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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 79 / 23. 12. 2009 ÖJ-Reisetip Fasnacht in Tirol 2010 finden gleich drei der ältesten und bodenständigsten Fasnachten Tirols statt, eine Besonderheit, die sich aufgrund der Jahresrhythmen der Fasnachten nur alle 60 Jahre ergibt. 71 Foto: Fisser Blochziehen In Köln feiern die Jecken, in Rio tanzen die Amazonen – und in Fiss treibt der »Bajatzl« seinen Schabernack. Das »Fisser Blochziehen« ist einer der berühmtesten Fasnachtsbräuche im Alpenraum Die Fasnachten finden im Drei-, Vieroder Fünfjahres-Rhythmus statt, weshalb sich die Vorfreude gehörig aufbaut. Denn wenn in einem Dorf inTirol die traditionelle Fasnacht ansteht, ticken die Uhren anders und die Menschen ganz besonders. Die monatelange Vorbereitung der Fasnacht vereint Alt und Jung, alle helfen zusammen, um dieses Großereignis auf die Beine zu stellen. Sogar jene, die eben noch einen Streit auszutragen hatten, sind sich durch die Vorbereitungsarbeiten für die Fasnacht wieder milde gestimmt. Die positive Stimmung erfaßt das ganze Dorf – ein Phänomen, das selbst die Betroffenen immer wieder als Besonderheit empfinden. Fisser Blochziehen, 31. 01. 2010 Im Mittelpunkt des Fisser Blochziehens steht der Bloch – eine sechs Tonnen schwere und 30 m lange Zirbe. Dieser Baum wurde von Konrad Geiger, dem Fisser Waldaufseher, bereits letztes Jahr ausgesucht. Im Spätherbst, bevor es zuschneit, holen einige kräftige Männer und Burschen den „Bloch“ aus dem Fisser Almgebiet. Der Bloch wird gefällt, die Äste bleiben aber am Baum. Nur das Astwerk auf der Unterseite, das beim Blochziehen hinderlich ist, wird entfernt. Brechen Äste beim Transport ab, werden sie wieder sorgfältig angeschäftet. Der Gipfel muß auf jeden Fall unversehrt sein. Die Zirbe wird zum Kulturhaus geführt und dort „aufgeantert“ (auf Holzblöcken gelagert). Beim Blochziehen wird die Zirbe durch das Dorf bis zum Fonnesplatz gezogen. Dort wird der Baum vom Bürgermeister versteigert, der Erlös geht an den Verein der Blochzieher. Die Versteigerung des Blochs ist gleichzeitig das Ende des Festumzuges. Am Tag des Umzugs, um halb eins, laufen die Figuren des Fasnachtsbrauches auf: die Schallner, die Mohrelen und der Bajatzl ziehen durch das Dorf und künden dadurch den »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Beginn des Zuges an. Es ist dies gleichsam ein Wegaufmachen, ein Vertreiben der Dämonen und bösen Geister, bevor der Bloch kommt. Die Einteilung, wer den Baum an welcher Stelle zieht, erfolgt durch den Fuhrmann, der während des Blochziehens die Kommandos gibt. Die Bärentreiber und Mohrelen an die Deichsel, die Oberhexe in die Hütte, die Scheller (Schallner), Bauern und anderen Handwerker an die Querhölzer am Baum und der Schwoaftuifl ans Ende des Baumes, wo er immer wieder versucht, diesen durch „schrepfen“ (bremsen) zu stoppen. Frei um den Baum herum und auf den Hausdächern treibt der Bajatzl seine Späße. Das Fisser Blochziehen ist ein faszinierendes Spiel der Farben und Masken, ein ursprünglicher Ausdruck der Auseinandersetzung mit den gewaltigen Kräften der Natur und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Leben der bäuerlichen Bevölkerung in den Alpen. Alle vier Jahre findet die
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 79 / 23. 12. 2009 ÖJ-Reisetip 72 Foto: Ferienregion Tirolmitte Die überdimensionalen Hüte der Telfer Schleicherlaufen sind Attraktionen. aufwändige Fasnachtsveranstaltung in Fiss statt. http://www.blochziehen.at. Foto: TVB Mieminger Plateau & Fernpass-Seen Telfer Schleicherlaufen, 31.01.2010 Die Schleicher, die namengebenden Figuren des Schleicherlaufens in Telfs, sind prächtig gekleidete Gestalten mit einem monumentalen Hut auf Kopf. Sie sind mit Schellen behangen, die Kunst des Schleichers besteht darin, diese Schellen zur rechten Zeit erklingen zu lassen. Bis dahin schleichen sie – ihre Schellen dürfen nicht erklingen, bis sie zum Tanz ansetzen. Der Schleicherhut ist ein wahres Kunstwerk, er kann bis zu 8 kg wiegen und einen Meter oder mehr hoch sein! Jeder Schleicher legt seinen besonderen Stolz darin, den Hut geschickt zu tragen und zugleich kunstvoll zu hüpfen und zu tanzen. Die Hüte der Schleicher sind Attraktionen, denn lange wird an ihnen herumgebastelt und die Neuerungen sind streng geheim. Die Motive auf den Hüten kommen aus der Bauernwelt, aus dem Leben auf der Alm und in der Natur. Auch Sagen und Märchen spielen eine Rolle und finden Niederschlag auf den Hüten der Schleicher. Nur der „Vorderhupferhut“, der höchste Hut, bleibt immer gleich: Auf ihm ist immer eine Almhütte dargestellt. Der Schleichertanz steht im Mittelpunkt der Fasnacht. Wenn ein Schleicher tanzt, setzt er dabei den einen Fuß leicht und federnd vor den anderen. Danach muß seine Schelle anschlagen. Vor 1890 ertönten die Schellen ungleichmäßig. Jeder schüttelte sich in doppeltem Sprung nach Herzenslust. Seither macht der Schleicher einen einfachen Sprung. Schafft ein Schleicher gleichzeitig die doppelte Anzahl von Sprüngen, bringt ihm das den rühmlichen Namen „Doppler“ ein. Entsprechend sollen seine Schellen mit <strong>allen</strong> anderen Schleichern gleichmäßig genau zur selben Zeit erklingen, damit das mächtige „Tschalung“ der Glocken weit im Ort zu hören ist. http://www.schleicherlaufen.at »Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at Nassereither Schellerlaufen, 07.02.2010 Alle drei Jahre gehen die Nassereither in die Fasnacht und das nach alter Tradition. Diese gilt vielen Kennern der Fasnachtsszene als die Schönste, als die Imposanteste ob der bunten Kostüme und der gewaltigen Masken, in denen sich urgewachsenes Brauchtum und alte Tradition wiederspiegeln. Gerade die Nassereither Fasnacht ist in Farbenpracht und Kostümvielfalt nicht zu überbieten, was auf die lange Geschichte des Dorfes zurück zu führen ist: Nassereith liegt an der Via Claudia Augusta und im Dorf haben viele Händler Halt gemacht und so ihre Spuren hinterlassen. Die zentralen Figuren des Schellerlaufens sind, wie beim Imster Schemenlauf und beim Fisser Blochziehen, der Bär und der Bärentreiber. Ertönt der Ruf „Urio Bärio“ des Bärentreibers, beginnt das Herzstück der Nassereither Fasnacht. Der Treiber mit seiner grimmigen, hölzernen Maske verkörpert den Winter, der den Frühling – verkörpert durch den Bären – fest im Griff hat. In der einen Hand hält er einen mannshohen Haselnuß-Stock, in der anderen die Kette des Bären. Das Kostüm des Bären ist aus schwarzen Schafsfellen hergestellt. Durch das Maul des Bären kann der Darsteller seine Umgebung – wenn auch nur bruchstückhaft – erkennen. Begleitet werden die zwei vom so genannten Bären-Pfeifer – einem Mann mit einer kleinen Trommel sowie einer Pfeife, auf denen er ständig denselben Rhythmus spielt. Auch der Bären-Sammler ist dabei, er bemüht sich mit einem Klingelbeutel um ein wenig „Münzio“ für Bären und seinen Treiber. Der Bär widersetzt sich anfänglich den Anweisungen des Treibers, dieser aber bringt das wilde Tier schließlich sogar dazu, einem Purzelbaum zu schlagen. Nachdem dieser Kampf entschieden ist, beginnen Roller und Scheller, zwei weitere wichtige Figuren, sich wieder bemerkbar zu machen und die anderen Fasnachtsfiguren treten auf den Plan. • http://www.fasnacht-nassereith.at Der Treiber mit seiner grimmigen, hölzernen Maske verkörpert den Winter, der den Frühling – verkörpert durch den Bären – fest im Griff hat.
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