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Vollversion (7.42 MB) - Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen

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Literatur 99<br />

blick zum aktuellen Stand des Nachhaltigkeitsdiskurses<br />

und stellt mit dem Titel „Politik der<br />

Nachhaltigkeit" deutlich heraus, wo dieser<br />

Diskurs momentan verhandelt wird.<br />

Kai-Uwe Hellmann, Berlin<br />

Besprochene Literatur:<br />

Karl-Werner Brand (Hg.) 2002: Politik der<br />

Nachhaltigkeit. Voraussetzungen, Probleme,<br />

Chancen - eine kritische Diskussion. Berlin:<br />

edition sigma.<br />

ta<br />

Selbstpädagogisierung<br />

einer Protestbewegung<br />

Ursprünglich ist die Dritte-Welt-Bewegung<br />

entstanden, um den Zustand der Welt anzuprangern,<br />

wenn nicht gar zu verändern. Zum<br />

bevorzugten Medium der Protestbewegung<br />

wurden pädagogisch gedachte Aktionen und<br />

Kampagnen. Schließlich war das soziale Problem<br />

pädagogisiert und die Dritte-Welt-Bewegung<br />

wurde damit paradoxer Teil des Erziehungs-<br />

und Gesellschaftssystems, das umzuwälzen<br />

sie angetreten war. Dies ist der zentrale<br />

Gedankengang einer Dissertation, die am Fachbereich<br />

Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität<br />

Frankfurt erschienen ist. Die<br />

theoretischen Prämissen und den argumentativen<br />

Verlauf, die zu diesem erstaunlichen Befund<br />

führen, gilt es zu rekonstruieren.<br />

Zunächst stellt Matthias Proske die Frage, was<br />

der Terminus ,Pädagogisierung sozialer Probleme'<br />

begrifflich genau fasst und kommt unter<br />

Rekurs auf Tenorth (1992, 135) zu folgender<br />

Definition: „Gesellschaftliche Probleme<br />

dem ... pädagogischen Mechanismus (anzuvertrauen),<br />

der auf Lernen setzt statt auf Recht,<br />

Politik oder Gewalt." (9) Nach einem Uberblick<br />

über den Stand der Pädagogisierungsdiskussion<br />

in der Erziehungswissenschaft er­<br />

läutert Proske, warum ihm das ,Theorieangebot<br />

Systemtheorie' geeignet scheint, um die zu<br />

behandelnde Problematik zu fassen. Hier verweist<br />

der Autor konsequenterweise auf die<br />

Arbeiten Luhmanns, besonders auf „Die Gesellschaft<br />

der Gesellschaft" (1997). Danach<br />

sind Protestbewegungen enorm wichtig: Die<br />

moderne Gesellschaftsform ist bereits insofern<br />

eine Paradoxie, als sie generalisierte Werte<br />

wie Gleichheit oder Gerechtigkeit verspricht,<br />

diese jedoch aufgrund ihrer funktionalen<br />

Ausdifferenziertheit kaum einlösen kann.<br />

Dies fordern jedoch Protestbewegungen, die<br />

selbst wiederum eine Paradoxie darstellen, weil<br />

sie „Protest der Gesellschaft (und nicht irgendwelcher<br />

außerhalb der Gesellschaft stehender<br />

Akteure) gegen die Gesellschaft" (Luhmann<br />

1997: 848) sind. Sie übernehmen die Kommunikation<br />

universeller Moralvorstellungen, für<br />

die es in modernen Gesellschaften weder eine<br />

zentrale Instanz noch einen dafür verantwortlichen<br />

Teilbereich gibt.<br />

Vehikel ,Moral'<br />

Nach den Prolegomena widmet sich Proske seiner<br />

Fallstudie, rekonstruiert den ,casus Dritte-<br />

Welt-Bewegung'. Bevor es zu dieser Bewegung<br />

kommen konnte, musste zunächst die ,Dritte<br />

Welt' zum .kommunikativen Ereignis' (87) werden,<br />

um als soziales Problem gesellschaftlich<br />

wahrgenommen zu werden. Proske weist nach,<br />

wie dies durch Aktivitäten etwa der Gmppe der<br />

77 oder der Blockfreienbewegung geschah. Die<br />

politische Reaktion einer differenzierten Gesellschaft<br />

wie der Bundesrepublik auf das .soziale<br />

Problem Dritte Welt' hieß Entwicklungspolitik.<br />

Ihre Instrumente (z.B. das Bundesministerium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit) dienten<br />

dazu, das Problem aus der Perspektive und<br />

somit auf der Grundlage der Eigeninteressen<br />

der Bundesrepublik zu bearbeiten, so betont der<br />

Autor. Gegen Formen und Ziele dieser staatlichen<br />

Entwicklungspolitik wiederum opponierte<br />

die Dritte-Welt-Bewegung.

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