Vollversion (7.42 MB) - Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen
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Editorial 5<br />
Atomausstieg betrachtet, denn das Atomkraftwerk<br />
hat die vereinbarte durchschnittliche<br />
Laufzeit von 32 Jahren Ende 2002 bereits um<br />
zwei Jahre überschritten. In ihrer umweltpolitischen<br />
Gesamtbewertung des neuen Koalitionsvertrages<br />
kommt die BUND-Vorsitzende<br />
Angelika Zähmt zu dem Urteil: „Der Koalitionsvertrag<br />
ist zwar grün angehaucht, ein Umweltsiegel<br />
können wir jedoch nicht dafür vergeben"<br />
(BUND 2002).<br />
Nicht nur auf der inhaltlichen, auch auf der<br />
Ebene von Einfluss- und Mobilisierungsmöglichkeiten<br />
der Umweltbewegung bleibt das<br />
Resümee gemischt. So könnte mit dem Atomkonsens<br />
die Mobilisierbarkeit des Atomthemas,<br />
das in der deutschen Umweltbewegung<br />
ein so dominantes Thema ist, einen Rückschlag<br />
erlitten haben. Die im Vergleich zu 1997 eher<br />
geringe Beteiligung an den Castor-Protesten<br />
im November 2002 deutet in diese Richtung.<br />
Ob diese Vermutung langfristig Bestand hat,<br />
wäre mit weiteren Analysen zu klären.<br />
Auch die Frage, ob mit der grünen Regierungsbeteiligung<br />
die Umweltorganisationen tatsächlich<br />
größeren Einfluss auf die Bundespolitik<br />
haben oder ob im Vergleich zu den CDU-Umweltminister/innen<br />
Klaus Töpfer und Angela<br />
Merkel die Zugangs- und Einflusschancen im<br />
Wesentlichen unverändert sind, bleibt zu klären.<br />
Schließlich hat sich die Entfernung der<br />
grünen Partei von den neuen sozialen <strong>Bewegungen</strong><br />
fortgesetzt; die Grünen betrachten sich<br />
mittlerweile als ,normale Partei'. Auch in diesem<br />
Fall haben sich die ehemaligen Herausforderer<br />
etabliert.<br />
3 AkteureundDiskursederUmweltpolitik<br />
- Eine Bestandsaufnahme<br />
Vor sechs Jahren hatte das <strong>Forschungsjournal</strong><br />
<strong>Neue</strong> <strong>Soziale</strong> <strong>Bewegungen</strong> eine „Bilanz der<br />
Umweltbewegung" (Heft 4/1996) präsentiert.<br />
Aus heutiger Sicht kann es nicht um ein Resümee<br />
einer abgeschlossenen Bewegung gehen,<br />
das wäre verfrüht. Doch es ist deutlich, dass<br />
der Blick breit auf Akteure und Diskurse der<br />
Umweltpolitik gerichtet sein muss.<br />
Peter H. Feindt präsentiert in seinem Beitrag<br />
einen historischen Abriss des Umweltdiskurses.<br />
Dabei wird deutlich, wie aus der Konfrontation<br />
zwischen Umweltbewegung und einer<br />
weitgehend ablehnenden Front aus Wirtschaft<br />
und Politik in der Zwischenzeit ein inklusiver,<br />
breiter Diskurs um ökologische Modernisierung<br />
und Nachhaltigkeit geworden ist. Der<br />
diskursanalytische Blick zeigt nicht allein den<br />
Abbau der Konfrontation, sondern weist auch<br />
auf politische Probleme hin, die aus einem<br />
Nachhaltigkeitsdiskurs resultieren, der alle<br />
Akteure und Personen aufnehmen kann, ohne<br />
zu konträren Positionen und Kontroversen um<br />
den richtigen Weg zu zwingen.<br />
Der Blick auf die Umweltbewegung und ihre<br />
Organisationen reicht für eine Betrachtung des<br />
Wechselspiels von Politik und Zivilgesellschaft<br />
im Umweltbereich nicht mehr aus, er hat sich<br />
aber auch nicht erledigt. Jochen Roose und<br />
Dieter Rucht fragen in ihrem Artikel nach der<br />
Unterstützung der Ökologiebewegung. Dafür<br />
fragen sie nach verschiedenen Arten der Unterstützung<br />
und diskutieren einige Aspekte,<br />
die Hinweise auf die zukünftige Entwicklung<br />
der Bewegung geben können. Christopher<br />
Rootes betrachtet die deutsche Umweltbewegung<br />
im europäischen Vergleich. Daten aus<br />
einem Projekt zu Umweltbewegungen in sieben<br />
Mitgliedsländern der EU machen es möglich,<br />
die Entwicklung der Umweltproteste in<br />
den Ländern zu vergleichen. Insbesondere die<br />
nationalen Besonderheiten werden durch diese<br />
Gegenüberstellung deutlich.<br />
Die Lokale Agenda 21 steht im Vordergrund<br />
des Beitrages von Kristine Kern, Claudia Koll<br />
und Malte Schophaus. Deutschland gehört zu<br />
den Nachzüglern, wenn es um die Initiierung<br />
von Diskussionsprozessen zur Erarbeitung einer<br />
Nachhaltigkeitsstrategie geht. Im internationalen<br />
Vergleich aber auch im Vergleich der<br />
Bundesländer können die Autorinnen deutlich