Magazin 198412
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VIzepräsident Westphal : Herr Abgeordneter<br />
Dr. Laufs, gestatten Sie eine Zwischenfrage<br />
des Abgeordneten Schäfer<br />
(Offenburg)?<br />
Dr, Laufs (CDU/CSU): Bitte schön.<br />
Schäfer (Offenburg) (SPD) : Herr Kollege<br />
Laufs, würden Sie zur KlarsteIlung auch für<br />
die Öffentlichkeit bitte bestätigen , daß in<br />
der von Ihnen eben zitierten Erklärung ausdrücklich<br />
nicht die Forderung nach Schutzbaupflicht<br />
und nicht die Forderung nach<br />
Zivildienstpflicht, die Sie jetzt vorhaben,<br />
enthalten sind?<br />
Dr. Laufs (CDUlCSU): Herr Kollege Schäfer,<br />
in einem Teil gebe ich Ihnen Recht, im<br />
anderen nicht. Es war ein umfangreicher<br />
Auftrag an die damalige Bundesregierung ,<br />
dem sie nicht gefolgt ist. Wir setzen ihn um ,<br />
und wir werden auch die Frage einer<br />
Schutzbaupfiicht zu diskutieren haben . Wir<br />
stellen uns eine Grundschutzbaupfiicht<br />
vor. Darüber werden wir diskutieren . Aber<br />
ich sage Ihnen: Zivilschutz ohne Schutzräume<br />
ist nichts wert.<br />
Zivilschutz ist eine zutiefst humanitäre Aufgabe<br />
. Er dient dem menschlichen Leben ,<br />
wenn Katastrophen hereinbrechen trotz aller<br />
Anstrengungen , sie zu verhindern.<br />
Es ist kein Zeichen für Pessimismus oder<br />
Defätismus. Wir maßen uns kein gottähnliches<br />
Wissen an wie die Propheten des<br />
totalen GAU , die meinen , wir könnten nur<br />
noch in einem allesverschlingenden atomaren<br />
Inferno untergehen. Das ist doch<br />
Unsinn. Wir wo llen Vorsorge treffen für<br />
denkbar mögliche Gefährdungsfälle.<br />
Schützen, Bergen, Retten sind keine kriegerischen<br />
Handlungen. Ich habe kein Verständnis,<br />
wenn die Kollegen der SPD, die,<br />
wie seinerzeit Herr Kollege Schäfer, im<br />
Innenausschuß maßgeblich am Zustandekommen<br />
des einvernehmlichen Auftrags<br />
an die Bundesregierung beteiligt waren,<br />
jetzt so tun , als sei die Erfüllung dieses<br />
Auftrages Kriegstreiberei.<br />
Ihre öffentlichen Einlassungen, Herr Kollege<br />
NÖbel, insbesondere nach der SPD<br />
Anhörung zum Zivilschutz, haben mich<br />
menschlich sehr enttäuscht. Der jetzt neu<br />
vorliegende Referentenentwurf eines Zivilschutzgesetzes<br />
findet übrigens die volle<br />
Zustimmung nicht nur der CDU/CSU-geführten<br />
Bundesländer, sondern auch der<br />
Verbände. Sie haben doch hier vom ersten<br />
Referentenentwurf gesprochen, Sie haben<br />
doch gar nicht zur Kenntnis genommen,<br />
daß inzwischen daran weitergearbeitet<br />
worden ist. Meine Damen und Herren, unsere<br />
Verteidigungsanstrengungen werden<br />
nur in dem Maße ernstgenommen, wie sie<br />
glaubhaft sind und deutlich machen , weicher<br />
Überlebenswille hinter ihnen steht.<br />
Wir wollen dazu die Grundvoraussetzungen<br />
schaffen ."<br />
Grundsätzliche Stellungnahme der Bundesregierung<br />
,,Die<br />
ist der beste Schutz<br />
der Bevölkerung"<br />
Die vor einiger Zeit von der WeItgesundheitsorganisation<br />
(WHO) vorgelegte Studie<br />
über die Auswirkungen eines Atomkrieges<br />
auf die Gesundheit und das Gesundheitswesen<br />
war Gegenstand einer Kleinen Anfrage<br />
der Bundestagsfraktion der GRÜNEN<br />
an die Bundesregierung, die zu der Thematik<br />
eine grundsätzliche Stellungnahme abgab:<br />
Frage: 1. Isr der Bundesregierung diese<br />
Studie bekannt?<br />
a) Wenn ja : Welches sind die wichtigsten<br />
Ergebnisse?<br />
Antwort: Die Studie ist der Bundesregierung<br />
bekannt.<br />
Auf der 36. Weltgesundheitsversammlung<br />
der WHO vom 2. bis 16. Mai 1983 in Genf<br />
wurde die Studie einer Expertengruppe<br />
über die Auswirkungen des Nuklearkrieges<br />
auf Gesundheit und medizinische Versorgung<br />
diskutiert und dazu eine Resolution<br />
gefaßt. In dieser Resolution wird die<br />
Schlußbehauptung der Arbeitsgruppe<br />
übernommen, daß nukleare Waffen die<br />
größte unmittelbare Bedrohung von Gesundheit<br />
und Wohlergehen der Menschheit<br />
darstellen und daß die te ilweise oder<br />
völlige Zerstörung des Gesundheitswesens<br />
durch einen Atomkrieg die Überlebenden<br />
jeder wirksamen Hilfe berauben<br />
würde.<br />
Frage: b) Wie beurteilt die Bundesregierung<br />
die Resultate dieser Studie?<br />
Antwort: Die Bundesregierung ist sich der<br />
Tragweite jeglicher militärischer Auseinandersetzung<br />
bewußt. Sie hält es jedoch für<br />
irreführend, den Eindruck zu erwecken , als<br />
ob allein von den Atomwaffen Gefahr ausgehe.<br />
Der Mensch bleibt von jeder Art<br />
eines Waffeneinsatzes im Kriegsfall bedroht.<br />
Wert und Unwert von Maßnahmen<br />
der Vorbereitung auf Hilfe dürfen mcht nur<br />
nach der größten denkbaren Katastrophe<br />
beurteilt werden .<br />
Frage: 2. Teilt die Bundesregierung die<br />
Auffassung, daß im Falle eines Atomkrieges<br />
eine gesundheitliche Versorgung der<br />
Bevölkerung nicht möglich ist?<br />
3. Welche Konsequenzen ergeben sich<br />
nach Auffassung der Bundesregierung für<br />
die Beratung eines Gesundheitsschutzgesetzes?<br />
4. Sieht die Bundesregierung ebenfalls die<br />
Gefahr, durch gesetzliChe Regelungen, die<br />
im Kriegsfall medizinische Versorgung sicherstellen<br />
sollen, der BeVÖlkerung einen<br />
Schutz vorzutäuschen, den es im Ernstfall<br />
gar nicht geben kann?<br />
5. Wie beurteilt die Bundesregierung die<br />
Notwendigkeit eines effektiven Katastrophenschutzes<br />
im Bereich des Gesundheitswesens?<br />
Antwort: Die Bundesregierung wird weiterhin<br />
alles in ihrer Kraft Stehende tun, um<br />
den Frieden auch in einer Zeit atomarer<br />
Bewaffnung zu erhalten . Diese Aufgabe<br />
aktiver Friedenssicherung existiert nicht<br />
erst seit heute. Einsatzfähige atomare Waffen<br />
auf beiden Seiten gibt es seit den SOer<br />
Jahren. Es handelt sich also nicht um ein<br />
neues Problem . Die Politik der Bundesregierung<br />
und der westlichen Allianz hat in<br />
den vergangenen drei Jahrzehnten den<br />
Frieden gesichert und den Einsatz von<br />
Waffen jeglicher Art in Europa verhindert.<br />
Diese Friedenspolitik ist der beste Schutz<br />
der Bevölkerung. Nach Auffassung der<br />
Bundesregierung wird es bei einer Fortsetzung<br />
dieser Politik weder einen konventionellen<br />
noch einen atomaren Krieg geben.<br />
Obwohl es aufgrund dieser friedenssichernden<br />
Politik der Bundesregierung und<br />
der westlichen Atlianz äußerst unwahrscheinlich<br />
ist, daß es zu einer bewaffneten<br />
Auseinandersetzung in Europa kommt,<br />
wird die Bundesreg ierung die Maßnahmen<br />
vorbereiten, die notwendig sind, damit Hilfe<br />
geleistet werden kann , wo dies möglich ist.<br />
Frage: 6. Welche pOlitischen Schlußfolgerungen<br />
zieht die Bundesregierung aus den<br />
Ergebnissen der obengenannten WHO<br />
Studie?<br />
Antwort: Das westliche Bündnis gewährleistet<br />
mit seinen Verteidigungsvorkehrungen<br />
, darunter der nuklearen Abschrekkung,<br />
auch weiterhin den Frieden in Europa,<br />
sei es gegen konventionelle oder<br />
nukleare Kriegführung. Das Nachlassen<br />
der Bemühungen um Schutz- und Hilfemaßnahmen<br />
für den einzelnen Bürger<br />
würde aber letztlich nicht den Frieden sicherer<br />
machen, sondern nur dazu führen,<br />
daß bei einer Vielzahl denkbarer Schadensfälle<br />
die mögliche Hilfe tatsäch lich<br />
nicht geleistet würde.<br />
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