Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
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Damals wurde auch bei uns im Hause viel <strong>von</strong> Auswan<strong>der</strong>ung nach Amerika geredet; ob es 1899 o<strong>der</strong> ein bis<br />
zwei Jahre später war, kann ich nicht mehr sagen. Damals zog auch die Familie Dirn hinaus, <strong>von</strong> denen Michael<br />
und später Christian Hasenfratz Haus und Grund hatten. Von meinen eigenen Verwandten gingen Philipp<br />
<strong>Achtzehner</strong> 1900 o<strong>der</strong> 1901 hinaus, sein Bru<strong>der</strong> Andreas um 1904, beide Cousins meines Vaters, 1903 die<br />
Familie Johann Keiner, <strong>von</strong> <strong>der</strong> wir das Haus, in dem wir zuletzt wohnten, kauften. 1903 ging die Familie<br />
Jakob Tell, in <strong>der</strong>en Haus später <strong>der</strong> Stumme Johann Hüpfl wohnte; die Frau war meine Cousine. Noch vor<br />
ihnen ging Frau Tells Schwester Elisabetha mit ihrem Mann Josef Kovatsch hinaus, dann die Brü<strong>der</strong> Josef<br />
und Anton Flichel und Jakob Braun mit Frau Katharina geb. FlicheI, fünf Geschwister <strong>von</strong> Johann Flichel.<br />
Zwei <strong>von</strong> ihnen wurden Farmer, und zwar Josef Flichel und Schwager Braun. Anton Flichel hatte ein<br />
Schnei<strong>der</strong>geschäft. Alle waren in und um Regina, wo die Nachkommen heute noch leben.<br />
Die meisten gingen hinaus mit dem Vorsatz, Geld zu verdienen, um nach einigen Jahren heimkehren und<br />
sich etwas ankaufen zu können. So gingen manche zwei bis dreimal hinüber. Es zog sie zurück in die Heimat,<br />
dann wie<strong>der</strong> hinaus, aber keiner wollte das Heimatrecht verlieren.<br />
Viele unserer Kameraden lernten ein Handwerk und gingen dann hinaus. Michael Busch lernte Tischler<br />
bei Johann Knapp und ging, als er frei wurde, nach Amerika, Josef Schnei<strong>der</strong> lernte bei Andreas Fellinger<br />
Spengler und ging, Johann Braun und Johann Breuer lernten Schnei<strong>der</strong> und zogen um 1910 hinaus. Von<br />
ihnen kam Michael Busch nach dem I. Weltkrieg einmal auf Besuch in die Heimat.<br />
Mit ihnen und nach ihnen gingen viele junge Burschen hinaus, ebenso ganze Familien. Meist gingen sie ohne<br />
Paß. Sie fuhren bis Österreich o<strong>der</strong> Deutschland, wo sie <strong>von</strong> Agenten <strong>der</strong> Schiffahrtslinien in Empfang genommen<br />
und zum Schiff gebracht wurden. Wenn jemand um einen Paß nachsuchte, wurde er <strong>von</strong> den Behörden<br />
abgewiesen und beobachtet. So erging es einem jungen Mann, er hieß Josef o<strong>der</strong> Jakob Fellner. Er hatte vergeblich<br />
um einen Paß nachgesucht. Als er nun trotzdem auswan<strong>der</strong>n wollte und dabei im Zug Budapest-Wien<br />
eingeschlafen war, trat jemand in das Abteil und rief seinen Namen, erschreckt fuhr er hoch und rief "hier".<br />
Das war schon das Ende seiner Reise, er wurde zurückgeschickt. Ebenso erging es dem Cousin meines Vaters,<br />
Andreas <strong>Achtzehner</strong>, auch er wurde angezeigt, in <strong>der</strong> Bahn abgefangen und zurücktransportiert. Um doch<br />
auswan<strong>der</strong>n zu können, mußte er einen Trick anwenden: Man sagte, Onkel Andreas geht nicht mehr fort, und<br />
als scheinbaren Beweis dafür übernahm er ein Rohr (das sind 10000) Ziegel zum Schlagen. Mit dem Lohn<br />
glich er seinen Verlust aus, und als dann die Ziegel fertig waren, verschwand Onkel Andreas mit seiner Familie<br />
heimlich. Bis es jemand bemerkte, war er schon am o<strong>der</strong> nahe beim Schiff.<br />
Wie gesucht die Auswan<strong>der</strong>er aus Ungarn waren, zeigt dies: Als schon mehrere drüben waren, schrieben<br />
sie auswan<strong>der</strong>ungs willigen Freunden, sie sollen Grabschaufeln mitbringen, wenn sie nach drüben kommen.<br />
Denn bei <strong>der</strong> Einstellung <strong>von</strong> Arbeitern wurden bald die bevorzugt,die eine solche Grabschaufel hatten, aber<br />
gewiß nicht nur, weil die amerikanischen Grabschaufeln unpraktischer waren, son<strong>der</strong>n weil sich herausgestellt<br />
hatte: die Arbeiter mit diesen Schaufeln arbeiten gut. So kam es, daß mancher eine solche Schaufel zu kaufen<br />
suchte, weil er hoffen konnte, daß man dann in ihm einen guten Arbeiter sieht und er so leichter Arbeit<br />
fand.<br />
Auch nach dem I. Weltkrieg zogen wie<strong>der</strong> Familien hinaus, und jetzt bekamen sie auch einen Paß dazu.<br />
Darunter war auch Josef Flichel mit Frau Katharina geb. Oberling und den zwei Söhnen Julius und Jakob.<br />
Josef Flichel stand mit mir und seinem Schwager Johann Oberling in Briefwechsel und wollte immer wie<strong>der</strong><br />
wissen, welcher Acker zu welchem Preis verkauft worden war. In einem Brief berichtete er über die Ernte<br />
1924 o<strong>der</strong> 1925, bei <strong>der</strong> er und Jakob Braun je 25 Waggon = 250 Tonnen Weizen und 1 bis 2 Waggon Hafer<br />
und Flachs geerntet hatten. Bei einer Unterhaltung im Deutsch-Kanadischen Verein in Regina ließen sich<br />
eines Tages Reporter Anschriften aus <strong>der</strong> Heimat geben, worauf Johann Oberling und ich eine Zeitung zugeschickt<br />
bekam, in <strong>der</strong> die Namen aller Vereinsmitglie<strong>der</strong> alphabetisch aufgeführt waren, einschließlich <strong>der</strong>en<br />
Frauen und Kin<strong>der</strong>. Da waren über 50 <strong>Achtzehner</strong> aufgeführt, alles Nachkommen <strong>von</strong> Philipp, Andreas,<br />
Martin und Stefan. Die zwei letzteren waren mit mit zur Schule gegangen und 1905 mit ihren Eltern ausgewan<strong>der</strong>t.<br />
Mehrere Familien zogen um das Jahr 1924 hinaus, einige in die Staaten, die meisten aber nach<br />
Kanada.<br />
Warum gingen so viele? Ein wichtiger Grund war, daß die großen Güter Pioseg, Rarosch und Balat nach<br />
dem ersten Weltkrieg an kriegsfreiwillige Serben (Dobrowolskis) aufgeteilt wurden. Dort hatten bis dahin<br />
viele Arbeit und Auskommen gefunden. Aus diesem Grund gingen 1924 auch 24 Familien auf einmal nach<br />
Brasilien. Sie hofften, dort angesiedelt zu werden, wurden aber auf Güter, Kaffeeplantagen eingewiesen und<br />
hatten nichts sehr Gutes gefunden. Manche <strong>von</strong> ihnen konnten in <strong>der</strong> Stadt Sao Paulo etwas Besseres finden,<br />
an<strong>der</strong>e gingen nach Argentinien, und <strong>von</strong> einigen <strong>von</strong> ihnen bekam ich bis vor einigen Jahren noch Briefe.<br />
Ich will nun versuchen, die Namen dieser 24 Familien aufzuzählen, soweit mir dies möglich ist:<br />
Paul Looß und Frau Anna geb. Klooß, Nikolaus Schönherr und Frau Marianna geb. Kühborn, Franz Kafka<br />
und Frau Rosalia geb. Schönher, Johann Linden und Frau Barbara geb. Bär, Jakob Bär und Frau Katharina<br />
geb. Nay, Johann Kaufmann und Frau Katharina geb. Schleicher, Johann Bin<strong>der</strong> und Frau Theresia geb.<br />
Müller, Josef Puschkasch und Frau Maria geb. Günther, Josef Lutz und Frau Marianna geb. Scheitnas,<br />
Michael Noll und Frau Elisabetha geb. Engel, Matthias Niesner und Frau Theresia geb. Pilo, Josef Fellner<br />
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