Magazin 198412
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publik Deutschland beteiligt sich durch<br />
mehr als 30 Millionen DM an Spenden<br />
und Zuschüssen. Im folgenden ein Gespräch<br />
mit dem Generalsekretär des<br />
Deutschen Roten Kreuzes, Dr. Hermann<br />
Schmitz-Wenzel (Bild) , 52 Jahre, gebürtig<br />
aus Trier.<br />
Frage: Herr Dr. Schmitz-Wenzel, nennen<br />
Sie uns doch bitte ein paar Beispiele<br />
für Hilfsaktionen des Deutschen<br />
Roten Kreuzes im Ausland .<br />
Antwort: Im Verbund des Internationalen<br />
Roten Kreuzes beteiligt sich das<br />
Deutsche Rote Kreuz an Hilfsaktionen in<br />
mehr als 40 Ländern der Welt, in denen<br />
Notstände nach Konflikten und Katastrophen<br />
die Zivilbevölkerung getroffen haben<br />
. Der Schwerpunkt dieser Hilfen liegt<br />
gegenwärtig in der Hungerhilfe Afrika.<br />
Mit medizinischer Hilfe, mit Zusatzprogrammen<br />
für besonders betroffene<br />
Gruppen - alte Menschen, Kranke,<br />
Frauen und Kinder - versuchen wir<br />
zum Beispiel in Äthiopien, Somalia,<br />
Uganda, aber auch in Mozambique<br />
Überlebens- und Soforthilfe zu geben .<br />
Dabei ist sich das Deutsche Rote Kreuz<br />
bewußt, daß wir es gerade in diesen<br />
Ländern mit sogenannten Dauer-Katastrophen<br />
oder Dauer-Notständen zu tun<br />
haben, bei denen wir versuchen, Elemente<br />
der Soforthilfe mit längerfristigen,<br />
strukturelle Ursachen beseitigenden<br />
Hilfsmaßnahmen zu verbinden . Ich<br />
nenne als zusätzliches Beispiel unsere<br />
seit Jahren währende Hilfe für afghanische<br />
Flüchtlinge in Pakistan . Hier versuchen<br />
wir mit unserer Schwestergesellschaft<br />
im gesundheits-fürsorgerischen<br />
Bereich, den Flüchtlingen unmittelbar<br />
medizinische Hilfe zu bringen und<br />
gleichzeitig durch Errichtung von kleinen<br />
Gesundheitsstationen und der Ausbildung<br />
und Schulung von einheimischen<br />
Helfern die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge<br />
auf Dauer zu erreichen.<br />
Frage: Wie ist die Zusammenarbeit zwischen<br />
dem Deutschen Roten Kreuz und<br />
dem Internationalen Roten Kreuz sowie<br />
den Schwester-Organisationen in den<br />
anderen Ländern?<br />
Antwort: Das Deutsche Rote Kreuz -<br />
eingebunden in die Gemeinschaft des<br />
Internationalen Roten Kreuzes - gehört<br />
zu den inzwischen 135 anerkannten nationalen<br />
Rotkreuzgesellschaften der<br />
Welt, die auf der Grundlage der für alle<br />
geltenden Grundsätze des Roten Kreuzes<br />
verpflichtet sind zu arbeiten . Auch<br />
wenn der Entwicklungsstand der einzelnen<br />
Rotkreuzgesellschaften unterschiedlich<br />
zu bewerten ist, verfügen wir über<br />
eine umfassende Partnerschaftsstruktur,<br />
die in dieser Form einmalig sein dürfte.<br />
Die Effizienz unserer Hilfsmaßnahmen<br />
hängt im wesentlichen von dieser Form<br />
der Zusammenarbeit ab.<br />
Frage: Wie beurteilen Sie, als Generalsekretär<br />
des Deutschen Roten Kreuzes,<br />
die Einstellung der Jugend zu einem<br />
solchen großen humanitären Werk wie<br />
dem Roten Kreuz? Ist es schwierig oder<br />
nicht, neue Mitarbeiter und Spender zu<br />
finden?<br />
Antwort: In großen Teilen der heutigen<br />
Jugend in der Bundesrepublik Deutschland<br />
ist ein deutlicher Wertwandel feststell<br />
bar, der durch ein ausgeprägtes humanitäres<br />
Denken und Handeln charakterisiert<br />
ist. Aus diesem Grunde sehe<br />
ich eine breite Übereinstimmung zwischen<br />
den humanitären Aufgaben, die<br />
das Rote Kreuz prägen, und den Wertvorstellungen<br />
zahlreicher Jugendlicher.<br />
Das gilt auch für das Selbstverständnis<br />
und die Arbeit unserer Jugendorganisation,<br />
dem Jugendrotkreuz. Entsprechend<br />
den humanitären Zielsetzungen nimmt<br />
dabei die internationale Arbeit des Ju-<br />
Rotkreuz-Geschichte<br />
•<br />
gendrotkreuzes einen besonderen<br />
Schwerpunkt ein . Wenn das Rote Kreuz<br />
in der Lage ist, attraktive Aufgaben anzubieten<br />
, hat es überhaupl keine<br />
Schwierigkeiten, engagierte Mitarbeiter<br />
auch bei der Jugend zu finden.<br />
Was die Spendenfreudigkeit betrifft, zeigen<br />
gerade die hohen Spendeneingänge,<br />
daß weite Kreise unserer Bevölkerung<br />
zum Beispiel für die Problematik<br />
Hunger in Afrika in sehr hohem Maße<br />
sensibilisiert sind. Das Deutsche Rote<br />
Kreuz sieht hierin eine Anerkennung für<br />
die von ihm in zahlreichen Ländern -<br />
insbesondere im afrikanischen Kontinent<br />
- geleistete humanitäre Arbeit.<br />
Frage: Herr Generalsekretär, worin erblicken<br />
Sie die derzeit wichtigste Initiative<br />
des Deutschen Roten Kreuzes, und<br />
worin besteht das gegenwartig schwierigste<br />
Problem innerhalb des Internationalen<br />
Roten Kreuzes?<br />
Antwort: Das ernsteste Problem des Internationalen<br />
Roten Kreuzes sehe ich<br />
darin, daß in den bekannten Konfliktgebieten<br />
- unter anderem Iran/ Irak, MitteIamerika,<br />
Afghanistan und Afrika - die<br />
Regeln des humanitären Völkerrechts,<br />
insbesondere im Verhältnis zu der Zivilbevölkerung,<br />
eingehalten werden . Das<br />
Deutsche Rote Kreuz hat durch seinen<br />
Präsidenten, Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein,<br />
im Sommer 1983 eine breit<br />
angelegte Initiative entfaltet, damit zu einem<br />
frühestmöglichen Zeitpunkt auch<br />
die Bundesrepublik Deutschland den<br />
einschlägigen völkerrechtlichen Konventionen,<br />
den Zusatzprotokol en von 1977,<br />
beitritt. Die Bundesrepublik Deutschland<br />
will hiermit ganz bewußt ein Beispiel<br />
setzen.<br />
Es ist zwar im Laufe vergangener Jahre<br />
sehr viel Gras über die Schlachtfelder<br />
von Solferino und San Martino gewachsen,<br />
aber auch 125 Jahre nach den<br />
schrecklichen, aber auch geschichtsträchtigen<br />
Ereignissen ist das damalige<br />
Geschehen hier noch allgegenwärtig.<br />
Eine eindrucksvolle und weitläufige Gedenkstätte<br />
erinnert daran , Zehntausende<br />
von Toten nicht zu vergessen, die für<br />
ein unabhängiges italien ihr Leben ließen.<br />
Sie macht aber den Besucher auch<br />
darauf aufmerksam, daß hier die Wiege<br />
des Roten Kreuzes stand .<br />
Es ist heute kaum vorstellbar, mit weicher<br />
brutalen Härte vor 125 Jahren die<br />
Schlachten ausgetragen wurden . Nicht,<br />
daß sie in unserer Zeit etwas von ihrem<br />
Schrecken eingebüßt hätten - im Gegenteil<br />
- , heute ist das Töten mit den<br />
modernen Massenvernichtungsmitteln<br />
auf einem Stand angelangt, der den<br />
elektronischen Krieg per Knopfdruck er-<br />
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