11.10.2013 Aufrufe

Bildungsungleichheiten und Bildungsarmut in Deutschland

Bildungsungleichheiten und Bildungsarmut in Deutschland

Bildungsungleichheiten und Bildungsarmut in Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

In <strong>Deutschland</strong> gilt nicht nur e<strong>in</strong> akademischer Abschluss, sondern auch e<strong>in</strong>e breite<br />

allgeme<strong>in</strong>e Durchschnittsqualifikation, also e<strong>in</strong> erfolgreicher Abschluss e<strong>in</strong>er Lehre als<br />

gesellschaftlich befriedigendes Auskommen. Deshalb dürfen nicht nur die akademischen<br />

Abschlüsse, sondern müssen auch die erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildungen <strong>in</strong><br />

den Focus der Berichterstattung genommen werden.<br />

Aus dem Datenreport vom April 2000 geht hervor, dass <strong>in</strong> der Altersgruppe der 30- bis<br />

49jährigen <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik 630 000 Menschen ke<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en Schulabschluss<br />

<strong>und</strong><br />

3 410 000 Menschen ke<strong>in</strong>en beruflichen Bildungsabschluss besitzen. (vgl. Datenreport S. 78)<br />

Das bedeutet, dass bei uns 3,4 Millionen Menschen zwischen 30 <strong>und</strong> 49 Jahren so bildungsarm<br />

s<strong>in</strong>d, dass sie noch nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en beruflichen Bildungsabschluss angestrebt oder<br />

bestanden haben.<br />

Extremes Augenmerk erfordert der Analphabetismus, der e<strong>in</strong>e extreme Form der<br />

<strong>Bildungsarmut</strong> darstellt. Laut den Autoren s<strong>in</strong>d bis zu 1,9 Millionen Menschen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Analphabeten; ihnen fehlt die Fähigkeit, Anschluss jeglicher Art zu erreichen.<br />

Kompetenzstufen<br />

Seit der Pisa-Studie wird <strong>Bildungsarmut</strong> <strong>in</strong> Kompetenzstufen gemessen: Man unterteilt die<br />

Bereiche Leseverständnis, Mathematik, Naturwissenschaften <strong>und</strong> fächerübergreifende<br />

Kompetenzen <strong>in</strong> 5 Kompetenzstufen. So gilt z.B. funktionaler Analphabetismus als<br />

Kompetenzstufe 1 im Bereich Leseverständnis. Diese Schüler können zwar e<strong>in</strong>fache Texte<br />

lesen, sie aber nicht im praktischen Kontext anwenden. Dementsprechend gilt das Erreichen<br />

der höchsten Kompetenzstufe 5 als absoluter Bildungsreichtum.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sche<strong>in</strong>t weder das Ausbilden e<strong>in</strong>er Elite noch das Heranführen leistungsschwacher<br />

Schüler <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> momentan möglich zu se<strong>in</strong>, sodass wir uns im OECD-Vergleich im<br />

absoluten Durchschnitt bef<strong>in</strong>den.<br />

Kompetenzen versus Zertifikate<br />

Den Schulen gel<strong>in</strong>gt es bei der Zertifikatsmessung besser, die Anforderungen zu bestimmen,<br />

da sie e<strong>in</strong>en eigenen Spielraum haben.<br />

„Von allen Schüler(<strong>in</strong>ne)n, die unterhalb Kompetenzstufe I liegen, werden 89 Prozent von<br />

ihren Lehrern als „nicht schwache Leser“ e<strong>in</strong>gestuft <strong>und</strong> nur 11 Prozent als „schwache Leser“<br />

(Vgl. Deutsches PISA-Konsortium (Anm. 13), S. 119)<br />

Hier werden also Schüler deren Lesefertigkeiten im praktischen Kontext nicht standhalten als<br />

nicht schwache Leser e<strong>in</strong>gestuft. Welche Aussagekraft besitzen dann noch die Bewertungen<br />

der Lehrkräfte. Trotzdem ermöglichen Schulzeugnisse den Zugang zu Berufsausbildungen<br />

<strong>und</strong> Studium <strong>und</strong> somit Lebenschancen.<br />

Laut den Autoren s<strong>in</strong>d Kompetenzstufen fe<strong>in</strong>er graduiert als Schulstufen bzw.<br />

Abschlusszertifikate. Unterschiede <strong>und</strong> Veränderungen werden schneller <strong>und</strong> genauer<br />

erfasst. Es handelt sich hierbei nämlich um schulextern entwickelte Aufgabenstellungen.<br />

Deswegen können Unterschiede zwischen den Schulen nicht mehr auf deren unterschiedliche<br />

Anforderungsniveaus zurückgeführt werden.<br />

Dementsprechend ist es im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich e<strong>in</strong>facher, Kompetenzstufen<br />

verschiedener Länder <strong>und</strong> Bildungssysteme nebene<strong>in</strong>ander zu stellen; die Messung von<br />

Bildung gestaltet sich daher e<strong>in</strong>facher.<br />

Da <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> das Erreichen von Zertifikaten allerd<strong>in</strong>gs wesentlich für den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> das<br />

Karriereleben ist, wird dieserorts leider selten nach Kompetenzen aber stärker nach<br />

Besche<strong>in</strong>igungen gefragt. Für die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft wäre jedoch das<br />

Gegenteil von Nöten. Individuelle Kompetenzen sollten mehr denn je gefragt se<strong>in</strong>. Was<br />

nutzen formelle Besche<strong>in</strong>igungen auf dem Papier?<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!