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Gestalt gegenüberzustehen? Nicht doch, er meint materiell. Wie <strong>de</strong>nn? Er<br />

wird doch nicht wie damals, als er meine Bekanntschaft anknüpfte —? Nicht<br />

doch:<br />

Ich nehme an<br />

— was also nimmt er an? Nicht das, was man annimmt, was einer seiner Gegner<br />

angenommen hat, was er — vor einem Ehrenrat — nicht beweisen konnte<br />

und was gegenüber dieser Fülle von Eigenart zu vermuten, die ganz bestimmt<br />

weitab von allen Normen <strong>de</strong>r journalistischen Korruption wirkt, etwa an <strong>de</strong>n<br />

Versuch <strong>de</strong>nken läßt, <strong>de</strong>n Nestroy so unvergeßlich mit <strong>de</strong>in Wort bezeichnet<br />

hat: »Das ist g'rad so viel, als wenn man einem Walfisch eine Biskoten gibt!«.<br />

Also keine Spur, son<strong>de</strong>rn er nimmt bloß an, daß ich auf seinen in Wien erschienenen<br />

Aufsatz über <strong>de</strong>n Papierzwerg »in einem Buch geantwortet« habe.<br />

Wie er das erraten hat! Fast ist es so und in einem Epigramm habe ich mich<br />

ganz zu dieser Möglichkeit bekannt. Aber wie sollen sich die Berliner Leser da<br />

auskennen, wenn sie hören, <strong>de</strong>r Papierzwerg sei schon erschienen, und es<br />

sich doch herausstellt, daß er nun erst folgt? Und wieso richtet er mich zugrun<strong>de</strong>,<br />

wo er mich im Gegenteil doch belebt?<br />

Da ich Nieman<strong>de</strong>n auftreiben kann, <strong>de</strong>r die Geduld hatte, diese<br />

nichts—als—nur—persönlichen Sticheleien zu En<strong>de</strong> zu lesen, so<br />

wür<strong>de</strong> ich durch eine lange <strong>de</strong>taillierte Antwort eine Serie von Fackelbän<strong>de</strong>n<br />

heraufbeschwören. Diese Bibliothek könnte aber<br />

höchstens zwei Leser fin<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Fackelkraus selbst, und mich<br />

(wenn ich nicht von so niedriger Dickhäutigkeit wäre).<br />

Und nun charakterisiert er diese Sticheleien <strong>de</strong>s Näheren, erwähnt sogar das<br />

Pathos am Schluß, das er freilich mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s Moriz Benedikt vergleicht. Immerhin<br />

besteht doch <strong>de</strong>r Verdacht, daß er <strong>de</strong>n Aufsatz kennt, daß dieser noch<br />

einen zweiten Leser außer mir gefun<strong>de</strong>n hat, <strong>de</strong>r sich nur schnell durch die<br />

Klammerbemerkung von <strong>de</strong>m ausgerutschten Geständnis entlasten wollte,<br />

durch die »niedrige Dickhäutigkeit«, die in<strong>de</strong>s auch wie<strong>de</strong>r ausgerutscht sein<br />

dürfte. Aber wenn er sagt, daß er sonst nieman<strong>de</strong>n auftreiben kann, so treibt<br />

er über. Daß er sich sehr bemüht haben wird, glaube ich ja nicht. Doch es haben<br />

ohnedies so viel Leute in Berlin <strong>de</strong>n Aufsatz »Großmann« gelesen, daß<br />

<strong>de</strong>r Schwindler sich eben genötigt sah, an Ort und Stelle etwas zu unternehmen,<br />

wenngleich nur <strong>de</strong>n Versuch, sie mit <strong>de</strong>m bereits abgestunkenen Angriff<br />

hineinzulegen. Ja, wiewohl ich weiß Gott nichts dazu tue, daß die Fackel über<br />

Meidling o<strong>de</strong>r Floridsdorf und selbst nur bis dahin gelangt, gibt es doch Menschen<br />

in Deutschland, die <strong>de</strong>n Fall ganz genau kennen, und einer, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Erstdruck <strong>de</strong>s Papierzwergs in Breslau las — was doch gewiß kurios ist —<br />

schrieb <strong>de</strong>m Schöpfer seine Zustimmung, <strong>de</strong>nn er habe nun exemplarisch dargetan,<br />

daß es die Art <strong>de</strong>r Zwerge sei, Riesen zu ihresgleichen herabmin<strong>de</strong>rn<br />

zu wollen. Aber das kommt wie<strong>de</strong>r nur von <strong>de</strong>r unregelmäßigen Expedition.<br />

Der eine liest die Fackel, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re nicht. Den letzten Aufsatz hat nicht einmal<br />

<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n er zunächst betraf, zu Gesicht bekommen, und er hat sich vergebens<br />

bemüht, einen an<strong>de</strong>rn Leser aufzutreiben. Wiewohl also <strong>de</strong>r Aufsatz in<br />

Berlin nicht die geringste Spur hinterlassen hat, tut Großmann ein Übriges<br />

und nimmt von ihm Notiz. Ist das eigentlich klug? Die Fackel hat in Berlin keine<br />

Leser, eben diese merken, daß Großmann ihnen alten Dreck vorsetzt, und<br />

beginnen auch <strong>de</strong>m 'Tagebuch' zu mißtrauen, <strong>de</strong>ssen ahnungslose Freun<strong>de</strong> jedoch<br />

auf die Fackel erst aufmerksam gemacht wer<strong>de</strong>n. Das ist doch eigentlich<br />

Opfermut, so shylockisch auf <strong>de</strong>m eigenen Pfund Fleisch zu bestehen; er richtet<br />

sich zugrun<strong>de</strong>. Aber wie er mich zugrun<strong>de</strong> richten könnte, hat er eigentlich<br />

noch immer nicht erklärt, und die Kausalität zwischen <strong>de</strong>m Umstand, daß<br />

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