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Ghetto Wilna - Arbeit und Leben (DGB/VHS) Hochtaunus

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im <strong>Ghetto</strong> verliebte. Sie arbeitete in der Bibliothek <strong>und</strong> durfte deswegen auch nach acht Uhr<br />

auf der Strasse sein, was sie zu Spaziergängen mit ihrem Fre<strong>und</strong> nutzte.<br />

Die Bibliothek diente abends auch einem konspirativen Zweck, da hier die jungen Frauen <strong>und</strong><br />

Männer des Widerstandes kämpfen <strong>und</strong> schiessen lernten. Waffen wurden gegen Schmuck<br />

erworben <strong>und</strong> ins <strong>Ghetto</strong> geschmuggelt. Besonders einfallsreich waren jene, die ohne Judenstern<br />

eine Kanalbaustelle samt Verkehrszeichen errichteten <strong>und</strong> darunter Waffen über den<br />

Kanal ins <strong>Ghetto</strong> trugen. Teils stammten die Waffen aus ehemaligen Lagern der Roten Armee.<br />

Die jungen Frauen nahmen selbstverständlich an Aktionen wie dem Sprengen von<br />

Bahngleisen teil. Wer sich Partisanen anschloss, konnte nur zu den Russen gehen, da alle anderen<br />

keine Juden wollten – <strong>und</strong> sich auch nicht alle gegen die deutschen Eroberer wandten.<br />

Übrigens zeigt das bekannteste Foto jüdischer PartisanInnen KämpferInnen aus <strong>Wilna</strong>. Dass<br />

nicht mehr Menschen daran teilnahmen, sieht Margolis als Folge der erzwungenen Apathie<br />

im <strong>Ghetto</strong>, durch die man psychologisch auf den Tod vorbereitet wurde.<br />

Das Ende des <strong>Ghetto</strong>s wird im Film von Masha Rolnikaite <strong>und</strong> Shoshana Rabinovici geschildert:<br />

Masha verbrachte eine letzte ungewisse Nacht mit Mutter <strong>und</strong> kleinen Geschwistern. Alle<br />

mussten auf einem Platz sitzen, während die Deutschen immer wieder Leuchtraketen abfeuerten,<br />

um zu sehen, ob alle da sind. Dabei schlief der kleine Bruder, an die sich mit 16 Jahren<br />

erwachsen fühlende Mascha gelehnt. Anderntags wurden Masha <strong>und</strong> ihre Familie an einem<br />

Tor getrennt, wobei die Mutter nicht wollte, dass ihr das Mädchen folgt, da es leben soll<br />

(eine Schwester von Masha <strong>und</strong> ihr Vater überlebten ebenfalls). Shoshana wurde mit ihrer<br />

Mutter auf einen Friedhof getrieben, wo die Menschen zwei Tage ausharren mussten. Dann<br />

wurden sie nach rechts oder nach links gewiesen, <strong>und</strong> die Mutter befahl Shoshana, in einen<br />

Sack zu steigen. Mit dem Mädchen auf dem Rücken, das die Schläge der Soldaten abbekam,<br />

wurde sie auf jene Seite gewiesen, wo es zumindest eine gewisse Überlebenschance gab....<br />

Text: Alexandra Bader<br />

29.02.2008<br />

BÜCHERMARKT<br />

Über den Untergang einer wohlgeordneten Welt<br />

Der jüdische Maler Samuel Bak blickt zurück<br />

Von Imogen Reisner<br />

„In Worte gemalt“ sind die <strong>Leben</strong>serinnerungen Samuel Baks überschrieben.<br />

Der Untertitel verspricht, das „Bildnis einer verlorenen Zeit“ zu liefern. Das<br />

Versprechen wird eingelöst.<br />

Warm, golden <strong>und</strong> unversehrt leuchtet die säuberlich heraus getrennte Giebelwand eines<br />

Wohnhauses. Sie lehnt, als führe sie ein unvergängliches Eigenleben, still an der Fassade einer<br />

zerborstenen Häuserfront. Darüber schimmern engelsgleich in ihrer zarten Farbigkeit gespaltene<br />

Dachplatten <strong>und</strong> aufgerissenes Mauerwerk. An einigen Stellen ist die alabasterfarbene<br />

Schönheit der bizarren Dachlandschaft völlig unzerstört, gleichsam jungfräulich unberührt.<br />

Dort bildet sie bedeckt von Türmchen <strong>und</strong> Dachstöcken im Bauklötzchenformat eine<br />

Welt zeitloser Schönheit.<br />

Doch die märchenhafte Szenerie wirkt seltsam fremd, kalt, gesichtslos, denn die Gebäude haben<br />

weder Fenster noch Bewohner: Waidw<strong>und</strong>es Mauerwerk eines ehemaligen Wohnviertels,<br />

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