Effektivität<br />

Die Rolle des Bundestags in der Außenpolitik<br />

Die Auffassung, Außenpolitik sei Regierungssache, wird seit<br />

einiger Zeit in demokratischen Staaten immer stärker in Frage<br />

gestellt. Parlamente drängen auf eine weiter reichende Mitwirkung<br />

an der Gestaltung internationaler Beziehungen. Mit dem<br />

schrittweisen Ausbau der rechtlichen Kompetenzausstattung wird<br />

allmählich auch der Wille der Parlamentarier, diese Kompetenzen<br />

zu nutzen, deutlicher erkennbar. Forderungen nach mehr Information<br />

durch die Regierung, nach mehr Mitbestimmung – zum Beispiel<br />

bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr – machen dies deutlich.<br />

Die verschiedenen theoretischen Konzepte zu diskutieren sowie die<br />

Möglichkeiten und Grenzen von Parlamenten und Parlamentariern<br />

auszuloten, war Ziel einer Fachtagung, die die <strong>Akademie</strong> zusammen<br />

mit dem Arbeitskreis Parlament und Völkerrecht der Deutschen Vereinigung<br />

<strong>für</strong> Internationales Recht (Rudolf Geiger und Gerald<br />

Kretschmer) sowie dem Lehrstuhl <strong>für</strong> Öffentliches Recht und Öffentliches<br />

Wirtschaftsrecht an der TU Chemnitz (Ludwig Gramlich)<br />

veranstaltete.<br />

die Verfassungspraxis ein Regel-Ausnahme-Verhältnis:<br />

Der Normalfall sei<br />

die handelnde Regierung, die Ausnahme<br />

das mitwirkende Parlament. Der<br />

Bundestag befinde sich somit in dem<br />

Spannungsfeld, dass zwar die Rechtsetzung<br />

seine ureigenste Aufgabe, das<br />

Aushandeln internationaler Verträge<br />

aber mehr bei der Regierung angesiedelt<br />

sei. Abhilfe schaffen könnte hier<br />

als Grundvoraussetzung nur die erheb-<br />

Jürgen Meyer: „EU-Verfassung großer demokratischer Fortschritt“, rechts<br />

Ko-Tagungsleiter Ludwig Gramlich<br />

Fotos: Schwarzmeier<br />

lich umfassendere und frühere Information<br />

der Parlamentsmitglieder.<br />

Drohender „information<br />

overkill“<br />

Begreife man die Kontrollfunktion des<br />

Bundestages nicht nur als nachherige<br />

Überwachung und Aufsicht, sondern<br />

als begleitende Mitwirkung, so Gerd<br />

Tebbe (Deutscher Bundestag, Berlin,<br />

vormals Europäische Kommission,<br />

GD Auswärtige Beziehungen), so bestehe<br />

das Problem <strong>für</strong> die Parlamentarier<br />

darin, dass sie während der Verhandlungen<br />

internationaler Verträge<br />

„so gut wie keinen Einfluss nehmen<br />

können“. Als Argumente gegen eine<br />

zunehmende Parlamentarisierung dieses<br />

Politikfeldes führte Tebbe an:<br />

Erstens müsse die außenpolitische<br />

Handlungsfähigkeit jederzeit und vor<br />

allem schnell gewährleistet sein, was<br />

im parlamentarischen Betrieb nur<br />

schwer möglich sei, und zweitens würden<br />

die zuständigen Parlamentarier<br />

sehr schnell einen „information overkill“<br />

erleiden, wenn sie über alle außenpolitischen<br />

Vorgänge rundum informiert<br />

sein möchten. Tebbes Beobachtungen<br />

zufolge dränge es die Abgeordneten<br />

auch gar nicht so sehr nach<br />

einer Ausweitung der Informationsrechte,<br />

da sie zum einen ebenfalls die<br />

Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik<br />

sehr hoch hängten und zum anderen<br />

„die Wirksamkeit der informellen<br />

Verfahren zur Informationsbeschaffung<br />

und Einflussnahme das Verlangen<br />

nach formellen Verfahren mindert“.<br />

Welch komplexe Rechts- und Interpretationslage<br />

mit internationalen Verträgen<br />

und ihren nationalen Implikationen<br />

verbunden sein kann, darauf wies<br />

Rudolf Geiger (München) am Beispiel<br />

des Art. 23 GG hin. Seiner Ansicht<br />

nach handelt es sich „um ein sehr kompliziertes<br />

Werk voller innerer Widersprüche“.<br />

Die dort festgelegten Mitwirkungsrechte<br />

von Bundestag und<br />

Bundesrat werden von den Akteuren<br />

(Bundesregierung, Bundestag) unter-<br />

�<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong>

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