Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
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efand. Vor dem 1. Weltkrieg war an die Gründung einer schwäbisch-deutschen kulturellen Vereinigung nicht<br />
zu denken gewesen, da damals die Madjarisierungswelle im früheren Südungarn am ärgsten in Gang war. Das<br />
Anwachsen des deutschen Volksbewußtseins begann gleich nach dem 1. Weltkrieg. Von dieser Zeit an wurde<br />
die Unterdrückung des Deutschtums durch den neuen serbischen Staat nicht mehr so intensiv betrieben, wie<br />
dies früher bei den Ungarn <strong>der</strong> Fall war. Die Serben hatten in dieser Zeit alle Hände voll zu tun mit dem Aufbau<br />
des neuen Staates, dem Königreich <strong>der</strong> Serben, Kroaten und Slowenen, genannt SHS. So konnte sich<br />
das deutsche Volksbewußtsein einige Jahre unbeobachtet entwickeln.<br />
Die Ortsgruppe <strong>Zichydorf</strong> des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes veranstaltete Theateraufführungen,<br />
Weihnachtsfeiern, Trachtenbälle. Bei diesen Gelegenheiten wurden die alten donausdiwäbischen Trachten,<br />
Sitten und Gebräuche aufgefrischt und vorgezeigt. Es war ein rein kultureller Verein zur Erhaltung des<br />
Deutschtums mit seinen Sitten und Gebräuchen. Es war nicht, wie es in den jugoslawischen Zeitungen <strong>der</strong><br />
Nachkriegszeit zu lesen war, eine staatsfeindliche Vereinigung <strong>der</strong> Schwaben.<br />
7. Die Landwirtschafts- und Kreditgenossenschaft Bauernhilfe (Agraria) wurde in den zwanziger Jahren<br />
gegründet. Mit über 100 Mitglie<strong>der</strong>n war dies die wirtschaftlich wichtigste Genossenschaft des Ortes. Es wurde<br />
Getreide an- und verkauft, ebenso Landmaschinen, Pflüge und es wurden außerdem landwirtschaftliche<br />
Gebrauchsartikel verkauft. Bis 1941 war die Genossenschaft an die Zentrale in Neusatz angeschlossen, ab<br />
1941 war <strong>der</strong> Zentralverband für das Banat in Großbetschkerek. Die Spar- und Kreditabteilung hatte einen<br />
Umsatz <strong>von</strong> mehreren Millionen Dinar bei einem stetigen Wachstum aufzuweisen. In den dreißiger Jahren<br />
wurde <strong>der</strong> „Bauernhüfe" eine Hanfbau- und Verwertungsgenossenschaft angeglie<strong>der</strong>t. Das Anfangskapital<br />
für die Hanfbaugenossenschaft <strong>von</strong> 100 000 Dinar wurde durch Zeichnung <strong>von</strong> Sparstöcken <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
aufgebracht. Die Hanfbaugenossenschaft besaß eine Fabrikhalle mit den nötigen Brechmaschinen, Segelschwingen<br />
sowie eine Dörranlage für den Stengelhanf. Für den Antrieb dieser Maschinen stand eine halbstabile<br />
Dampfmaschine <strong>von</strong> 120 PS zur Verfügung. Diese Maschine versorgte auch die Dörranlage mit Dampf.<br />
Zum Lagern des exportfertigen Hanfes war ein Lagerraum vorhanden, in einer künstlichen Röstanlage mit<br />
vier Becken, in die das Wasser zum Rösten hineingepumpt wurde, diente zum Rösten des Hanfes. Diese<br />
Fabrik beschäftigte ca. 50 Arbeiter im Tag- und Nachtbetrieb. Von den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Hanffabrik wurden<br />
ca. 300 bis 350 Katastraljoch Hanf angebaut. Dieser Hanf wurde dann <strong>von</strong> <strong>der</strong> Belegschaft <strong>der</strong> Fabrik, gegen<br />
ein Endgeld an die Hanfbaugenossenschaft, geröstet und exportfertig verarbeitet. Sowohl für die Hanfbauern<br />
als auch für die Arbeiter <strong>der</strong> Hanffabrik, die den ganzen Winter über ihre Beschäftigung hatten, war<br />
<strong>der</strong> Hanfbau ein sehr guter Erwerbszweig. Da eine künstliche Trockenanlage vorhanden war, war die Arbeit<br />
<strong>der</strong> Fabrik nicht witterungsgebunden.<br />
8. Die Viehzuchtgenossenschaft wurde im Jahre 1928 gegründet. Ziel u. Zweck dieser Genossenschaft war<br />
die Züchtung reinrassigen Simmentaler Hornvieh. Staatliche Subventionen ermöglichten den Import reinrassigen<br />
Zuchtviehs, das abgeson<strong>der</strong>t <strong>von</strong> den bereits vorhandenen Kühen und Zuchtstieren betreut wurde.<br />
Der Grundstein für die Züchtung <strong>von</strong> reinrassigem Hornvieh war bereits vor dem 1. Weltkrieg gelegt worden.<br />
Schon damals wurden aus <strong>der</strong> Schweiz reinrassige Zuchtstiere eingeführt. Nach einigen Jahren zeigte sich<br />
<strong>der</strong> züchterische Erfolg. Es wurde ein Herdbuch geführt. Aus vielen <strong>Gemeinde</strong>n des Banats und <strong>der</strong> Batschka<br />
kamen Kommissionen zum Einkauf <strong>von</strong> Zuchtstieren nach <strong>Zichydorf</strong>. Für die Zucht konnten nur Tiere verkauft<br />
werden, die <strong>von</strong> <strong>der</strong> staatlichen Kommission hierfür ausgewählt worden waren. Die zum Verkauf angebotenen<br />
Zuchtstiere hatten ein Alter <strong>von</strong> 18 bis 20 Monaten. Die <strong>Gemeinde</strong>n, die in <strong>Zichydorf</strong> Zuchtstiere<br />
kauften, bekamen vom Staat Subventionen zum Erwerb dieser Tiere. Diese Subvention betrug pro Zuchtstier<br />
5000 bis 15 000 Dinar. So entwickelte sich <strong>der</strong> <strong>Zichydorf</strong>er Zuchtstiermarkt im Laufe <strong>der</strong> Jahre als<br />
eine ergiebige Geldquelle für die Züchter sowie die Gastwirte. Alljährlich wurde am 25. März <strong>der</strong> <strong>Zichydorf</strong>er<br />
Zuchtstiermarkt abgehalten. Im Amtsblatt <strong>der</strong> Vojvodina wurde ein Hinweis auf diesen Zuchtstiermarkt<br />
<strong>von</strong> amtswegen veröffentlicht. Auf dem Markt konnten nur Zuchtstiere, die <strong>von</strong> <strong>der</strong> staatlichen Kommission<br />
ausgewählt waren, aufgetrieben werden.<br />
Am 25. März 1942 wurde unter dem damaligen Vorsitzenden <strong>der</strong> Genossenschaft, Lm. Georg Basch,<br />
jetzt wohnhaft in Augsburg, eine Zuchtviehaustellung in <strong>Zichydorf</strong> arrangiert. Ausgestellt wurden über 50<br />
Zuchtstiere, ca 120 Kühe und Jungrin<strong>der</strong>, über 50 Pferde und Zuchthengste, so auch eine größere Anzahl<br />
<strong>von</strong> Schafen, Schweinen und Ferkeln. Während <strong>der</strong> Austellung wurden die besten Tiere <strong>von</strong> einer staatlichen<br />
Kommission prämiiert. Diese AusteIlung wurde <strong>von</strong> mehreren tausend Besuchern aus <strong>der</strong> Vojvodina besucht.<br />
Die <strong>Zichydorf</strong>er Viehzuchtgenossenschaft war eine <strong>der</strong> ersten und fortschrittlichsten im damaligen Jugoslawien.<br />
Heute kann man dazu nur noch sagen, "es war einmal".<br />
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