Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
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Sicherlich wurde dieses Lied bei so einem lustigen und fröhlichen Verweilen auf dem Rasen zum ersten<br />
Mal gesungen. Es war ein unaussprechlich schönes Verweilen an einem solchen Sonntag auf <strong>der</strong> Hutweide.<br />
Der Jirgelvetter, manchmal auch zwei Zuckerbäcker, waren draußen und gingen, ihre Waren anbietend, <strong>von</strong><br />
einer Gesellschaft zur an<strong>der</strong>en. Lei<strong>der</strong> wurde dieses schöne Plätzchen nach einem unseligen Streit in <strong>der</strong><br />
<strong>Gemeinde</strong> in den dreißiger Jahren aufgeteilt und ging damit für diese schönen Stunden des Verweilens verloren.<br />
War <strong>der</strong> Ostermontag gekommen, wurde wie<strong>der</strong> fleißig weitergetanzt. Der 1. Mai gab groß und klein viel<br />
zu tun. Die Kin<strong>der</strong> hatten viel Mühe, um alle Fenster und Türen mit Hol<strong>der</strong>zweigen zu versehen, damit diese<br />
nicht verhext werden konnten, die Burschen waren damit beschäftigt Maibäume zu setzen. Der Ort war für<br />
diesen Brauch in zwei Teile geteilt, <strong>von</strong> denen einer den Rekruten, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e dem darauf folgenden Jahrgang<br />
zustand. Dabei mußten die jüngeren Burschen den älteren das Recht zum Maibaumsetzen mit einem<br />
großen o<strong>der</strong> zwei kleinen Faß Bier abkaufen, das dann nachher gelegentlich, meistens gemeinsam, getrunken<br />
wurde. Die Maibäume mußten nicht nur einmal aufgestellt werden, son<strong>der</strong>n man mußte täglich nach ihnen<br />
sehen und sie immer wie<strong>der</strong> aufstellen, denn ganz junge Burschen hatten ihren Spaß daran, sie immer wie<strong>der</strong><br />
auszureißen und umzuwerfen. Am letzten Sonntag im Mai spielte dann die Musik auf, wenn sie endgültig ausgerissen<br />
wurden.<br />
Daneben hatte je<strong>der</strong> Bursch seine Bäume, die am Ende des Monats Mai ebenfalls ausgerissen wurden. Der<br />
Bursch ging dabei mit einem grünen Zweiglein zum Hausherrn mit den Worten: "Hier bring ich Euch die Ehre<br />
vom Maibaum." Er bekam dafür seinen Lohn. Die benötigten Holzstangen wurden gegen eine kleine Gebühr<br />
<strong>von</strong> <strong>der</strong> Holzhandlung leihweise gegeben, die grünen Zweige waren ihnen <strong>von</strong> den Weingarten-Hütern vorbereitet<br />
worden, die sie <strong>von</strong> den Weichseltrieben an den Weingärtengräben nahmen.<br />
Nun folgte wie<strong>der</strong> jeden Sonntag Freimusik bis Peter und Paul eine Pause eintrat, solange bis kein Garbenkreuz<br />
mehr auf den Fel<strong>der</strong>n stand, also über die Haupterntezeit.<br />
Wurde dann wie<strong>der</strong> erstmals getanzt, wurde <strong>der</strong> Kirchweih-Herr gewählt. Nach einem Tanz gab die Musik<br />
dazu ein Zeichen, alle riefen "Kirchweih", und dann wurde <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> schon vorher dafür bestimmt wurde,<br />
<strong>von</strong> einigen hochgehoben. Aufgabe des Kirchweih-Herrn und eines Rechnungsführers war es, das Kirchweihfest<br />
zu organisieren. Zu <strong>der</strong> Kirchweih-Gesellschaft, die einen Hektoliter Wein o<strong>der</strong> auch mehr kaufte, gehörten<br />
alle, die um das Faß herum mittanzten. Zur Kirchweih wurde ein beson<strong>der</strong>er Kirchweih-Strauß angefertigt.<br />
Früher hatte dies Stefan Tiroch gemacht, als dieser wegzog eine Zeit lang Johann Fras und schließlich bis zum<br />
Ende Johann Kaufmann. Am Kirchweihsonntag holten die Kirchweih-Burschen den Strauß vom Geschäft ab,<br />
kamen mit Musikbegleitung zur Kirche und umstanden während <strong>der</strong> Messe den Altar. Diese Burschen gehörten<br />
meist dem Jahrgang an, <strong>der</strong> im folgenden Jahr zur Musterung kam. Nach dem Gottesdienst trugen sie den Kirchweih-Strauß<br />
wie<strong>der</strong> zurück zum Geschäft, wo er schon wochenlang vorher in <strong>der</strong> Auslage gestanden hatte. Die<br />
Burschen trennten sich dann und gingen in kleinen Gruppen, meist zu zweit mit je zwei Musikern <strong>von</strong> Haus zu<br />
Haus und boten ihre Lose an, mit denen Hut und Tüchel zu gewinnen waren. Unterwegs aßen die Burschen<br />
zwischendurch bei Bekannten und zogen dann weiter. Nach dem Vesper-Gottesdienst holten sie den Strauß<br />
wie<strong>der</strong> im Geschäft ab und gingen damit zum Faß. Der Kleinrichter stieg auf dieses Faß, das mindestens zehn<br />
Eimer, also fünf Hektoliter fassen mußte, und begann damit, die restlichen Lose, die die Burschen noch übrig<br />
hatten, zu versteigern. Dabei nahm er einen Pack nach dem an<strong>der</strong>en, sagte die Zahl <strong>der</strong> Lose und bot sie an,<br />
wer das letzte Angebot abgibt, erhält das Päckchen Lose. Ist das letzte Los-Päckchen versteigert, kommt <strong>der</strong><br />
Strauß an die Reihe. Es war nicht, wie in den meisten Ortschaften, ein Rosmarin-Strauß, son<strong>der</strong>n ein etwa<br />
50 cm großes Herz, auf <strong>der</strong> einen Seite mit rosa Kunstblumen verziert, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite mit blauen Blumen,<br />
bei<strong>der</strong>seits mit einem Spiegel in <strong>der</strong> Mitte, auf zwei lange Schleifen war die Jahreszahl und <strong>der</strong> Name des Kirchweihherrn<br />
sowie <strong>Zichydorf</strong> aufgedruckt. Zum Tragen besaß <strong>der</strong> Strauß unten ein schön gefertigten Griff.<br />
Die Lizitation des Straußes wurde immer vorher angesagt. Dadurch, daß für Angehörige <strong>der</strong> Kirchweih-Gesellschaft<br />
bei <strong>der</strong> Versteigerung eine Krone für einen Heller galt, für Außenstehende aber ein Heller für eine Krone,<br />
wurde sichergestellt, daß <strong>der</strong> Strauß an einen Angehörigen <strong>der</strong> Kirchweih-Gesellschaft ging. Da <strong>der</strong> Strauß eine<br />
kostspielige Sache war für den ersteigernden Burschen ebenso wie für das zugehörige Mädchen und <strong>der</strong>en Eltern,<br />
war es üblich, daß <strong>der</strong> Bursch erst bei den Eltern des Mädchens anfragte, ob sie es erlauben, daß er den Strauß<br />
ersteigert. Dann mußten <strong>von</strong> ihnen statt <strong>der</strong> sonstigen zwei eben sechs o<strong>der</strong> sieben Gänse gestopft werden.<br />
War <strong>der</strong> Strauß versteigert, spielte die Musikkapelle den alten Kirchweih-Tanz und <strong>der</strong> Kleinrichter begann<br />
mit dem Verlesen <strong>der</strong> Lose. Währenddessen hat sich ein Mann mit einem geladenen Böller im Kirchenpark versteckt,<br />
<strong>der</strong> den Böller zündet, wenn er glaubt, daß <strong>der</strong> Tanz lange genug gedauert hat. Die Losnumrner , die <strong>der</strong><br />
K1einrichter beim Krachen des Schusses in <strong>der</strong> Hand hält, wird ausgerufen; <strong>der</strong> Gewinner bekommt Hut und<br />
Tüchel, das bisher an <strong>der</strong> Mütze' des Kleinrichters befestigt war. Dann begaben sich Mädel und Burschen mit<br />
dem Kirchweih-Strauß auf den Weg zum Hause des Mädchens, das den Kirchweih-Strauß bekam, wo Kuchen<br />
angeboten und im Hofe getanzt wird. Man tanzte dann im Gasthaus weiter, kehrte aber zum Nachtmahl unter<br />
Musikbegleitung in dieses Haus zurück.Einige Jahre vor dem letzten Weltkrieg gingen auch Mädchen mit, daß<br />
war dann schon eine Feier wie eine kleine Vor-Hochzeit. Weil die Kirchweihburschen ihren eigenen Wein hatten,<br />
brauchten sie einen Kellner, <strong>der</strong> ihnen den Wein in einer Kanne nachtrug; die Kanne und Schürze war sein<br />
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