Vollversion (7.42 MB) - Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen
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Die Lokale Agenda 21 45<br />
Ein weiterer interessanter und häufig diskutierter<br />
Aspekt der LA 21 ist die Beteiligung<br />
gesellschaftlicher Gruppen. Auf der Ebene der<br />
Kommunen hängt der Erfolg der derzeitigen<br />
Beteiligungsverfahren stark von der Vernetzung<br />
der LA 21-Prozesse mit den Entscheidungsträgern<br />
im Gemeinderat ab. Das Problem<br />
liegt weniger bei den Agenda-Prozessen<br />
vor, die von der Politik und Verwaltung<br />
angestoßen wurden (etwa in Hamburg).<br />
Allerdings sind solche ,top-down'-Prozesse<br />
in der Regel kaum in der Bevölkerung verankert.<br />
Bei ,bottom-up'-Prozessen aber, wie sie<br />
etwa in vielen Berliner Bezirken zu beobachten<br />
waren, sind die von unten organisierten<br />
Beteiligungsprozesse häufig gescheitert, weil<br />
die Kooperation mit den gewählten Entscheidungsträgern<br />
nicht reibungslos funktionierte.<br />
Beteiligungsprozesse sind auf das Wohlwollen<br />
der Gemeinderäte angewiesen, da sie systematisch<br />
mit dem Konsensprinzip verknüpft<br />
sind. Ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinderäten<br />
gestört oder werden umstrittene Themen<br />
verhandelt, kommt es zum Dissens und<br />
in der Regel zum Abbruch des Verfahrens. Da<br />
die bottom-up-organisierten Agenda-Aktivisten<br />
in der Regel über keine politischen Druckmittel<br />
verfügen (Masse an Beteiligten, Öffentlichkeit),<br />
können kaum konträre Ideen und<br />
Interessen durchgesetzt werden (Schophaus<br />
2001).<br />
Schließlich haben gesellschaftliche Handlungskapazitäten<br />
Auswirkungen auf den Erfolg Lokaler<br />
Agenda-Prozesse, insbesondere im Ost-<br />
West-Vergleich. Nach der neusten Studie zum<br />
Umweltbewusstsein in Deutschland (Kuckartz/<br />
Gronenberg 2002) ist der Bekanntheitsgrad des<br />
Begriffes .Nachhaltigkeit' sprunghaft gestiegen:<br />
Waren es im Jahr 2000 13 Prozent der<br />
Bevölkerung, die schon einmal etwas von dem<br />
Begriff gehört hatten, konnten 2002 bereits 28<br />
Prozent (Ost: 23 Prozent, West: 29 Prozent)<br />
etwas damit verbinden. Umfrageergebnisse zur<br />
Bekanntheit der Lokalen Agenda liegen<br />
deutschlandweit nicht vor. Eine Umfrage in<br />
vier Berliner Stadtbezirken aus dem Jahr 2000<br />
ergab, dass nur 16 Prozent der befragten Bürger<br />
von der LA 21-Initiative in ihrem Stadtbezirk<br />
gehört hatten (de Haan et al. 2000).<br />
Während die Zivilgesellschaft und ihre Akteure<br />
(Verbände, Vereine etc.) sich in Westdeutschland<br />
über einen längeren Zeitraum entwickeln<br />
konnten, sind viele ostdeutsche Organisationen<br />
erheblich jünger. Günstig hingegen wirkt<br />
sich in den neuen Bundesländern aus, dass es<br />
Erfahrungen mit den Runden Tischen der Wendezeit<br />
sowie mit der Kooperation zwischen<br />
vielfältigen Akteuren (z.B. Beschäftigungsinitiativen)<br />
gab.<br />
Während in Schweden oder Großbritannien der<br />
Agenda-Transfer bereits zu einem frühen Zeitpunkt<br />
durch die nationalen Städte- und Gemeindeverbände<br />
übernommen wurde, entstanden<br />
in Deutschland Transferstellen in den Länderministerien,<br />
aber auch ganz neue Organisationen<br />
wie CAF/Agenda-Transfer 7<br />
in NRW.<br />
Dies bedeutet, dass in Deutschland Institutionen<br />
auf der Länderebene entstanden sind, die<br />
für den Agenda-Transfer wichtiger sind als die<br />
Städte- und Gemeindeverbände, die in anderen<br />
Ländern dominieren.<br />
Mittlerweile wurden auch in Ostdeutschland<br />
solche Stellen eingerichtet. So hat Thüringen<br />
beispielsweise eine gut ausgestattete Transferstelle<br />
(mit drei Regionalstellen). In Brandenburg<br />
und Sachsen-Anhalt (den Schlusslichtem<br />
unter den deutschen Bundesländern im Hinblick<br />
auf den Anteil an Lokalen Agenden) gibt<br />
es dagegen fast keine politische und finanzielle<br />
Unterstützung für Agenda-Prozesse.<br />
2002 wurde die .Bundesweite Servicestelle<br />
Lokale Agenda' geschaffen. Sie soll als Dialogplattform<br />
und Dienstleister für alle im