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3/05 - Akademie für Politische Bildung Tutzing

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holen. Nicht zu unterschätzen sei dabei<br />

die Arbeit der Tausenden von Hospizhelfer,<br />

die jedem Menschen und<br />

dessen Angehörigen Begleitung in<br />

der letzten Phase des Lebens bieten.<br />

So nehme der oft geäußerte Wunsch<br />

nach Sterbehilfe nachweislich ab, sobald<br />

Menschen begleitet werden. Den<br />

Hospizhelfern komme dabei die<br />

schwierige Aufgabe zu, die oft zu beobachtende<br />

Sprachlosigkeit abzubauen,<br />

zuzuhören, genau hinzuschauen<br />

und die Spannungen auszuhalten, die<br />

entstehen, wenn das Planungsbedürfnis<br />

vieler Menschen an Grenzen stößt.<br />

Um die Situation Sterbender und ihrer<br />

Angehörigen zu verbessern, fordert<br />

Lanzinger konkrete Schritte. So sei es<br />

dringend geboten, Familienkarenztage<br />

<strong>für</strong> pflegende Angehörige einzurichten<br />

– eine Möglichkeit, die von einigen Arbeitgebern<br />

bereits angeboten wird. Vor<br />

allem der Mittelstand sei dazu<br />

durchaus in der Lage, so Lanzinger,<br />

schließlich gehe es dabei meist um<br />

zwei bis drei Tage. Darüber hinaus<br />

müsse die Sterbebegleitung und das<br />

Wissen um die Palliativmedizin in die<br />

Ausbildung aller beteiligten Berufsgruppen<br />

integriert werden. Vor allem<br />

bei den niedergelassenen Ärzten besteht,<br />

so die Erfahrung vieler Hospizhelfer,<br />

große Zurückhaltung und<br />

mindestens so großer Nachholbedarf.<br />

Das Altenheim als<br />

unerforschter Sterbeort<br />

Ähnlich beurteilt Bernd Seeberger,<br />

Professor <strong>für</strong> Pflegemanagement an<br />

der FH Nürnberg und Mitgründer des<br />

Instituts <strong>für</strong> Gerontologie und Ethik,<br />

die Situation in den Alten- und Pflegeheimen.<br />

Sie würden immer mehr zu<br />

Sterbeorten und seien als solche<br />

schlecht erforscht. Wer in Deutschland<br />

in ein Altenheim ziehe, tue das meist<br />

nicht freiwillig und weiß auch, dass er<br />

bis zum Tod dort bleiben wird. Durchschnittlich<br />

zwei Jahre leben Altenheimbewohner<br />

nach ihrem Einzug ins<br />

Heim. Die meisten müssen dabei Einschränkungen<br />

der Intimität erfahren,<br />

verlieren ihre alten Kontakte, leben in<br />

sozialer Isolation bis sie schließlich<br />

im Heim sterben, wenn sie nicht noch<br />

schnell ins Krankenhaus verlegt werden.<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 3/20<strong>05</strong><br />

Der Gedanke der Betreuung zur Rehabilitation<br />

alter Menschen, wie er in<br />

skandinavischen Ländern verwirklicht<br />

werde, sei uns völlig unbekannt. Von<br />

einer Kultur der Hospizarbeit und der<br />

Palliativmedizin seien die Altenheime<br />

in Deutschland weit entfernt. So gebe<br />

es kaum Möglichkeiten, dass Pflegende<br />

und Bewohner über den Tod von<br />

Betreuten und Mitbewohnern sprechen.<br />

Üblich sei auch die Unterbringung<br />

der Bewohner in Doppelzim-<br />

Barbara Lanzinger: „Der Grad der<br />

Menschlichkeit misst sich an unserem<br />

Umgang mit den Schwächeren.“<br />

Materialien über Patientenverfügung:<br />

mern, wodurch das Sterben unmittelbar<br />

aber ohne Begleitung miterlebt<br />

werde. Ein besonderes „Sterbezimmer“,<br />

in dem auch Angehörige die Sterbenden<br />

begleiten und sich verabschieden<br />

können, fehle oft. Wie in vielen<br />

Bereichen ist auch hier Zeitmangel das<br />

größte Hindernis, um Sterbende würdevoll<br />

begleiten und optimal versorgen<br />

zu können. Zudem sei die Abstimmung<br />

zwischen Kollegen und Vorgesetzten<br />

meist mangelhaft – was auch<br />

viele Pflegende bedauern.<br />

Aufklärungsbedarf statt<br />

Regelungsbedarf<br />

Die Diagnose „Kommunikationsmangel“<br />

zog sich wie ein roter Faden durch<br />

viele der Beiträge. Für Gian Domenico<br />

Borasio vom Interdisziplinären Palliativzentrum<br />

der Universitätsklinik<br />

München-Großhadern (IZP) ist denn<br />

auch die Kommunikation zwischen<br />

Arzt und Patient der entscheidende<br />

Faktor bei der palliativmedizinischen<br />

Versorgung Schwerstkranker und Sterbender.<br />

Die Palliativmedizin, die sich<br />

als eine Art Krisenintervention bei akutem<br />

Leiden versteht, dient der Verbesserung<br />

der Lebensqualität von Patienten<br />

und ihren Familien, die mit einer<br />

Broschüre des Bayerischen Justizministeriums „Vorsorge <strong>für</strong> Unfall, Krankheit<br />

und Alter durch Vollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung“:<br />

http://www2.justiz.bayern.de/daten/pdf/vorsorge.pdf<br />

Stellungnahme zur Patientenverfügung von Dr. Katrin Grüber (zusammen<br />

mit Dr. med. Jeanne Nicklas-Faust) <strong>für</strong> die Bundestagsfraktion von Bündnis<br />

90/ Die Grünen:<br />

http://www.gruene-fraktion.de/cms/publikationen/dokbin/59/59427.pdf<br />

Bericht der Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“ des<br />

Bundesjustizministeriums (sog. Kutzer-Kommission)<br />

http://www.bmj.de/media/archive/695.pdf<br />

Zwischenbericht „Patientenverfügung“ der Enquêtekommission „Recht und<br />

Ethik der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages:<br />

http://www.bundestag.de/parlament/kommissionen/ethik_med/<br />

berichte_stellg/04_09_13_zwischenbericht_patientenverfuegungen.pdf<br />

über Sterbebegleitung/Hospizwesen/Palliativmedizin:<br />

Allgemeine Informationen zur Hospizarbeit und zum Bayerischen Hospizverband:<br />

http://www.hospiz.net/<br />

Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung:<br />

http://www.bundesaerztekammer.de/30/Richtlinien/Empfidx/Sterbebegleitung2004/index.html<br />

Interdisziplinäres Zentrum <strong>für</strong> Palliativmedizin am Klinikum der Universität<br />

München-Großhadern: http://www.izp-muenchen.de/<br />

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