April - Experimenta.de
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Theo Schmich, Essen<br />
250 Kilometer <strong>de</strong>s Morgens vom Ruhrgebiet nach Bad<br />
Kreuznach, Intensive Vermittlung <strong>de</strong>s Studium Creative<br />
Writing<br />
Eine Reflexion<br />
Sechs Frauen und ein Mann fin<strong>de</strong>n sich im Oktober 1998 in Bad Kreuznach erstmals zusammen,<br />
um ein Studium in kreativem Schreiben zu absolvieren. Eine Art und Weise, an das literarische<br />
Schreiben heranzugehen, die in <strong>de</strong>n USA seit Jahrzehnten und mit mehr als beachtenswertem<br />
Erfolg eine Selbstverständlichkeit ist und bei uns nach Jahren skeptischer Betrachtung allmählich<br />
auch Eingang fin<strong>de</strong>t. Monatlich an einem Samstag fin<strong>de</strong>t das Seminar statt. Zwei Jahre lang.<br />
Sieben Stun<strong>de</strong>n jeweils an diesen Samstagen, vom späten Vormittag bis in <strong>de</strong>n frühen Abend.<br />
Sechs Frauen, ein Mann, die übliche statistische Zusammensetzung bei Kursen und Seminaren<br />
dieser Richtung – viel Frau, wenig Mann. Und wie es sich gehört, hat <strong>de</strong>r Mann <strong>de</strong>n weitesten<br />
Weg, 250 Kilometer <strong>de</strong>s Morgens vom Ruhrgebiet nach Bad Kreuznach, die gleiche Strecke <strong>de</strong>s<br />
Abends zurück. Nach Abschluss <strong>de</strong>s Seminars, zwei Jahre nach jenem Oktober, wird er äußern,<br />
<strong>de</strong>r weite Weg je<strong>de</strong>s Mal, um an <strong>de</strong>m Seminar teilnehmen zu können, habe sich durchaus gelohnt.<br />
Die meisten <strong>de</strong>r Teilnehmerinnen kommen nicht von ganz so weit - aus Bad Kreuznach und <strong>de</strong>r<br />
näheren Umgebung, aber auch zwei, die die Autobahnfahrt aus <strong>de</strong>r ebenfalls nicht gera<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>r<br />
Haustür gelegenen Eifel nicht schreckt, das Seminar zu besuchen.<br />
Da das von einem Mann geleitet wird, von Rüdiger Heins, fühlt selbst <strong>de</strong>r Quotenmann sich bei<br />
diesem ersten Treffen nicht völlig verlassen und einsam. Anfangs ein wenig Scheu voreinan<strong>de</strong>r - wie<br />
könnte es an<strong>de</strong>rs sein, wenn einan<strong>de</strong>r bis dahin unbekannte Menschen zusammen kommen, von<br />
<strong>de</strong>nen erwartet wird, dass sie einführend ihr bisheriges Verhältnis zur Literatur, zum literarischen<br />
Schreiben, schil<strong>de</strong>rn. Und einan<strong>de</strong>r alsbald selbst verfasste Texte vorlesen, die sechs Frauen, <strong>de</strong>r<br />
Mann, im Alter verteilt von immerhin einiges über Dreißig bis gera<strong>de</strong> mal knapp unter Siebzig. Ihr<br />
Erfahrungsgrad mit Schreiben und Literatur unterschiedlich. Aber kein ausgemachter Profi unter<br />
<strong>de</strong>n Teilnehmern - Verzeihung, Teilnehmerinnen, <strong>de</strong>nn die sind doch in <strong>de</strong>r Überzahl, und so wird<br />
im weiteren Verlauf <strong>de</strong>s Seminars nur die weibliche Form angewandt. Und wozu Profis. Dafür ist<br />
das Seminar doch da, um im Schreibhandwerk geschulte Autoren aus ihnen zu machen.<br />
Befreiend zunächst die Erfahrung, dass niemand, <strong>de</strong>r Seminarleiter nicht und auch nicht die<br />
Teilnehmer/innen, kritikwütig über die Texte <strong>de</strong>r jeweils an<strong>de</strong>ren herfallen – eine Erfahrung, die<br />
sich in vielen Schreibkursen an<strong>de</strong>rswo sehr wohl machen lässt. Aber hier, am INKAS-Institut<br />
für Kreatives Schreiben, nicht. Sehr einfühlsam in die Texte, <strong>de</strong>r Seminar- und Institutsleiter;<br />
doch keineswegs völlig kritiklos. Kritik ist nötig, um zu lernen. Doch die Kritik wird hier behutsam<br />
gehandhabt, nicht mit <strong>de</strong>m Knüppel verabreicht son<strong>de</strong>rn in angemessenen Dosen, so, wie es<br />
Geschöpfen, Schöpfungen gegenüber angebracht ist; und ein literarischer Text ist eine Schöpfung,<br />
wie <strong>de</strong>r Seminarleiter immer wie<strong>de</strong>r ver<strong>de</strong>utlicht. Beruhigend auch in diesem Zusammenhang<br />
die Vorgabe und Versicherung von Rüdiger Heins, dass nichts von <strong>de</strong>m, was während <strong>de</strong>r<br />
Seminarstun<strong>de</strong>n geäußert wird, nach außen dringt, weiter getragen wird. Geht es doch um<br />
kreatives Schreiben, eine Form <strong>de</strong>s Schreibens, bei <strong>de</strong>r sehr viel Privates, Autobiographisches<br />
ans Licht drängt, verarbeitet und - vorgelesen wird.<br />
Kreatives Schreiben, Lyrische Archäologie, Zeitgenössische Lyrik und Prosa – so lauten die<br />
sachlichen Bezeichnungen für <strong>de</strong>n Unterrichtsstoff. Wobei die Übungen zum kreativen Schreiben<br />
www.eXperimenta.<strong>de</strong><br />
70 <strong>April</strong> 2013