29.10.2013 Aufrufe

Als PDF-Datei herunterladen - Ärztblatt Sachsen-Anhalt

Als PDF-Datei herunterladen - Ärztblatt Sachsen-Anhalt

Als PDF-Datei herunterladen - Ärztblatt Sachsen-Anhalt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

© Photographer: Jens Görlich - © CGI: MO CGI GbR - © conditions: worldwide, unlimited, no advertising<br />

Notfall an Bord<br />

eines Linienflugzeugs<br />

Was dürfen wir erwarten, was sollten wir tun?<br />

Jürgen Graf, Uwe Stüben<br />

Die zivile Luftfahrt hat in den letzten fünf Jahrzehnten technisch,<br />

infrastrukturell und logistisch eine atemberaubende<br />

Entwicklung genommen, wodurch sich auch die Wahrnehmung<br />

kontinentaler und interkontinentaler Flugreisen in den<br />

industrialisierten Ländern fundamental verändert hat: von<br />

einem kostspieligen Abenteuer für einige wenige Wagemutige<br />

(und Wohlhabende) in den 1940er oder 1950er Jahren<br />

hat sich die Luftfahrt zu einem alltäglichen Verkehrsmittel<br />

für nahezu alle Bevölkerungsteile entwickelt. Gegenwärtig<br />

werden durch die zivile Luftfahrt mehr als zwei Milliarden<br />

Passagiere pro Jahr transportiert, mit kontinuierlich steigender<br />

Tendenz.<br />

Obwohl die zivile Luftfahrt operationell für die Passagiere als<br />

außerordentlich sicher betrachtet werden kann, kommt es an<br />

Bord von Verkehrsflugzeugen immer wieder zu medizinischen<br />

Zwischen- und Notfällen, die einen oder mehrere der<br />

Passagiere betreffen. Ärzte, die an Bord eines Flugzeuges<br />

einen Notfall betreut haben, beschreiben dies oft als besondere<br />

Herausforderung, obwohl sie in ihrer eigenen Praxis,<br />

Klinik oder im ärztlichen Notdienst vergleichbare medizinische<br />

Fälle und Patienten jederzeit souverän betreuen. Dies<br />

liegt sicherlich auch an den besonderen Umgebungsbedingungen:<br />

Flugzeuge sind eng, laut und isoliert, d.h. das Stethoskop<br />

als diagnostisches Werkzeug ist zwar oft vorhanden,<br />

meist aber faktisch unbrauchbar, einen Passagier bzw. Patienten<br />

vernünftig zu untersuchen oder gar in eine liegende<br />

Position zu verbringen, gestaltet sich wegen der räumlichen<br />

Gegebenheiten äußerst schwierig und zusätzliche Hilfe oder<br />

Expertise hinzuzuziehen beschränkt sich auf die mitreisenden<br />

Passagiere oder ein Telefonat mittels Satellitentelefon. Hinzu<br />

kommen mitunter sprachliche Barrieren und die Unsicherheit<br />

hinsichtlich haftungsrechtlicher Aspekte.<br />

Viele der Befürchtungen und Verunsicherungen von Ärzten<br />

an Bord beruhen auf Missverständnissen und unzureichenden<br />

Kenntnissen hinsichtlich dessen, was an Bord eines<br />

Flugzeuges erwartet werden darf und was geleistet werden<br />

kann – und was nicht. Im Folgenden werden deshalb die<br />

besonderen Rahmenbedingungen der zivilen Luftfahrt, die<br />

medizinische Ausstattung an Bord sowie die sich daraus<br />

ergebenden Handlungsmöglichkeiten kurz dargestellt.<br />

Besonderheiten der Umgebung<br />

Düsenstrahl-getriebene Verkehrsflugzeuge bewegen sich in<br />

einer Reiseflughöhe von etwa 32.000 bis 42.000 Fuß<br />

(entsprechend ca. 10.000 bis 14.000 m) mit einer Außentemperatur<br />

zwischen -52 und -60°C, weshalb eine isolierende<br />

Druckkabine notwendig ist. Aus verschiedenen<br />

Gründen entspricht der Kabinendruck in der zivilen Luftfahrt<br />

mindestens dem Luftdruck in 8.000 Fuß Höhe, d.h. 753 hPa,<br />

und nicht dem Luftdruck auf Meeresspiegelniveau (1.013<br />

hPa). Die Abnahme des Luftdrucks zwingt uns einige physiologische<br />

Besonderheiten in der Flugmedizin zu beachten,<br />

die direkt mit den physikalischen Gesetzmäßigkeiten nach<br />

Boyle-Mariotte, Dalton und auch Henry in Zusammenhang<br />

stehen.<br />

Das Gasgesetz nach Boyle-Mariotte besagt, dass sich Gase<br />

bzw. Gasgemische in ihrem Volumen umgekehrt zum<br />

Umgebungsluftdruck verhalten. D.h., die Abnahme des<br />

Umgebungsluftdrucks führt zur Ausdehnung gas- oder lufthaltiger<br />

Kompartimente, wie z.B. der Nasennebenhöhlen<br />

und Stirnhöhlen, aber auch von artifiziellen Lufteinschlüssen<br />

wie z.B. nach Abdominaloperation oder intrakraniellem<br />

Eingriff.<br />

Ärzteblatt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 22 (2011) 4 27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!