Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Damit ist auch <strong>der</strong> Fasching schon eröffnet, und da war nun jeden Sonntag öffentlicher Tanz, sogenannte<br />
Freimusik, wobei die Musiker aufschrieben, wer tanzte, um abends zu kassieren. Dieser Tanz begann jeweils<br />
nachmittags nach dem Vesper-Gottesdienst, wurde abends zum Nachtmahl unterbrochen und ging nach dem<br />
Gebetläuten weiter. Für den Nachmittag und Abend zahlte <strong>der</strong> Bursche 60 Heller, für den Abend allein 40<br />
Heller, Frauen und Mädchen brauchten nichts zu bezahlen. Auch hier trat aber nach dem I. Weltkrieg eine<br />
Än<strong>der</strong>ung ein. Die neuen Herren brauchten viel Geld, das konnte man bei den Deutschen finden. Jetzt mußten<br />
Mädchen wie Burschen ein Karte zum Tanzen kaufen, die mit Steuer belastet war, so daß <strong>der</strong> Staat mit<br />
den Musikern mitkassierte.<br />
An Silvester hatte <strong>der</strong> Gesangverein in letzter Zeit immer seine Lie<strong>der</strong>tafeln (Konzerte) abgehalten. Dabei<br />
wurden auch Theaterstücke aufgeführt, und um Mitternacht wurde ein Spanferkel verlost. Je<strong>der</strong> Besucher bekam<br />
ein Los mit einer Nummer, und die gleiche Nummer kam in einen Karton, aus dem eines <strong>der</strong> mitwirkenden<br />
Mädchen die Gewinne zog. Vorher aber sang <strong>der</strong> Männergesangverein "Des Jahres letzte Stunde ertönt<br />
mit ernstem Schlag" und "So singen wir, so trinken wir uns froh hinein ins neue Jahr, wir lassen drüben Gram<br />
und Leid und nehmen mit die Fröhlichkeit ins neue Jahr, ins neue Jahr. So singen wir, so trinken wir uns<br />
froh hinein ins neue Jahr. Die Hoffnung wartet unsrer dort, sie sprach: Komm mit, ich ziehe fort ins neue Jahr,<br />
ins neue Jahr: So singen wir, so trinken wir uns froh hinein ins neue Jahr. Und wer 's nicht froh beginnen kann,<br />
<strong>der</strong> fang es lieber gar nicht an: das neue Jahr, das neue Jahr."<br />
Der Gesangverein hatte meistens gute Theaterstücke <strong>von</strong> Oberbayern, wie "Das Heimatsbrünnele", "Die<br />
Braut aus <strong>der</strong> Stadt" (dieses Stück wurde <strong>von</strong> einem nach Kanada auswan<strong>der</strong>nden Mitwirkenden nach Kanada<br />
geholt und in Regina aufgeführt), und neben vielen an<strong>der</strong>en wurde auch "Lumpazi Vagabundus" sehr schön<br />
aufgeführt. Auch viele Couplets und Duette wurden vorgetragen. Von Johann Kaufmann, in dessen Händen<br />
<strong>der</strong> Kartenvorverkauf lag, konnte je<strong>der</strong> im voraus erfahren, in welcher Reihe und neben wem er sitzen wird.<br />
Neben dem Gesangverein veranstaltete <strong>der</strong> Feuerwehrverein öfters im Jahr Theateraufführungen. Am letzten<br />
Faschingstag gab jeweils <strong>der</strong> Gesangverein eine Lie<strong>der</strong>tafel mit Theateraufführung und am zweiten Tag<br />
einen Maskenball und außerdem während des Faschings einen Gemütlichen Abend, an dem nur Sänger, A1tsänger<br />
und unterstützende Mitglie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong>en Frauen teilnahmen. Einmal im Jahr war Hasenschmaus, wobei<br />
alle Sänger auf den Jagdgebieten des Michael und Johann Maly mit auf Treibjagd gingen, die danach mit<br />
einem lustigen Hasenschmaus beschlossen wurde.<br />
An jedem Sonntag war Tanz für die Jugend, und zwar nachmittags und abends bis 23 Uhr, dann kam ein<br />
Geschworener <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Gemeinde</strong> und schaffte Feierabend für die Jugend. Danach tanzten die Verheirateten<br />
bis gegen morgen. Vor dem ersten Weltkrieg wurde immer in zwei Gasthäusern getanzt; im einen waren die<br />
Jüngeren, im an<strong>der</strong>en die Älteren. Im Fasching war für die Männer ebenfalls in einem an<strong>der</strong>en Gasthaus Tanz,<br />
als für die Jugend.<br />
Am ersten Faschingssonntag dauerte <strong>der</strong> Tanz vom Vesper-Gottesdienst bis abends und wurde dann fortgesetzt<br />
nach dem Gebetläuten bis gegen morgen, solange eben Tänzerinnen blieben; allerdings blieben die<br />
Mütter nach Mitternacht meistens nicht mehr allzulange, und ohne Mutter durfte kein Mädel zum Tanz gehen.<br />
Am zweiten Tag begann <strong>der</strong> Tanz um 1 Uhr mittags und währte solange wie am Sonntag, am dritten Tag machte<br />
man abends um ll Uhr Schluß, damit bis Mitternacht alles zuhause war. Am Aschermittwoch schließlich<br />
kamen die Gastwirte und ihre Kellner auf dem Gastwirts- und Musikantenball in einem Gasthaus zusammen,<br />
in dem an den vorausgegangenen Tagen kein Ball stattgefunden hatte, um das Versäumte nachzuholen. Dann<br />
aber hatte, wie die Alten sagten, <strong>der</strong> Fasching ein Loch, er war also endgültig vorbei.<br />
Während <strong>der</strong> Osterfasten, in denen jeglicher Tanz verboten war, traf man sich wie<strong>der</strong> auf den Gesellschaftsabenden,<br />
und war an Sonntagen das Wetter günstig, kam alles junge Volk auf die Hutweide neben dem Friedhof,<br />
wo man dann auf diesem schönen Hügel hun<strong>der</strong>te kleinere und größere Gruppen mit Spielen beschäftigt<br />
fand. Manche Gesellschaften saßen o<strong>der</strong> lagen beisammen und sangen die schönsten Volkslie<strong>der</strong> wie dieses:<br />
Hier sitz ich auf dem Rasen, mit Veilchen ekränzt,<br />
hier lasset uns singen, hier lasset uns singen,<br />
bis lächelnd arn Himmel <strong>der</strong> Abendstern glänzt.<br />
Das menschlich Leben eilt schneller dahin<br />
als Rä<strong>der</strong> am Wagen, als Rä<strong>der</strong> am Wagen,<br />
wer weiß ob ich morgen am Leben noch bin.<br />
Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß<br />
wie heimliche Liebe, wie heimliche Liebe,<br />
wie heimliche Liebe, <strong>von</strong> <strong>der</strong> niemand was weiß.<br />
Keine Rose, keine Nelke kann blühen so schön<br />
wie wenn zwei Verliebte, wie wenn zwei Verliebte,<br />
wie wenn zwei Verliebte beieinan<strong>der</strong> stehen.<br />
Setze Du mir einen Spiegel ins Herze hinein,<br />
damit Du kannst sehen, damit Du kannst sehen,<br />
damit Du kannst sehen, wie treu ich es mein.<br />
46