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Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...

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tretende Melchior: "Ich tritt herein ganz abendfrisch und wünsch: Gelobt sei Jesus Christ. Po Melchior, Po<br />

Melchior werd ich genannt, den Stern trag ich in meiner Hand. Stern und Kron soll ich verlassen. Soll ich nicht<br />

mehr König heißen, soll ich nicht mehr König sein, so laßt mich nur in den Himmel hinein." Zuletzt trat Balthasar<br />

ein, grüßte "Gelobt sei Jesus Christus" und fuhr dann fort: "Ich tritt herein ganz abendfrisch und wünsch:<br />

Gelobt sei Jesus Christ. Po Balthser, Po Balthser werd ich genannt, das Schwert trag ich in meiner Hand. Schwert<br />

und Kron soll ich verlassen. Soll ich nicht mehr König heißen, soll ich nicht mehr König sein, so laßt mich nur<br />

in den Himmel hinein." Kamen die Dreikönige am Morgen des Dreikönigtages in ein Haus, so sagten sie anstelle<br />

<strong>von</strong> abendfrisch: morgenfrisch. Gemeinsam sangen sie dann: "Wir heilig drei König aus dem Morgenland, wir<br />

kommen daher in Regen und Wind, wir suchen das neugeborene Kind. Wir suchen es im Häuselein und fanden<br />

es im Krippelein. Wir fanden es ganz nackt und bloß, wir legen's <strong>der</strong> Mutter Maria in den Schoß. Josefi, Josefi,<br />

zieh 's Hemedlein aus, wir machen dem Kind paar Windeln daraus, wir machen sie hübsch, wir machen sie fein.<br />

0, Jesus soll sein Name sein. Der Stern, <strong>der</strong> Stern soll rumi geh'n, wir müssen heut noch weiter gehn, wir müssen<br />

heut nach Bethlehern geh'n. Wenn Sie uns was geben wollen, so gebet es uns bald. Wir müssen heut noch<br />

weiterreisen bis in den finstern Wald." Bei den Worten "<strong>der</strong> Stern soll rumi geh'n", erhielt <strong>der</strong> Stern einen<br />

Stoß, <strong>der</strong> ihn in Drehung versetzte, und während sie sagten "wenn Sie uns was geben wollen", kreuzten<br />

Kaspar und Balthasar ihre Schwerter. So zogen sie bis Dreikönig-Mittag täglich bis in den Abend hinein<br />

sammelnd <strong>von</strong> Haus zu Haus. Das erhaltene Geld teilten sie untereinan<strong>der</strong> auf.<br />

An den Sonntagen wurde um halb acht Uhr Frühmesse und um 10 Uhr die Sonntagsmesse gelesen. Man<br />

grüßte sich in <strong>der</strong> Kirche mit "Gelobt sei Jesus Christus", nicht mit "Guten Morgen", wie man es hier in Deutschland<br />

hören kann. Während <strong>der</strong> Pfarrer auf die Kanzel stieg sang man das Predigtlied. Nach dem Gruß "Gelobt<br />

sei Jesus Christus" verlas er das Evangelium und predigte. Wenn er nicht predigte, son<strong>der</strong>n das Evangelium<br />

während <strong>der</strong> Messe verlas, begann er ebenfalls mit dem Gruß "Gelobt sei Jesus Christus", auf den alles antwortete:<br />

"In Ewigkeit, Amen." Als viele Ungarn im Ort lebten, hielt er die Frühmesse ungarisch, das Amt deutsch.<br />

Einmal im Monat mußte <strong>der</strong> Pfarrer Sonntagsgottesdienst in Georgshausen und Groß-Gaj halten, dann war in<br />

<strong>Zichydorf</strong> nur ein Gottesdienst um acht Uhr.<br />

Zur hl. Kommunion lud <strong>der</strong> Pfarrer in <strong>der</strong> österlichen Zeit ein, aber nur wenige folgten diesem Ruf. Es kamen<br />

die Schulkin<strong>der</strong> und einige ältere Leute. Nach Ablauf einiger Jahre kamen immer wie<strong>der</strong> Missionare in den Ort,<br />

und dann ging alles zur Beichte und Kommunion. Bis einige Jahre vor dem I. Weltkrieg wurden die Pfarrer des<br />

Dorfes <strong>von</strong> einem Kaplan unterstützt, später mußten sie ohne diese Hilfe auskommen.<br />

An Palmsonntag kamen die Kin<strong>der</strong> und Frauen mit Palmbüscheln zur Kirche, <strong>von</strong> denen <strong>der</strong> Mesner an die<br />

Männer verteilte. Die geweihten Palmbüschel trug man nach Hause, wo man sie in <strong>der</strong> Wohnung und im Stall<br />

aufbewahrte, damit Böses vom Hause fern gehalten werde. Auf den Weizenfel<strong>der</strong>n wurden einige Zweige da<strong>von</strong><br />

eingesteckt, damit die Ernte vor Hagel bewahrt bleiben solle; die Bauern fuhren mit den Palmen entwe<strong>der</strong> sogleich<br />

o<strong>der</strong> am Ostermontag nach „Emaus" zu den Weizenfel<strong>der</strong>n.<br />

Von Karfreitag an wurden die Glocken <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ratsche vertreten, weil "die Glocken zum Beichten nach<br />

Rom geflogen waren". Die Ratsche war im Kirchturm, oben bei den Glocken; sie konnte nur <strong>von</strong> größeren<br />

Schulbuben gedreht werden, wurde dafür aber fast im ganzen Dorf gehört. In dem Karfreitagsgottesdienst um<br />

acht Uhr sang <strong>der</strong> Männergesangverein ohne Orgelbegleitung die Passion, worauf die Grablegung folgte. Das<br />

Heilige Grab befand sich gleich neben dem an diesem Tage verschlossenen Haupteingang. Rosenkranz-Gebete<br />

<strong>der</strong> Frauen wechselten mit Gesang, und die Leute gingen, den Herrgott zu küssen. Bis zum Abend waren so<br />

ständig Leute in <strong>der</strong> Kirche versammelt. Zwei Mann des Schützenvereins standen mit aufgepflanztem Bajonett<br />

Wache, und da <strong>der</strong> Karfreitag strenger Fastentag war, hielt mancher Wachmann nicht bis zu seiner Ablösung<br />

durch und fiel ohnmächtig um. Beim Herrgott-Küssen wurde viel Geld geopfert. Am Karfreitag wurde in den<br />

meisten Häusern nicht gekocht. Wir frühstückten lediglich Milchkaffee und aßen tagsüber manchmal etwas<br />

Weißbrot. Viele Männer saßen den ganzen Tag im Wirtshaus bei Schnaps, wozu sie höchstens etwas Fische<br />

aßen. Als junge Burschen standen wir einmal bei einem Gasthaus, als <strong>der</strong> alte Blaskowitsch, genannt Schnei<strong>der</strong><br />

Adam, herauskam und zu erzählen begann: "Der Schlehdorn sagte zu Jesus: Herr, wir sind nicht schuld, daß<br />

wir Dein Haupt gekrönt haben. Darauf antwortete <strong>der</strong> Herr: Ihr seid unschuldig, ihr sollt jedes Jahr an Karfreitag<br />

ein weißes Kleid tragen." Dann sagte er weiter: "Geht hinaus und seht: Die Schlehen haben ein weißes Kleid."<br />

Alljährlich erinnerten mich die weißen Schlehen an Schnei<strong>der</strong> Adam, doch hier in Deutschland sah ich erst<br />

einmal an Karfreitag blühende Schlehen, sonst blühten sie erst einen Monat später. Karsamstag war ebenfalls<br />

Fasttag. Beim Auferstehungsgottesdienst am Abend folgte auf eine kurze Messe eine Prozession um zwei Viertel.<br />

Die Prozession wurde <strong>von</strong> einem Ministranten, <strong>der</strong> das Kreuz trug, angeführt. Ihm folgten in doppelten<br />

Paaren die Schulkin<strong>der</strong>, größere Mädel und Burschen, dann <strong>der</strong> Feuerwehrverein und <strong>der</strong> Schützenverein, <strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> Erteilung des Segens jedes Mal eine Salve schoß. Die vier "Himmelschützen" trugen den "Himmel",<br />

unter dem <strong>der</strong> Priester ging. Dem Geistlichen voran gingen die "Mutter-Gottes-Mädchen", die sich an Marien-<br />

Feiertagen und größeren Festtagen vor <strong>der</strong> Messe im Pfarrhaus versammelten und unter <strong>der</strong> Führung ihrer<br />

"Mutter" singend in die Kirche zogen. Sie sangen immer Marienlie<strong>der</strong>, die sie bei <strong>der</strong> "Mutter-Gottes-Mutter"<br />

(meist waren es zwei ältere Frauen) lernten. Hinter dem Geistlichen gingen die Frauen, dann die Männer.<br />

Die Fenster <strong>der</strong> Häuser, an denen die Prozession vorbeizog, waren geschmückt und beleuchtet, und je dunkler<br />

es wurde, desto schöner und andächtiger war es.<br />

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