Inhalt IPD_1_2008 - Kirchenmusik im Erzbistum Paderborn
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Im Blickpunkt<br />
sen sich wandelnden Vogelgesänge.<br />
In diesem Zusammenhang muss erwähnt<br />
werden, dass Messiaen in einem<br />
Gespräch mit Brigitte Massin<br />
bekannte, er neige zu der Annahme,<br />
dass <strong>im</strong> 20. Jahrhundert „lediglich die<br />
elektro-akustische Musik wirklich<br />
eine neue D<strong>im</strong>ension eröffnet“ und<br />
ihn gelehrt habe, „dass es keine wirkliche<br />
Grenzlinie zwischen Musik und<br />
Geräusch gibt. Und vor allem, dass<br />
das Geräusch Musik sein kann“:<br />
Ich habe mit Leidenschaft den Wellen des<br />
Meeres, den Wasserfällen und Sturzbächen <strong>im</strong><br />
Gebitge und allen Geräuschen des Wassers<br />
und des Windes gelauscht; und ich möchte<br />
hinzufügen, dass ich keine Grenze ziehe zwischen<br />
Geräusch und Klang: Alles stellt für mich<br />
gleichermaßen Musik dar.<br />
*<br />
Spätestens bei Messiaens Ausführungen<br />
zur Harmonik dürfte deutlich geworden<br />
sein, dass er die sinnliche<br />
Welt nicht asketisch meidet, <strong>im</strong> Gegenteil:<br />
Messiaen hat drei „Tristan“-<br />
Werke geschrieben: Harawi, ein Liederzyklus<br />
für Sopran und Klavier, Cinq<br />
Rechants, ein Chorwerk, und als<br />
Zentralwerk die große Turangalîla-<br />
Symphonie. Messiaen versteht den<br />
Tristan-Mythos als „Symbol für jede<br />
große Liebe“, einer schicksalhaften<br />
12<br />
Liebe“, einer „unwiderstehlichen Liebe,<br />
einer Liebe die <strong>im</strong> Prinzip tödlich<br />
endet und die bis zu einem gewissen<br />
Grad den Tod herbeisehnt, weil es<br />
sich um eine Liebe handelt, die das<br />
Körperliche, ja selbst unsere geistigen<br />
Fähigkeiten übersteigt und eine kosmische<br />
D<strong>im</strong>ension erreicht.“ Auf die<br />
Frage Claude Samuels, ob es „nicht<br />
einen Widerspruch zwischen diesem<br />
Begriff der menschlichen Liebe und“<br />
seinem „religiösen Glauben“ gebe,<br />
antwortet Messiaen:<br />
Aber nein, denn diese sehr starke Liebe ist ein<br />
Widerschein, ein schwacher Widerschein, aber<br />
nichts desto weniger ein Widerschein der einzig<br />
wirklichen Liebe, der göttlichen Liebe.<br />
Die große Turangalîla-Symphonie ist<br />
ein wahrhaft orgiastischer Hymnus<br />
auf die sinnliche Liebe. Der melodische<br />
Reichtum, den klangliche Glanz<br />
und sinnlichen Zauber der<br />
Turangalîla-Symphonie wurde allerdings<br />
von vielen nicht geschätzt. In<br />
einer von Heino Lüdicke für den Berliner<br />
Kurier verfassten Kritik hieß es:<br />
Es ist ein monströses Gebilde, worin eine<br />
effekthascherische Klangregie aus Stilmischmasch<br />
von Puccini bis zum Jazz, Naivität<br />
und Lärm an die Stelle wirklicher symphonischer<br />
Substanz tritt. Je länger die anmaßend