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Allen Menschen guten Willens<br />
Die Musik eines Orchesters täuscht mich. Der Kinderchor<br />
spielt ein Spiel, wo das Böse verliert, täglich begleitet es eine<br />
Dame am Klavier und viele Leute umher sterben. Tante Trude<br />
und Onkel Otto machen sich fertig. Es erwartet sie eine lange<br />
dreitägige Reise in den Osten mit der Zielstation Ausschwitz.<br />
Sie wissen es noch nicht... Die Oma und Opa vom Vater sind<br />
schon hingefahren.<br />
Auch die Mutter und der Vater haben sich für die Reise<br />
vorbereitet. Die Leute umher sagten: „Fahren Sie, den Leuten<br />
geht es dort gut, Hitler gab euch die ganze Stadt im goldenen<br />
Streifen Böhmens mit dem Namen Terezín.“ Der Vater mit der<br />
Mutter haben überlebt, Otto und Truda, der Opa, die Oma und<br />
weitere 22 aus unserer Mischpoche hatten das Glück nicht. Sie<br />
endeten im Straßenstaub und Schornsteinrauch der polnischen<br />
Städte.<br />
An der Wand des Museums Schoa in Liberec ist ein Lichtstrahl<br />
an den Namen der Cousins, Cousinen, Tanten und Onkel<br />
und sämtlicher Omas und Opas, die ich je hatte. Der Lichtstrahl<br />
begleitet sie auf dem Weg mit dem Davidstern an der<br />
Brust, von wo sie nie wieder zurückkehren werden.<br />
Es fuhr niemals ein Zug zurück, nur der, der sie in einem<br />
vornehm mit Holz vertäfelten Abteil weggebracht hat. Sie fuhren<br />
drei Tage wie eine vornehme Gesellschaft zur Rampe in<br />
Auschwitz, wo sie der Gott und Teufel in einer Person begrüßte.<br />
Doktor Mengele, weißer Kittel über der Uniform, wie eine<br />
Dame mit der Sense hat er entschieden, wer vielleicht überleben<br />
wird: nach rechts, nach links. Wohin gehen, wen ermorden,<br />
wen jetzt gerade verbrennen...