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wenn was fehlt, wird keinem was fehlen.<br />
Denn inwendig ist es gleichfalls verhunzt<br />
in <strong>de</strong>n heutigen Vortragssälen.<br />
Die Jugend entbrennt an <strong>de</strong>m brennen<strong>de</strong>n Geist,<br />
<strong>de</strong>r aus freiestem Kopfe und Leibe<br />
sich an Goethe und Pallenberg beweist<br />
nebst an<strong>de</strong>rem Zeitvertreibe.<br />
Es ist die verkörperte Revolution,<br />
und er ihr markantester Bar<strong>de</strong>,<br />
und ich übergebe mich vor <strong>de</strong>m Ton,<br />
<strong>de</strong>nn ich bin von <strong>de</strong>r weißen Gar<strong>de</strong>.<br />
Kleinigkeiten<br />
Es ist schwer, wenn man erschüttert ist, von Grund erschüttert<br />
unter <strong>de</strong>m unmittelbaren Eindruck eines künstlerischen Erlebnisses,<br />
darüber Rechenschaft ablegen zu müssen. Man fühlt im eigenen<br />
Herzen die Unendlichkeit im Herzen eines Dichters, seinen<br />
Sprung in <strong>de</strong>n Weltenraum, und man möchte schweigen ...<br />
Man möchte, aber man kann nicht, und darum muß Herr Moriz Scheyer, <strong>de</strong>r<br />
Flachsten einer, über Werfels »Schweiger« sprechen. Selbst nach seiner Kritik<br />
scheint es sich aber um eine dämonische Angelegenheit zu han<strong>de</strong>ln, bei<br />
<strong>de</strong>r zwei Seelen in <strong>de</strong>r Dichterbrust um <strong>de</strong>n Erfolg ringen, nämlich Csokor mit<br />
Müller, <strong>de</strong>r offenbar von jenem überschrien wird, wobei Werfel <strong>de</strong>n Sieg davonträgt.<br />
Jener Scheyer jedoch hat sich kürzlich mit Recht, wenngleich ohne<br />
Talent über die Publikation eines holländischen Verlegers aufgehalten, für<br />
welche die österreichische Regierung Geld hinausgeworfen hat und in <strong>de</strong>r das<br />
Kapitel »Österreichs Dichtung seit <strong>de</strong>m Umsturz« vom Kasma<strong>de</strong>rschen Standpunkt<br />
behan<strong>de</strong>lt scheint, in<strong>de</strong>m als die Repräsentanten <strong>de</strong>r österreichischen<br />
Dichtung die Parnassiens <strong>de</strong>r Reichspost <strong>de</strong>m Ausland vorgeführt wer<strong>de</strong>n. Dagegen<br />
muß Scheyer bemängeln, daß unter an<strong>de</strong>ren die Herren Salten und<br />
Dörmann, man <strong>de</strong>nke nur, überhaupt nicht vorkommen und ein Kronionshaupt<br />
wie Decsey, <strong>de</strong>r überdies sogar Redaktionskollege <strong>de</strong>s Scheyer ist, mit<br />
einem Satz abgetan wird. Er trägt aber noch in einer beson<strong>de</strong>rn Notiz <strong>de</strong>r<br />
Vollständigkeit halber nach, daß unter <strong>de</strong>n nicht genannten Namen <strong>de</strong>r österreichischen<br />
Dichtung »sich auch Sil Vara befin<strong>de</strong>t«. Sonst fehlt offenbar keiner.<br />
Aber sich vorzustellen, daß ich mich in <strong>de</strong>r ganz und gar vervollständigten<br />
Liste wohlfühlen wür<strong>de</strong>, dazu gehört schon einige Phantasie. Ich muß es<br />
ja nur immer feststellen, um die abgründige Schweinerei dieses Literaturwesens<br />
zu beweisen, <strong>de</strong>nn ich habe weiß Gott kein stärkeres Beispiel zur Hand;<br />
daß es mich aber für die schamlose Nichtbeachtung mit <strong>de</strong>m allerpersönlichsten<br />
Nervenglück entschädigt, nicht beachtet zu sein und in allen diesen Katalogen,<br />
Lexikons, Anthologien, Zeitschriften, Zeitungen und sonstigen Protokollen<br />
<strong>de</strong>s Schwachsinns und <strong>de</strong>r Impotenz nicht zu existieren, das sollte man<br />
mir glauben. Stets habe ich, wo meine Erlaubnis notwendig war, diese verweigert.<br />
Den Schüttelfrost vor je<strong>de</strong>r Berührung mit irgen<strong>de</strong>twas, was Literatur<br />
ist, nennt dann eben diese: »Eitelkeit«. Denn sie glauben wirklich, daß ich von<br />
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