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Holz<br />
Den Opa von meiner Frau kannte ich nicht mehr. Er war Tischler<br />
in Horní Hanychov, dort, wo unterhalb vom Jeschken<br />
vor dem Krieg so viele Tschechen wohnten, dass sie im Dorf<br />
einen eigenen Bürgermeister hatten. Die Tschechen lebten eng<br />
zusammen. Sie spielten Amateurtheater, sangen im Chor, turnten,<br />
tranken in tschechischen Kneipen. Der Opa Polejů war<br />
ein Holzfachmann und das Holz spielte in seinen Händen ein<br />
Solostück. Ich habe nur noch das Holz angetroffen, das er zum<br />
Beispiel zur Kaffeemühle umgewandelt hat, die er mit Messing<br />
und noch anderem Holz bestückte. Man nennt es eine Intarsie<br />
und es ist ein Erlebnis, es anzuschauen. Als ob das Holz<br />
sprechen würde. Und dann sah ich sein Schlafzimmer und die<br />
Küche. Er hat sie selbst gemacht. Es war ja auch nicht möglich,<br />
dass er etwas aus Holz bei anderen kaufen würde. Und dazu all<br />
die Uhren, Blumenkästen für Fenster und Kochlöffel, Rührer,<br />
Gabeln.<br />
Danach habe ich das Werkzeug in die Hand bekommen, mit<br />
dem er all das geschaffen hat. Werkzeug? Nein. Heute arbeiten<br />
am Werkzeugdesign ganze Ateliers. Dieses habe ich noch nie<br />
in meinem Leben gesehen und in der Hand gehalten. Werkzeuge<br />
wie eine Geige oder Violine, und da könnte man noch<br />
blumiger werden. Er hat sie selbst hergestellt und sie passten in<br />
seine Hände voller Schwielen, wie wenn man sagt, wie der Dill<br />
in die Dillsoße. Auch nach Hundert Jahren war das Werkzeug<br />
voll funktionsfähig, scharf, genau und perfekt. Man würde heute<br />
sagen, ergonomisch, funktionell und schön, einfach.<br />
Ich habe eine Vitrine voll mit seinen Werkzeugen, gleich neben<br />
dem Porzellan aus Meißen und Stará Role. Ich habe ein<br />
Stück echter Kunst eines Tischlers, der Wunder vollbrachte. An