3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Kraft sind und Deutschland keineswegs<br />
der einzige Vorreiter sei. Zur<br />
Verdeutlichung stellte er den gegenwärtigen<br />
Stand der europäischen Energiebesteuerung<br />
in den einzelnen Mitgliedsstaaten<br />
sowie geplante Richtlinien<br />
und deren Ausgestaltung vor.<br />
Insbesondere die 2003 einstimmig verabschiedeteEU-Energiesteuerrichtlinie<br />
sei ein Durchbruch, da sie steigen-<br />
Manfred Rosenstock: Deutschland<br />
nicht der einzige Vorreiter<br />
de Mindeststeuersätze <strong>für</strong> alle Energieträger,<br />
insbesondere auch Benzin und<br />
Diesel, in mehreren Schritten vorschreibe.<br />
Anhand neuester Zahlen<br />
zeigte er die Anhebung der Energiesteuern<br />
in fast allen osteuropäischen<br />
Staaten 20<strong>05</strong> auf.<br />
Keine nachhaltige<br />
Strategie<br />
Auch Michael Cramer, frisch gewähltes<br />
Mitglied des Europäischen Parlaments<br />
und Verkehrsexperte der Grünen,<br />
sieht im Energiesektor, und hier<br />
vor allem im Verkehrsbereich, Handlungsbedarf.<br />
Anhaltendes Verkehrswachstum<br />
oder luftqualitätsbezogene<br />
Grenzwertüberschreitungen würden<br />
zwar fraktionsübergreifend als Probleme<br />
gesehen, doch existiere noch keine<br />
nachhaltige Strategie, um sie dauerhaft<br />
in den Griff zu bekommen. Diskutiert<br />
werde die Besteuerung des<br />
Flugbenzins und die Eurovignette, unter<br />
anderem um die Wettbewerbsgleichheit<br />
zum stark besteuerten Schienenverkehr<br />
herzustellen.<br />
20<br />
Günther Roeder von der BASF sprach<br />
sich gegen eine Harmonisierung der<br />
Energiebesteuerung auf europäischer<br />
Ebene aus. Man dürfe nicht vergessen,<br />
Günther Roeder: Standortnachteile<br />
durch Steuerharmonisierung<br />
dass Europas Industrie in einer weltweiten<br />
Konkurrenz stehe, zusätzliche<br />
Kostenbelastungen würden so zum<br />
Standortnachteil.<br />
Der Emissionshandel ist bei der Wirtschaft<br />
besser akzeptiert, stellte Margit<br />
Kupfer von der österreichischen Umwelt-<br />
und Unternehmensberatung<br />
„Denkstatt“ fest. Das hänge aber auch<br />
damit zusammen, dass man derzeit<br />
dank einer großzügigen Erstausstattung<br />
mit Verschmutzungsrechten noch<br />
weit von klimaschutzrelevanten Emissionsminderungen<br />
entfernt sei.<br />
Nach der Erläuterung der Grundprinzipien<br />
des Emissionshandels durch<br />
Matthias Seiche vom BUND konnte<br />
Jürgen Nantke, Leiter der deutschen<br />
Emissionshandelsstelle, die Teilnehmer<br />
aus erster Hand über die bisherigen<br />
Erfahrungen mit dem am 1. Januar<br />
20<strong>05</strong> gestarteten Emissionshandel<br />
informieren. Für 1849 Anlagen seien<br />
inzwischen die Berechtigungen verteilt,<br />
die <strong>für</strong> über 50 Prozent der deutschen<br />
Treibhausgas-Emissionen stehen.<br />
Die Preise an den Emissionshandelsbörsen<br />
pro Tonne CO 2 hätten sich<br />
seit Januar bereits annähernd verdoppelt.<br />
Der Handel komme in Schwung,<br />
auch wenn noch nicht alle EU-Länder<br />
ihre Pläne abgeschlossen hätten.<br />
Auch die Schweiz, nicht in den Emissionshandel<br />
der EU, wohl aber in den<br />
Kyoto-Prozess eingebunden, will –<br />
ausgehend von ihrem CO 2 -Gesetz –<br />
ab 2008 einen Emissionshandel implementieren<br />
und diesen auch durch<br />
Abkommen mit dem Emissionshandelssystem<br />
der EU verknüpfen.<br />
Günther Roeder kritisierte einzelne<br />
Punkte bei der Ausgestaltung der<br />
Emissionsberechtigungen, so die Belohnung<br />
von Anlagen, die bereits erhebliche<br />
Energieeinsparungen vorgenommen<br />
haben („Early Action“), mit<br />
einer „Überausstattung“ von Emissionszertifikaten.<br />
Auch sollte die EU-<br />
Kommission strenger mit den Plänen<br />
der Nationalstaaten umgehen.<br />
Inwieweit eine derartige „Überausstattung“<br />
tatsächlich statt gefunden hat,<br />
wurde im Plenum lebhaft diskutiert.<br />
Jürgen Nantke betonte, dass es bei jeder<br />
Verteilung der Zuteilungsrechte<br />
natürlich Gewinner und Verlierer gebe.<br />
Nullniveau nicht das Ziel<br />
Durchaus kontrovers war auch die<br />
Diskussion über die nationale Rolle<br />
von Ökosteuern in einem nachhaltigen<br />
Steuersystem. Wolfgang Wiegard, Vorsitzender<br />
des Sachverständigenrats zur<br />
Wolfgang Wiegard: Erwartungen<br />
nicht überfrachten<br />
Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung, erklärte anhand einfacher<br />
umweltökonomischer Regeln,<br />
dass es in jedem System rationaler<br />
Besteuerung einer Ökosteuer bedarf,<br />
wenn die Gesellschaft Effizienz und<br />
Wohlfahrt optimieren möchte. Zwar<br />
warnte Wiegard davor, die Erwartungen<br />
an die doppelte Dividende der<br />
Ökosteuer etwa mit der Hoffnung zu<br />
überfrachten, dass davon die Wende<br />
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<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong>