Inhalt IPD_1_2008 - Kirchenmusik im Erzbistum Paderborn
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Im Blickpunkt<br />
musst menschlich gewesen sein; wenn du<br />
noch lebst, muss du die Elenden aufnehmen!<br />
Du, du bist unser Vater, der du bist <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel,<br />
wenn es einen H<strong>im</strong>mel gibt. Gott ist dumm<br />
und grässlich in seinem unendlichen Gleichmut;<br />
du allein bist der gute Gott für die Seelen<br />
der Künstler; n<strong>im</strong>m uns an deinen Busen, Vater<br />
umarme uns! De profundis ad te clamo.<br />
Berlioz’ Zuflucht ist allerdings, um<br />
Messiaens Worte noch einmal zu gebrauchen,<br />
die in eine „theatralische<br />
Fiktion“. Für Messiaen dagegen ist<br />
Shakespeares Kunst lediglich ein,<br />
wenn man es einmal so formulieren<br />
darf, religiöses Propädeutikum. So tief<br />
greifend die Eindrücke auch waren,<br />
die der Komponist durch seine Mutter<br />
und Shakespeare empfing, zu einem<br />
best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt gingen sie<br />
endgültig auf <strong>im</strong> größeren Ganzen<br />
des katholischen Glaubens. Nachdem<br />
ihn dessen Wahrheit ergriffen hatte,<br />
wollte Messiaen nur noch eins,<br />
„expr<strong>im</strong>er le merveilleux de la foi“.<br />
Das erklärt auch, warum die Namen<br />
Sauvage und Shakespeare nur in den<br />
Kindheitserinnerungen des Komponisten<br />
einen großen Raum einnehmen,<br />
dann aber nahezu vollständig verschwinden.<br />
In den an Andeutungen<br />
und Hinweisen überaus reichen Kommentaren<br />
des so zitierfreudigen Komponisten<br />
taucht der Name der Mutter<br />
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nie wieder auf, geschweige denn,<br />
dass - mit einer Ausnahme - eines ihrer<br />
Gedichte vertont oder einer ihrer<br />
Verse als Motto zu einem Werk verwendet<br />
würde. Durch die sinnlich erfahrbare<br />
Welt hindurch führt<br />
Messiaens Weg Schritt für Schritt hin<br />
zu Gott. Ihn wird er mit Vogelst<strong>im</strong>men,<br />
mit komplexen rhythmischen<br />
Operationen und einer alle Farben<br />
des Regenbogens widerspiegelnden<br />
Musik rühmen. Hierin liegen aber<br />
auch, wie Messiaen selbst sagt, die<br />
vier Tragödien seines Lebens begründet:<br />
Die erste besteht darin, dass ich als gläubiger<br />
Musiker über den Glauben zu Atheisten spreche.<br />
Wie sollen sie mich verstehen? Meine<br />
zweite Tragödie ist, dass ich Ornithologe bin<br />
und über die Vögel zu Menschen spreche, die<br />
in Städten leben, zu Menschen, die niemals<br />
um vier Uhr morgens aufgestanden sind, um<br />
dem Erwachen der Vögel auf dem Lande zu<br />
lauschen. Sie sehen hässliche Tauben auf den<br />
Straßen und Spatzen in den Grünanlagen, aber<br />
sie wissen nicht, was ein Vogelgesang ist. Und<br />
hier nun meine dritte Tragödie: Wenn ich Klänge<br />
höre, sehe ich geistig Farben. Ich habe das<br />
öffentlich gesagt, ich habe es vor den Kritikern<br />
wiederholt, ich habe es meinen Schülern erklärt,<br />
aber niemand schenkt mir Glauben. Ich<br />
kann noch so reichlich Farben in meiner Musik<br />
verwenden, die Zuhörer hören, aber sie sehen<br />
nichts. Was meine vierte Tragödie betrifft, so<br />
ist sie weniger schl<strong>im</strong>m, sie beruht lediglich