05.10.2013 Aufrufe

Magazin 198412

Magazin 198412

Magazin 198412

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

VIzepräsident Westphal : Herr Abgeordneter<br />

Dr. Laufs, gestatten Sie eine Zwischenfrage<br />

des Abgeordneten Schäfer<br />

(Offenburg)?<br />

Dr, Laufs (CDU/CSU): Bitte schön.<br />

Schäfer (Offenburg) (SPD) : Herr Kollege<br />

Laufs, würden Sie zur KlarsteIlung auch für<br />

die Öffentlichkeit bitte bestätigen , daß in<br />

der von Ihnen eben zitierten Erklärung ausdrücklich<br />

nicht die Forderung nach Schutzbaupflicht<br />

und nicht die Forderung nach<br />

Zivildienstpflicht, die Sie jetzt vorhaben,<br />

enthalten sind?<br />

Dr. Laufs (CDUlCSU): Herr Kollege Schäfer,<br />

in einem Teil gebe ich Ihnen Recht, im<br />

anderen nicht. Es war ein umfangreicher<br />

Auftrag an die damalige Bundesregierung ,<br />

dem sie nicht gefolgt ist. Wir setzen ihn um ,<br />

und wir werden auch die Frage einer<br />

Schutzbaupfiicht zu diskutieren haben . Wir<br />

stellen uns eine Grundschutzbaupfiicht<br />

vor. Darüber werden wir diskutieren . Aber<br />

ich sage Ihnen: Zivilschutz ohne Schutzräume<br />

ist nichts wert.<br />

Zivilschutz ist eine zutiefst humanitäre Aufgabe<br />

. Er dient dem menschlichen Leben ,<br />

wenn Katastrophen hereinbrechen trotz aller<br />

Anstrengungen , sie zu verhindern.<br />

Es ist kein Zeichen für Pessimismus oder<br />

Defätismus. Wir maßen uns kein gottähnliches<br />

Wissen an wie die Propheten des<br />

totalen GAU , die meinen , wir könnten nur<br />

noch in einem allesverschlingenden atomaren<br />

Inferno untergehen. Das ist doch<br />

Unsinn. Wir wo llen Vorsorge treffen für<br />

denkbar mögliche Gefährdungsfälle.<br />

Schützen, Bergen, Retten sind keine kriegerischen<br />

Handlungen. Ich habe kein Verständnis,<br />

wenn die Kollegen der SPD, die,<br />

wie seinerzeit Herr Kollege Schäfer, im<br />

Innenausschuß maßgeblich am Zustandekommen<br />

des einvernehmlichen Auftrags<br />

an die Bundesregierung beteiligt waren,<br />

jetzt so tun , als sei die Erfüllung dieses<br />

Auftrages Kriegstreiberei.<br />

Ihre öffentlichen Einlassungen, Herr Kollege<br />

NÖbel, insbesondere nach der SPD­<br />

Anhörung zum Zivilschutz, haben mich<br />

menschlich sehr enttäuscht. Der jetzt neu<br />

vorliegende Referentenentwurf eines Zivilschutzgesetzes<br />

findet übrigens die volle<br />

Zustimmung nicht nur der CDU/CSU-geführten<br />

Bundesländer, sondern auch der<br />

Verbände. Sie haben doch hier vom ersten<br />

Referentenentwurf gesprochen, Sie haben<br />

doch gar nicht zur Kenntnis genommen,<br />

daß inzwischen daran weitergearbeitet<br />

worden ist. Meine Damen und Herren, unsere<br />

Verteidigungsanstrengungen werden<br />

nur in dem Maße ernstgenommen, wie sie<br />

glaubhaft sind und deutlich machen , weicher<br />

Überlebenswille hinter ihnen steht.<br />

Wir wollen dazu die Grundvoraussetzungen<br />

schaffen ."<br />

Grundsätzliche Stellungnahme der Bundesregierung<br />

,,Die<br />

ist der beste Schutz<br />

der Bevölkerung"<br />

Die vor einiger Zeit von der WeItgesundheitsorganisation<br />

(WHO) vorgelegte Studie<br />

über die Auswirkungen eines Atomkrieges<br />

auf die Gesundheit und das Gesundheitswesen<br />

war Gegenstand einer Kleinen Anfrage<br />

der Bundestagsfraktion der GRÜNEN<br />

an die Bundesregierung, die zu der Thematik<br />

eine grundsätzliche Stellungnahme abgab:<br />

Frage: 1. Isr der Bundesregierung diese<br />

Studie bekannt?<br />

a) Wenn ja : Welches sind die wichtigsten<br />

Ergebnisse?<br />

Antwort: Die Studie ist der Bundesregierung<br />

bekannt.<br />

Auf der 36. Weltgesundheitsversammlung<br />

der WHO vom 2. bis 16. Mai 1983 in Genf<br />

wurde die Studie einer Expertengruppe<br />

über die Auswirkungen des Nuklearkrieges<br />

auf Gesundheit und medizinische Versorgung<br />

diskutiert und dazu eine Resolution<br />

gefaßt. In dieser Resolution wird die<br />

Schlußbehauptung der Arbeitsgruppe<br />

übernommen, daß nukleare Waffen die<br />

größte unmittelbare Bedrohung von Gesundheit<br />

und Wohlergehen der Menschheit<br />

darstellen und daß die te ilweise oder<br />

völlige Zerstörung des Gesundheitswesens<br />

durch einen Atomkrieg die Überlebenden<br />

jeder wirksamen Hilfe berauben<br />

würde.<br />

Frage: b) Wie beurteilt die Bundesregierung<br />

die Resultate dieser Studie?<br />

Antwort: Die Bundesregierung ist sich der<br />

Tragweite jeglicher militärischer Auseinandersetzung<br />

bewußt. Sie hält es jedoch für<br />

irreführend, den Eindruck zu erwecken , als<br />

ob allein von den Atomwaffen Gefahr ausgehe.<br />

Der Mensch bleibt von jeder Art<br />

eines Waffeneinsatzes im Kriegsfall bedroht.<br />

Wert und Unwert von Maßnahmen<br />

der Vorbereitung auf Hilfe dürfen mcht nur<br />

nach der größten denkbaren Katastrophe<br />

beurteilt werden .<br />

Frage: 2. Teilt die Bundesregierung die<br />

Auffassung, daß im Falle eines Atomkrieges<br />

eine gesundheitliche Versorgung der<br />

Bevölkerung nicht möglich ist?<br />

3. Welche Konsequenzen ergeben sich<br />

nach Auffassung der Bundesregierung für<br />

die Beratung eines Gesundheitsschutzgesetzes?<br />

4. Sieht die Bundesregierung ebenfalls die<br />

Gefahr, durch gesetzliChe Regelungen, die<br />

im Kriegsfall medizinische Versorgung sicherstellen<br />

sollen, der BeVÖlkerung einen<br />

Schutz vorzutäuschen, den es im Ernstfall<br />

gar nicht geben kann?<br />

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die<br />

Notwendigkeit eines effektiven Katastrophenschutzes<br />

im Bereich des Gesundheitswesens?<br />

Antwort: Die Bundesregierung wird weiterhin<br />

alles in ihrer Kraft Stehende tun, um<br />

den Frieden auch in einer Zeit atomarer<br />

Bewaffnung zu erhalten . Diese Aufgabe<br />

aktiver Friedenssicherung existiert nicht<br />

erst seit heute. Einsatzfähige atomare Waffen<br />

auf beiden Seiten gibt es seit den SOer<br />

Jahren. Es handelt sich also nicht um ein<br />

neues Problem . Die Politik der Bundesregierung<br />

und der westlichen Allianz hat in<br />

den vergangenen drei Jahrzehnten den<br />

Frieden gesichert und den Einsatz von<br />

Waffen jeglicher Art in Europa verhindert.<br />

Diese Friedenspolitik ist der beste Schutz<br />

der Bevölkerung. Nach Auffassung der<br />

Bundesregierung wird es bei einer Fortsetzung<br />

dieser Politik weder einen konventionellen<br />

noch einen atomaren Krieg geben.<br />

Obwohl es aufgrund dieser friedenssichernden<br />

Politik der Bundesregierung und<br />

der westlichen Atlianz äußerst unwahrscheinlich<br />

ist, daß es zu einer bewaffneten<br />

Auseinandersetzung in Europa kommt,<br />

wird die Bundesreg ierung die Maßnahmen<br />

vorbereiten, die notwendig sind, damit Hilfe<br />

geleistet werden kann , wo dies möglich ist.<br />

Frage: 6. Welche pOlitischen Schlußfolgerungen<br />

zieht die Bundesregierung aus den<br />

Ergebnissen der obengenannten WHO­<br />

Studie?<br />

Antwort: Das westliche Bündnis gewährleistet<br />

mit seinen Verteidigungsvorkehrungen<br />

, darunter der nuklearen Abschrekkung,<br />

auch weiterhin den Frieden in Europa,<br />

sei es gegen konventionelle oder<br />

nukleare Kriegführung. Das Nachlassen<br />

der Bemühungen um Schutz- und Hilfemaßnahmen<br />

für den einzelnen Bürger<br />

würde aber letztlich nicht den Frieden sicherer<br />

machen, sondern nur dazu führen,<br />

daß bei einer Vielzahl denkbarer Schadensfälle<br />

die mögliche Hilfe tatsäch lich<br />

nicht geleistet würde.<br />

ZS·MAGAZIN 12184 7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!