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Vollversion (7.42 MB) - Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen

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86 <strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 15, Heft 4, 2002<br />

gung befasst. Zunächst stellten Stefan von Bandemer<br />

und Josef Hilpert Ansätze für Effizienz<br />

und Wachstum aus der Gesundheitsreform vor.<br />

Demnach sei die Gesundheitswirtschaft weniger<br />

als Kostenfaktor, sondern eher als Zukunftswirtschaft<br />

mit großem Innovationspotential zu<br />

werten, so der Tenor des Vortrages. Ermöglicht<br />

werde dies im Rahmen der Ressourcenmobilisierung,<br />

innerhalb derer auch das Selbstmanagement<br />

der Patienten zu einem neuen<br />

Welfare Mix beitrage. Dazu notwendig sei ein<br />

regulativer Rahmen, der beispielsweise die Einführung<br />

einer privaten Zusatzversicherung, ähnlich<br />

wie sie die Riester-Rente für die Rentenpolitik<br />

vorsieht. Sozialstaatlich flankiert würde<br />

diese über eine gesundheitspolitische Grundversorgung,<br />

deren Definition von Bandemer<br />

und Hilpert für unproblematisch hielten.<br />

Auch im Mittelpunkt des Vortrages von Hans<br />

J. Hoch (stellvertretend für die Mitautoren Thomas<br />

Klie und Paul-Stefan Roß) stand die Gewährleistung<br />

von sozialer Sicherheit durch neue<br />

Welfare Modelle. Dies erfordert einen Perspektivenwechsel<br />

von sozialer Sicherheit, so<br />

dass zivilgesellschaftliche Initiativen vermehrt<br />

in den Blick geraten. Beispiele einer Sozialpolitik<br />

,von unten' aus dem vertikalen Landesnetzwerk<br />

Bürgerschaftliches Engagement unter<br />

Ägide des Sozialministeriums Baden-<br />

Württemberg sind Ubergänge von Statuspassagen,<br />

beispielsweise in den Ruhestand, von<br />

Orientierungsphasen, wie bei bildungsbenachteiligten<br />

Jugendlichen oder von Lebensphasen<br />

desintegrierter Menschen, wie den Obdachlosen.<br />

Diese zivilgesellschaftlichen Initiativen<br />

werden durch bürgerschaftliche Projekte initiiert<br />

und begleitet. Solche ,basalen Initiativen<br />

der sozialen Strukturbildung' schaffen nach<br />

Hoch neue Kleinsysteme sozialer Netze zur<br />

Produktion sozialer Sicherheit.<br />

Die verbandliche Organisation von Wohlfahrt<br />

wird im Kontext der Entstaatlichungsdebatte<br />

im letzten Referat von Ingo Bode als Transformation<br />

von Staatlichkeit anhand der Caritas<br />

vorgestellt. Demnach sehen sich die Wohlfahrtsorganisationen<br />

dem Problem der Pluralisierung<br />

des Bezugsmilieus gegenüber. Entsprechend<br />

der sich neu entwickelnden Märkte der<br />

Auftrags-, Dienstleistungs- und Zivilmärkte<br />

bedürften die Wohlfahrtsorganisationen einer<br />

Strategie der Markteinpassung, so Bode.<br />

Wie beim ersten Themenkomplex, war auch die<br />

letzte Vortragsserie Anlass für eine rege Diskussion.<br />

So gab der Soziologe Kaufmann, Mitbegründer<br />

der Sektion Sozialpolitik, die einfache<br />

aber inhaltsschwere Frage an Hoch zu bedenken,<br />

was denn im Kontext zivilgesellschaftlicher<br />

Initiativen unter ,sozialer Sicherung' zu<br />

verstehen sei. Auch die von den Referenten von<br />

Bandemer und Hilpert als unproblematisch eingestufte<br />

,Definition' gesundheitlicher Grundsicherung<br />

stieß auf regen Widerspruch.<br />

Resümierend zeigte wieder einmal mehr die<br />

Sitzung der Sektion Sozialpolitik, dass zwar<br />

Raum für innovative Ideen, wie der Riester-<br />

Rente im Bereich der Gesundheitspolitik oder<br />

dem Vorschlag, bürgerschaftliches Engagement<br />

als Ersatz für sozialstaatliche Sicherung zu interpretieren,<br />

Raum gegeben wird, die Mitglieder<br />

der Sektion dennoch ihr kritisches Reflektionsvermögen<br />

und ihre an praktischen Fragen<br />

orientiertes Verständnis von Sozialpolitik vehement<br />

zu vertreten verstehen. Nicht jeder sich<br />

aufzeigende neue Spielraum zur sozialpolitischen<br />

Gestaltung ist zugleich nutzbar zu machen,<br />

noch ist er zugleich als wünschenswert<br />

zu betrachten. Die Deutsche Gesellschaft für<br />

Soziologie kann somit, auch wenn die Sozialpolitik<br />

nicht unbedingt ein originäres soziologisches'<br />

Thema darstellt, mit dem Stand der<br />

Theoriebildung und dem Niveau der Debatte<br />

der Sektion mehr als zufrieden sein.<br />

Christina Stecker, Münster

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