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Ich durfte also vermuten, es sei durchaus <strong>de</strong>r alte Papierzwerg. Das Motiv ist<br />
fast so bekannt wie etwa <strong>de</strong>r letzte Abend jenes Rezitators, es ist die Art, wie<br />
<strong>de</strong>r Ritter Blaubart die Boulotte am Hof <strong>de</strong>s Königs Bobèche einführt:<br />
»Das ist das sechstemal, was er uns wird erzählen, ist stets dasselbe<br />
Einerlei.«<br />
»Ist stets dasselbe Einerlei.«<br />
»O ich kenne diesen Mann.«<br />
»Majestät! —« »Nun wohlan!«<br />
»Hört ihn an!«<br />
»Wie<strong>de</strong>r mal ist es gekommen,<br />
Daß ein Weib ich mir genommen.«<br />
»Das hat er uns schon oft gesagt.«<br />
»Nach ehrwürdig alter Sitte<br />
Meld' ich dies in eurer Mitte.«<br />
»Das hat er uns schon oft gesagt.« ...<br />
»Euch nun stell' ich vor das hol<strong>de</strong> Wesen,<br />
Das für diesmal ich mir auserlesen.«<br />
»'s ist schon gut, Euch nicht plagt.«<br />
»Das hat er uns schon oft gesagt.«<br />
»Versammelt hier in diesem Saal,<br />
Habt Ihr's schon oft gehört, so hört es noch einmal.<br />
»Tralalala ... «<br />
Aber da er Charme hat, wirkt's doch immer neu. Oh auch dies:<br />
Mit <strong>de</strong>m Fackelkraus von Berlin aus zu polemisieren, ist ein Vergnügen.<br />
Man bekommt nämlich nie die Antwort zu lesen. Die »Fackel«<br />
leuchtet nur bis Meidling o<strong>de</strong>r Floridsdorf. Ich könnte mir ja<br />
mit beharrlichen Anstrengungen eines <strong>de</strong>r roten Klatschhefte anschaffen,<br />
aber dazu fehlt mir <strong>de</strong>r Impuls.<br />
Wart Herzerl, wozu sich anstrengen, ich könnte ja — damit er nicht immer<br />
nur auf die doch ungenauen Informationen <strong>de</strong>r Bekannten aus Wien angewiesen<br />
ist — ihm die Beschaffung <strong>de</strong>r Fackel erleichtern, in<strong>de</strong>m ich ihm die Hefte,<br />
in <strong>de</strong>nen etwas über ihn steht, (also je<strong>de</strong>s) zuschicken lasse, aber selbstverständlich<br />
nur gegen Revanche, das heißt wenn er sich verpflichtet, mir dafür<br />
nicht das Tagebuch' zu schicken. Er meint in<strong>de</strong>s, er halte es auch so aus,<br />
mit <strong>de</strong>n Jahren verliere sich bei ihm die Empfindlichkeit für Lob und Ta<strong>de</strong>l,<br />
Beschimpfung und Huldigung. (Interessante Leute müssen das sein, die Großmann<br />
huldigen.) Mein Geschrei, nach<strong>de</strong>m er mir auf <strong>de</strong>n Fuß getreten ist, sei<br />
ihm ziemlich gleichgültig, sagt er.<br />
Der Fußtritt kann nötig sein, bei <strong>de</strong>m Geschrei mich aufzuhalten,<br />
ist überflüssig.<br />
Merkwürdig, daß er's trotz<strong>de</strong>m tut und ohne doch vom Geschrei mehr gehört<br />
zu haben als was die Bekannten ihm zutragen, und daß doch eigentlich die<br />
Fußtritte nur die Antwort auf das Geschrei sind. Und daß er sich gar entschließt,<br />
von Berlin aus zu polemisieren. Es ist eben, wenngleich überflüssig,<br />
ein Vergnügen. Und gera<strong>de</strong> weil man ohne Grundlage arbeitet. Denn es muß<br />
rein so sein, daß er dort nie die Antwort zu lesen bekommt, nämlich das Geschrei,<br />
und immer nur das, was <strong>de</strong>n Fußtritt nötig gemacht hat. Er bekommt<br />
dort offenbar stets das vorhergehen<strong>de</strong>, aber nie das nächste Heft zu Gesicht.<br />
Die Fackel erscheint eben unregelmäßig.<br />
Übrigens könnte ich <strong>de</strong>n kleinen Kraus zugrun<strong>de</strong> richten.<br />
Wie? Weiß er am En<strong>de</strong> etwas auf mir, während ich es doch stets ablehnen<br />
wür<strong>de</strong>, ihm an<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>nn als unersättlicher Betrachter einer künstlerischen<br />
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