Geschichte der Gemeinde Zichydorf, von J. Achtzehner - Zichydorf.h ...
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man die Leute aus den Häusern, an<strong>der</strong>e holt man <strong>von</strong> den Wagen und erschießt sie, das war schrecklich.<br />
Nun folgen Berichte über die Vorgänge im Konzentrationslager Rudolfsgnad an <strong>der</strong> Theis, das eines <strong>der</strong><br />
größten dieser Art war. Diesen Bericht bringen wir gewiss nicht, um Hass wachzurufen. In den Herzen <strong>der</strong><br />
Betroffenen besteht er ohnedies in einem ebenso erschreckenden wie menschlich verständlichen Ausmaß.<br />
Es wird eine wichtige aber auch schwer lösbare Aufgabe im Dienste <strong>der</strong> Völkerverständigung sein, diesen<br />
Hass abzubauen. Die Völkerverständigung wird indes nicht dadurch geför<strong>der</strong>t, daß über das, was den Volksdeutschen<br />
wi<strong>der</strong>fuhr, geschwiegen wird. Wo Material vorhanden ist, hat eine freie Presse zu reden und dabei<br />
zweierlei hinzuzufügen: Erstens den ausdrücklichen Wunsch, daß sich <strong>der</strong>artiges nie mehr wie<strong>der</strong>holen möge,<br />
auch nicht im Sinne eines, wenn auch menschlich, begreiflichen,Vergeltungswunsches <strong>der</strong> Betroffenen und<br />
zweitens die Feststellung, daß je<strong>der</strong> ein Lump ist, <strong>der</strong> nur einseitig <strong>von</strong> den Schändlichkeiten in den nationalsozialistischen<br />
Konzentrationslagern spricht, <strong>von</strong> jenen im sowjetischen Machtbereich aber schweigt.<br />
Am linken Ufer <strong>der</strong> Theis, dort wo diese in die Donau mündet, haben die Behörden des neuen jugoslawisehen<br />
Staates 1945 an <strong>der</strong> Stelle, wo sich früher die deutsche <strong>Gemeinde</strong> Rudolfsgnad befand, ein beson<strong>der</strong>s<br />
großes Konzentrationslager errichtet. Die Bewohner <strong>der</strong> Ortschaft waren beim Rückzug <strong>der</strong> deutschen Truppen<br />
evakuiert worden, die Siedlung wurde bei Kampfhandlungen teilweise zerstört. 23 000 Volksdeutsche<br />
aus dem Banat, meistens Frauen und Kin<strong>der</strong>, wurden nach <strong>der</strong> Vertreibung aus ihren Dörfern hierher getrieben.<br />
Dann wurde je<strong>der</strong> Verkehr in diese Gegend gesperrt. Lange Zeit ist vom Schicksal <strong>der</strong> hierher gebrachten<br />
Menschen nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Niemand durfte schreiben, niemand durfte sie<br />
besuchen. Man ließ sie ganz einfach verhungern, schon im Laufe weniger Monate starben 7 000 <strong>von</strong> ihnen.<br />
In den kältesten Wintermonaten gab man ihnen fast gar nichts zu essen, <strong>von</strong> auswärts durfte niemand<br />
Lebensmittel bringen o<strong>der</strong> senden. Im Dezember 1945, viele Monate nach Kriegsende, haben die Lagerbehörden<br />
an den vier Feiertagen vom 24. bis 27. 12. überhaupt keine Nahrung verabreichen lassen. In Januar<br />
1946 erhielten die Lagerinsassen im ganzen Monat pro Kopf 70 Gramm Salz und 2230 Gramm Maisschrot,<br />
dies war gebrochener Mais, wie man ihn sonst zur Fütterung <strong>der</strong> Schweine verwendet. Diesen Maisschrot<br />
haben die Gefangenen in Schweinströgen zerrieben, um ihn genießen zu können. Im ganzen Monat Januar<br />
erhielten sie kein Fett, kein Brot, überhaupt sonst gar nichts. An vielen Tagen, einmal sogar an fünf aufeinan<strong>der</strong><br />
folgenden Tagen, wurde auch kein Mais ausgegeben. Im Februar war die Gesamtnahrungsmenge<br />
2200 Gramm Maisschrot. Auch Kleinkin<strong>der</strong> und stillende Mütter bekamen nicht mehr und nichts an<strong>der</strong>es.<br />
Brot gab es vom November 1945 bis zum Juli 1946, also während acht Monaten, überhaupt nicht.<br />
Mütter opferten sich für ihre Kin<strong>der</strong>. Als die Volksdeutschen hierher getrieben wurden, befanden sich noch<br />
viele Katzen und Hunde in diesem zerstörten Ort; sie wurden gefangen, geschlachtet und gegessen, denn<br />
an<strong>der</strong>es Fleisch bekamen die Lagerinsassen nie. So oft den Lagerbehörden ein Pferd umkam, haben sich<br />
sogleich viele hun<strong>der</strong>te ausgehungerter Frauen und Kin<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Stelle eingefunden, wo <strong>der</strong> Kadaver lag,<br />
und jedesmal war in kürzester Zeit auch das größte Pferd aufgegessen. Es wurden auch Schnecken gesammelt<br />
und auch Kleepflanzen, obwohl das Verlassen des Lagers bei Todesstrafe verboten war. Auch noch<br />
1948 sind Mütter, die den Hungertod ihrer Kin<strong>der</strong> nicht erleben wollten, zur Nachtzeit durch die dichte<br />
Reihe <strong>der</strong> Wachtposten geschlichen, um Klei<strong>der</strong> <strong>der</strong> im Lager Verstorbenen in Nachbarsortschaften gegen<br />
Lebensmittel einzutauschen. Viele solcher Mütter wurden auf dem Rückweg ins Lager <strong>von</strong> Posten erschossen,<br />
viele erkrankten auch an Skorbut. Ungeheuer groß war die Qual <strong>der</strong>er, die an Durchfall zugrunde gingen,<br />
denn die wenigen Nahrungsmittel, die sie bekamen, wurden lange Zeit hindurch, wie den Schweinen, im<br />
rohen Zustand verabreicht. Gleichwohl wurden Frauen und selbst Kin<strong>der</strong> unter zehn Jahren täglich in langen<br />
Kolonnen schon beim Morgengrauen zur Zwangsarbeit" getrieben. Sie mußten vielfach Holz hauen,<br />
das <strong>von</strong> den Lagergewaltigen nach auswärts geliefert wurde. Den Lagerinsassen war es streng verboten, für<br />
sich selbst Holz zu sammeln, um sich zum Kochen Feuer machen zu können. Viele, die beim Holzsuchen angetroffen<br />
wurden, sind sogleich erschossen worden. An einem <strong>der</strong> heißesten Tage des Jahres 1946 wurden<br />
ungefähr 20 000 Lagerinsassen auf die östlich des Lagers gelegene Hutweide getrieben, dort mußten sie den<br />
ganzen Tag über in <strong>der</strong> Sonnenglut stehen, ohne daß man den kleinen Kin<strong>der</strong>n Wasser zum Trinken gegeben<br />
hat und ohne daß sich jemand zur Verrichtung <strong>der</strong> Notdurft entfernen durfte. Obwohl ein Friedhof vorhanden<br />
war, durften die toten Deutschen nicht auf dem Friedhof beerdigt werden, son<strong>der</strong>n sie wurden an einem<br />
abseits gelegenen Platz, auf <strong>der</strong> sogenannten Teletschka, wie das verendete Vieh eingescharrt; es wurden dort<br />
auf Vorrat lange Gräben ausgehoben, in die die Toten geworfen wurden, die jeden morgen <strong>von</strong> Wagen eingesammelt<br />
wurden, die im Lager <strong>von</strong> Unterkunft zu Unterkunft fuhren, um die Toten abzuholen und hinauszufahren.<br />
War ein solcher Graben in seiner ganzen Länge mit Toten gefüllt, kam <strong>der</strong> nächste Graben an die<br />
Reihe. An einem Tag des Monats Januar 1946 wurden 113 Personen auf einmal auf diese Weise begraben.<br />
Es durften we<strong>der</strong> Grabzeichen errichtet werden, noch durften Mütter ihre toten Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ihre toten<br />
Eltern zur Grabstätte begleiten. Sobald in diesem Lager einige tausend Menschen gestorben waren, wurden aus<br />
kleineren Lagern an<strong>der</strong>e Menschen hergebracht, um das gleiche Schicksal zu erleiden. Das ging so weiter bis<br />
1947, ununterbrochen. Liebes Kind, das ist <strong>der</strong> wahre Bericht unseres schrecklichen Lagerlebens, das kannst<br />
Du ehrlich glauben. Bleib gesund. Gruß ... "<br />
Nachfolgend ein weiterer Brief über die Nachkriegszeit, <strong>der</strong> über die Zeit berichtet vom Beginn <strong>der</strong> Leidenszeit<br />
<strong>der</strong> deutschen Bewohner unserer Heimatgemeinde <strong>Zichydorf</strong> im Oktober 1944 bis Ende Dezember 1944.<br />
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